Harburg. Koalition lehnt Grünen-Antrag ab, der die S 32 fordert. Begründung: Die Umsetzung sei bereits beschlossen.

Lehnt die große Bezirks-Koalition aus SPD und CDU die Verbesserung des S-Bahn-Angebots im Hamburger Süden etwa ab? Das wirft die Grünen-Fraktion dem rot-schwarzen Bündnis vor. Die SPD verwahrt sich gegen den Vorwurf.

Was war geschehen? Die Grünen hatten in der Bezirksversammlung den Antrag gestellt, beim Eisenbahnhersteller Bombardier die Züge zu bestellen, die benötigt werden, um in den Stoßzeiten einen drei-Minuten-Takt zwischen Neugraben und Hauptbahnhof zu gewährleisten. Nun kann die Bezirksversammlung nicht einfach Züge bestellen. Deshalb war der Antrag etwas komplizierter formuliert: Das Bezirksamt sollte die Wirtschaftsbehörde auffordern, die S-Bahn zu veranlassen, diese Züge zu bestellen.

Die große Koalition hatte den Antrag wortlos abgelehnt. Er war der 21. Punkt der Tagesordnung und stand außerhalb des „Debattenblocks“. Das sind die ersten neun Anträge der Tagesordnung, je zwei von SPD und CDU, je einer von den kleineren Parteien. Sie werden ausführlich diskutiert. Danach sind nur noch kurze Redebeiträge erlaubt. SPD und CDU verzichteten auf eine Begründung ihrer Ablehnung.

„Mit unserem Antrag hätte die Harburger Bezirksversammlung die Möglichkeit gehabt, klare Kante zu zeigen und sich deutlich zum Ausbau der S-Bahn zu positionieren“, sagt Britta Herrmann (Grüne). „Es gibt doch keinen nachvollziehbaren Grund diesen Ausbau abzulehnen!“

Herrmann hat einen Verdacht, warum die Große Koalition den Antrag abschmetterte: „Diese Plänkelei, jeden Antrag der Opposition abzulehnen, nur weil er nicht aus der Feder der Koalitionäre stammt, erreicht damit ein Maß an Unvernunft, die den Harburger Bürgern und hier insbesondere den S-Bahn-Nutzerinnen nicht vermittelbar ist“, schreibt sie in einer Presseerklärung. „Schon lange geht es in der Bezirkspolitik nicht mehr um die Sache, sondern um Machtverhältnisse!“

Die SPD weist den Vorwurf von sich: „Wir haben den Antrag abgelehnt, weil der Kauf der Züge gerade in Hamburg beschlossen wurde“, sagt Jürgen Heimath, Fraktionsvorsitzender der SPD. „Und der Antrag damit überflüssig ist.“

In der Tat gibt es einen drei Wochen alten Bürgerschaftsbeschluss, die Verstärkerlinie S32 , die den Drei-Minuten-Takt gewährleisten soll, zu verwirklichen. Und es gibt eine Stellungnahme zu einem Antrag der SPD, der einen Sachstandsbericht zum Fortschritt der Planungen zur S32 forderte. Darin stellt die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) den Stand der Dinge schriftlich dar und bittet, keinen Referenten entsenden zu müssen. Die Behörde kündigt an, die Linie grundsätzlich zu planen.

Sollte sich allerdings herausstellen, dass die ab 2019 geplante Verlängerung aller Züge zwischen Neugraben und Altona in der Hauptverkehrszeit auf neun Waggons schon die gewünschte Entlastung auf der stark nachgefragten Strecke bringt, würde man die S32 auch in der Schublade lassen.

Trotzdem würde man jetzt gemeinsam mit der Bahn die technischen Voraussetzungen an der Strecke so weit vorplanen, dass sie schnell umgesetzt werden können. Außerdem habe man die für die S32 erforderlichen Züge bereits in der Bestellung bei Bombardier eingeplant.“

„Wir sind seit Jahren dabei, die S32 zu fordern“, sagt Torsten Fuß, Verkehrsexperte der SPD-Bezirksfraktion, „und jetzt sieht es so aus, als hätten wir das dicke Brett durchbohrt. Wenn die Bezirks-Grünen jetzt nach dem Bürgerschaftsbeschluss das fordern, was ohnehin kommt, wollen sie sich für das auf die Schulter klopfen, was wir durchgesetzt haben. Das ärgert mich!“

Die Grünen sehen das anders: „Mit dem Bürgerschaftsbeschluss ist die S32 ja noch nicht endgültig beschlossen. Es ist nur beschlossen worden, die Voraussetzungen für die Linie zu schaffen und zu prüfen, ob man sie einrichtet“, sagt die Grünen-Abgeordnete Gudrun Schittek. „Mit unserem Antrag hätte die Bezirksversammlung bekräftigt, dass sie die S32 unbedingt will!“

Dass die Linie notwendig sei, zeige sich jeden Morgen in Zügen, in denen bereits in Neugraben schon kein Sitzplatz frei ist – und ab den Stationen Wilhelmsburg oder Veddel nicht mal mehr ein Stehplatz, so Schittek, die auch Vorsitzende des Regionalausschusses Süderelbe ist.

„Als der damalige Bürgermeister Olaf Scholz Anfang des Jahres in Neugraben sprach, hatte er erwartet, hauptsächlich mit Fragen der Flüchtlingsintegration konfrontiert zu werden“, sagt sie. „Das war aber nicht der Fall. Das alles bestimmende Thema war die Situation morgens in der S-Bahn. Das bewegt die Bürger!“

Weichentrapeze

Mit zusätzlichen Zügen ist es nicht getan, wenn man zwischen Harburg und Hammerbrook den S-Bahn-Takt verdichten möchte. An der Strecke müssen die Signale anders geschaltet, teilweise erneuert und teilweise ganz neu aufgestellt werden. Außerdem muss ein Ausweichgleis zur Verfügung stehen, falls auf dem Hauptgleis ein Zug liegenbleibt. Dafür müssen neue Weichentrapeze eingebaut werden. Die Ingenieure der DB-Netz zeichnen und rechnen bereits an den Plänen. 2021 könnte es losgehen.