Neu Wulmstorf. In der Nähe der neuen Rotoren nisten seltene Greifvögel. Gegner des Projektes wollen deshalb klagen

    Die Gegner des Windparks in Ardestorf in der Nähe des Geflügelhofs Schönecke haben bis zuletzt auf die Analyse über „windkraftsensible“ Vögel gehofft. Die Raumnutzungsanalyse werde genügend Erkenntnisse über das Vorkommen und Flugverhalten von Greifvögeln liefern, so dass die Windräder letztlich nicht aufgestellt werden können, glaubten sie. Doch die Gutachter kommen offenbar zu einem anderen Ergebnis.

    „Es steht dem Windpark nichts entgegen“, sagt Thomas Saunus, Leiter des Fachbereichs Ortsentwicklung in der Gemeinde Neu Wulmstorf, auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. „Natürlich gibt es in der Nähe der Hühnerställe der Familie Schönecke Greifvögel. Das Gutachten kommt dennoch zum Ergebnis, dass die Bauleitplanung zu Ende geführt werden kann“, sagt Saunus.

    Bei der detaillierten Studie handelt es sich um ein so genanntes avifaunistisches Gutachten, das die Gemeinde Neu Wulmstorf auf Anraten des Landkreises Harburg im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte. Für die Studie waren Experten 2017 an insgesamt 30 Tagen jeweils acht Stunden vor Ort in Ardestorf und dokumentierten das Vorkommen von windkraftsensiblen Vögeln sowie deren Brutplätze und Flugrichtungen. Die Gegner des Windparks hofften, dass das Gutachten ihre eigenen Beobachtungen bestätigt.

    So hatte Wilhelm Hartmann, Mitglied des Neu Wulmstorfer Bündnisses für Greifvögel, rund 200 windkraftsensible Vögel in den vergangenen Monaten und in 2017 gesichtet. Darunter waren Weißstörche, Turmfalken, Fischreiher, Mäusebussards, Rotmilane, Kraniche und Kiebitze. Nach Hartmanns Beobachtungen halten sich 20 Vogelarten, deren Lebensräume gefährdet sind, in der Region rund um Schöneckes Freilandställe auf. Auch in den vergangenen Tagen hat Hartmann mehrere Rotmilane in der Nähe der Hühnerställe beobachtet. „Es ist nicht hinnehmbar, dass an einem der vogelreichsten Plätze im Landkreis Harburg Windräder geplant werden“, sagte Hartmann.

    Doch dass die Erkenntnisse des Gutachtens die Windräder verhindern und die Vorrangfläche aus dem Regionalen Raumordnungsprogramm gestrichen wird - daran glaubt in der Politik keiner mehr. „Wir können uns darauf einstellen, dass die Windräder realisiert werden. Auch wenn es mir nicht gefällt. Das gilt wahrscheinlich für viele im Gemeinderat“, sagt Malte Kanebley, Fraktionschef der CDU.

    Allerdings wird es für den Betrieb der Windkraftanlagen Einschränkungen geben. „Es gibt sicherlich die eine oder andere Auflage“, sagt Saunus. „Beispielsweise dürfen sich die Windräder zu bestimmten Zeiten nicht drehen.“ Um welche Auflagen es sich konkret handelt, konnte Saunus noch nicht sagen.

    Auch die Politik kennt noch keine Details. „Wir sind sehr gespannt, was in dem Gutachten steht“, sagte Thomas Grambow, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD und Vorsitzender des Ausschusses für Bau, Planung und Umwelt. Seit einem halben Jahr liegt die Analyse bereits vor. Doch die Gemeinde hat die Ergebnisse bislang zurückgehalten. Weder die Fraktionen des Gemeinderats kennen sie noch die Einwohner.

    Das verärgert besonders die Kritiker des Vorhabens. „Die Bürger, der BUND und die Naturschützer werden benachteiligt“, kritisiert Vogelkundler Wilhelm Hartmann. Auf die Frage, ob die Firma Windstrom, die die Windräder realisieren möchte, Kenntnisse vom Gutachten habe, erwiderte Thomas Saunus im jüngsten Fachausschuss: „Die Firma Windstrom ist unser Vertragspartner. Natürlich kennt sie das Gutachten. Ich weiß gar nicht, was die Frage soll.“

    Für Hartmann ist das der Beweis für eine „klare Bevorteilung des Personenkreises um die Investorengruppe des Ardestorfer Windparks.“ Später relativierte Saunus seine Aussage gegenüber dem Abendblatt nach Rücksprache mit seinem Fachbereich. Zwar habe die Gemeinde eine Informationspflicht gegenüber ihren Vertragspartnern. „Aber die Firma Windstrom kennt die Details des Gutachtens bislang auch noch nicht“, sagte Saunus.

    Demnächst werde die Gemeinde in die Offenlegung gehen. Dann können die Einwohner ihre Eingaben machen und Kritik äußern. Die Gegner werden weiter alles daran setzen, die Windräder zu verhindern. Notfalls mit juristischen Mitteln. Der Kreis der Gegner, die bereit sind, eine Klage zu unterstützen, hat sich inzwischen ausgeweitet. „Ich erhielt mehrere Spendenzusagen“, sagt Hartmann. Sollte die Windkraftfläche tatsächlich ausgewiesen und eine Baugenehmigung erteilt werden, wollen die Gegner eine Spendenaktion organisieren, um genügend Geld für eine Klage zusammenzubekommen.