Hamburg. Für die Innenbehörde hat das Projekt derzeit keine Priorität. CDU-Bezirksfraktion will weiter Druck machen.

Acht Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort – das ist die Zielvorgabe, die sich alle deutschen Berufsfeuerwehren schon vor einigen Jahren gegeben haben. Weil das auch in Harburg gilt, soll Fischbek eine neue Feuerwache bekommen. Das hat die Innenbehörde versprochen. Wann sie kommt, ist indes völlig unklar. Auf Anfrage der CDU-Bezirksfraktion teilte die Innenbehörde mit: So schnell nicht. Andere Neubauten hätten Priorität.

Auf die Feuerwehr kommt mit den Neubaugebieten in Neugraben und Fischbek aber eine besondere Herausforderung zu. Bislang war der Westen Fischbeks nur dünn besiedelt. Dass von der Feuerwache Süderelbe in Hausbruch aus nicht alle Haushalte in Fischbek innerhalb von acht Minuten nach Alarm erreicht werden, barg deshalb, statistisch gesehen, wenig Gefahr.

Neubaugebiete machen neue Wache erforderlich

Mit den Neubaugebieten, vor allem den dicht und hoch bebaut geplanten Fischbeker Reethen, ändert sich das. Die Feuerwehrführung ist sicher: Es besteht Handlungsbedarf. Die Feuer- und Rettungswache Süderelbe (F36) wird jedoch nicht umziehen. Sie wird weiterhin an diesem Standort benötigt um auch den Hafen und Teile Harburgs abdecken zu können. Deshalb sei der Bau einer zusätzlichen Wache im Bereich Fischbek erforderlich.

Rettung – eine Sache von Minuten

Das AGBF-Schutzziel,

benannt nach der „Arbeits-Gemeinschaft der Berufs-Feuerwehren“, legt die Zeit fest, innerhalb derer bei einem Hausbrand die Feuerwehr vor Ort sein soll. Dabei wird von der Reanimationsfrist einer leblosen Person ausgegangen. Diese beträgt 17 Minuten. Danach liegt die Überlebenschance unter 50 Prozent. Dreieinhalb Minuten geben die Feuerwehrtheoretiker dabei für Entdecken des Brandes und Anruf bei der Feuerwehr, weitere eineinhalb Minuten für Annahme und Weiterleitung des Alarms. 

Innerhalb von acht Minuten

muss die Feuerwehr dann mit zehn Kräften am Einsatzort sein, um ins Gebäude zu gelangen und die Person bergen zu können. Dafür bleiben vier Minuten. Spätestens eine Minute danach sollen weitere sechs Kräfte am Einsatzort sein, um die Brandbekämpfung zu unterstützen.

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Lange war dafür nur ein Standort im Gespräch: Der ehemalige Baumarkt am Gegensteuern. Auch das Grundstück der katholischen Schule an der Cuxhavener Straße war erwogen worden, deren Zukunft noch ungewiss ist.

Als die CDU-Bezirksfraktion nun nachfragte, gab es von der Innenbehörde nur eine ausweichende Antwort. Letztlich rückte sie sogar von der konkreten Zusage für eine neue Feuerwache wieder ab: „In verschiedenen Bereichen Hamburgs sind im Zusammenhang mit der Schutzzielerreichung Optionen für Feuerwehreinrichtungen, sowohl für Feuer- und Rettungswachen wie auch für Rettungswachen, zu betrachten und zu bewerten.“

Freiwillige Feuerwehren haben keine Drehleitern

Diese Betrachtungen erfolgten in unterschiedlichen Planungstiefen und seien als perspektivische Optionen zu betrachten. Derzeit würden die Umzüge der Feuerwachen Finkenwerder und Schnelsen in Neubauten sowie die Einrichtung der Portalwache Volkspark auf dem neuen Autobahndeckel vorrangig verfolgt. Für den Bau der Autobahnwache liefen bereits Gewerkeausschreibungen.

Die neue Finkenwerder Wache am Genter Ufer sieht auf der Entwurfszeichnung der städtischen Sprinkenhof AG sehr schön aus. Allerdings mit der Anmerkung: Fertigstellung noch offen. In welchem Prioritätsrang eine Feuerwache Fischbek stünde, konnten derweil weder Feuerwehr noch Innenbehörde zeitnah beantworten.

„Das ist so aber nicht hinnehmbar“, sagt Ralf-Dieter Fischer, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Harburger Bezirksversammlung. Die Neubaugebiete würden teilweise jetzt schon bezogen. Im Jahr 2025 seien sie dann auch in den Fischbeker Reethen fertig. „Spätestens dann muss auch die Wache stehen“, so Fischer.

Warum die Wache besonders für die Reethen wichtig ist, macht Fischers Parteifreund Rainer Bliefernicht, Vorsitzender des Bezirks-Innenausschusses und freiwilliger Feuerwehrmann, deutlich: „Ein so großes Wohngebiet mit über 2000 Wohneinheiten kann nicht, wie es bislang in Fischbek der Fall ist, vorrangig mit einer freiwilligen Feuerwehr bedient werden“, sagt er. Für die dort geplanten mehrgeschossigen Häuser brauche es zwingend eine Drehleiter: „Die haben die Freiwilligen Wehren aber nicht.“

Selbst der Standort ist unklar

Überdies klagt auch die Freiwillige Feuerwehr Neugraben derzeit über einen ungünstigen Standort. Ihr Gerätehaus liege am Ende einer Wohnstraße. Was die Anfahrt der Einsatzkräfte bei Alarm und das anschließende Ausrücken der Feuerwehr entscheidend erschwere.

Für eine neue Wache der Berufsfeuerwehr ist allerdings noch nicht einmal die Standortentscheidung gefallen: „Der Standort Geutensweg erscheint von der Lage her grundsätzlich geeignet“, schreibt die Innenbehörde. „Das Objekt selbst ist für eine Feuer- und Rettungswache aber nicht geeignet.“

Die einstige Baumarkthalle, die zwischenzeitlich als Flüchtlings-Erstaufnahme diente, müsste mit erworben und abgerissen werden. „Das ist auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten“, schreibt die Innenbehörde. Außerdem müsse das Gebäude bis Mitte 2019 als Reserve für die Flüchtlingsaufnahme bereitstehen.

Fischer ist darüber ungehalten: „Dass die Baumarkthalle abgerissen werden muss, wenn die Feuerwache kommt, war doch immer selbstverständlich“, sagt er. „Wir werden wohl weiter Druck machen müssen.“