Marmstorf. Verein zum Erhalt des Appelbütteler Tals feiert 25-jähriges Bestehen und will sich weiter für die Kulturlandschaft engagieren
Auf der Hangwiese weiden zottelige Hochlandrinder, ein paar Meter weiter bietet ein Laubwald kühlenden Schatten – „dass das Appelbütteler Tal heute noch eine intakte, vielfältige Kulturlandschaft ist, können wir uns auf unsere Fahnen schreiben“, sagt Wolfgang Mente, seit Gründung vor 25 Jahren im Vorstand des Vereins „Erhaltet das Appelbütteler Tal“. Anfang der 1990er-Jahre gab es konkrete Bauprojekte, „sogar mit fertigen Bebauungsplänen. Die Arbeit unseres Vereins hat die Projekte gestoppt“, sagt Mente.
Marmstorfer Bürger hatten sich damals zusammengeschlossen, um eine Stadtoase, eine hügelige Kulturlandschaft aus Wiesen und Weiden, Wald und etwas Ackerland, zu bewahren. „Heute gehört sie zum grünen Netz der Hansestadt. Es verbindet ökologisch wertvolle Lebensräume und dient gleichzeitig der Erholung der Städter. Das Appelbütteler Tal ist ein Knotenpunkt des Netzes. Es schafft (über den Schafshagenberg) eine Verbindung zum Neuen Friedhof und damit zum Göhlbachtal, ebenso über den Schulteichgraben zur Engelbek und Außenmühle und im Westen zum Eißendorfer Forst. Die Buslinien 144 und 145 bringen Harburger Spaziergänger direkt zum idyllischen Tal.
In dem Landschaftsschutzgebiet namens „Marmstorfer Flottsandplatte“ ist eine Bebauung grundsätzlich untersagt. Dennoch fordert der Verein einen noch strengeren Schutz: die Ausweisung als Naturschutzgebiet (NSG). „Die Gründung eines Naturschutzgebietes ist nicht abwegig“, sagt der Vereinsvorsitzende Guido Reichelt. „Es gibt Pläne, den Artenschutz im Tal zu stärken, im Rahmen eines NSG.“ Reichelt verweist auf eine Vorschlagsliste für neue Hamburger Naturschutzgebiete der Gesellschaft für ökologische Planung (GOEP) aus dem Jahr 2016. Dort schlagen die Umweltexperten das „NSG Appelbütteler Tal“ vor. Es würde 157 Hektar (ha) umfassen – zum Vergleich: Das 2017 ausgewiesene Gebiet „Neuländer Moorwiesen“ östlich der A1 misst 250 ha, das NGS Fischbeker Heide 763 ha.
Die GOEP nennt auch gleich das größte Hindernis für einen strengeren Schutzstatus: „Die Flächen befinden sich überwiegend in Privatbesitz.“ Der Naturwert des Gebietes könne weiter erhöht werden, raten die Ökologen, etwa durch noch extensivere Landwirtschaft, einen höheren Anstau der Quellgebiete und einen Waldumbau der Nadelholzbestände zugunsten von Laub-bäumen.
„Wir wollen keine unberührte Wildnis oder einen künstlichen Park, sondern die derzeitige Kulturlandschaft erhalten“, betont Mente. Naturschutz werde heute nicht mehr so eng ausgelegt, ergänzt Astrid Kühnhold, ebenfalls ein Vorstandsmitglied der ersten Stunde. „Auch eine Kulturlandschaft lässt sich unter Naturschutz stellen.“ Konkrete Planungen gibt es dazu aber nicht. „Das Appelbütteler Tal ist im Landschaftsprogramm als langfristig geplantes Naturschutzgebiet dargestellt“, sagt Jan Dube, Sprecher der Umweltbehörde. „Die Ausweisung dieses Gebietes wird von uns zur Zeit aber nicht aktiv betrieben.“
Zwischen 2001 und 2005 gab es einen zweiten Versuch, Teile des Tals zu bebauen. Initiator war Arnold G. Mergell, Mitglied einer Harburger Industriellen-Familie. Ihm gehöre etwa ein Drittel des Gebiets, so Reichelt. „Herr Mergell wollte exklusive Einzel- und Doppelhäuser errichten“, sagt Astrid Kühnhold. „Er zeigte sich gesprächsbereit, lud uns sogar in seine Villa ein.“ Auch dieser Angriff auf das Tal versandete. Reichelt: „Bei dem Projekt sollte erstmals ein Südhang der Harburger Berge bebaut werden. Das hätte zum Präzedenzfall für andere, potenziell sehr attraktive Neubauprojekte an anderen Südhängen werden können.“
Trotz des erhöhten Drucks auf Grünflächen durch das Wohnungsbauprogramm des Senats sieht Reichelt das Appelbütteler Tal derzeit nicht als sonderlich gefährdet an. Und auch der gut 140 Mitglieder zählende Verein hat eine Zukunft. Auf einem Info-Stand zum Vereinsjubiläum konnte der Vorstand gleich 25 neue Mitglieder gewinnen. Auf die Frage, wie der Verein wohl in seinem 30. Gründungsjahr dastehen werde, meint Reichelt: „Ich glaube, dass wir dann noch mehr Mitglieder haben werden“; das Interesse am Erhalt einer grünen Lebensumgebung nehme zu.
Der Verein sei gut vernetzt mit der Verwaltung, der Bezirkspolitik und mit Umweltverbänden, betont der Vorstand. Und natürlich auch mit den Marmstorfern. „Wenn im Tal etwas Ungewöhnliches passiert, zum Beispiel irgendwo etwas untersucht wird, fragen uns die Leute, was los ist“, sagt Udo Kruse, ebenfalls Vorstandsmitglied.
Der Verein erhebt einen Mitgliedsbeitrag von 25 Euro pro Jahr, hat ihn aber in diesem Jahr ausgesetzt. Das bereits angesparte Geld wird zurückgelegt, damit sich der Verein, wie schon in den Gründerjahren, einen Rechtsbeistand leisten und vielleicht auch das eine oder andere Gutachten in Auftrag geben kann. Man weiß ja nie…