Harburg. Harburgs Stadthistoriker Jens Brauer erarbeitet Rundgang und bereitet Museums-Filiale im Schlosskeller vor

„2019 werden die Harburger das historische Kellergewölbe vom Schloss besuchen können. Und noch in diesem Jahr wollen wir den neuen Geschichtspfad präsentieren.“ Das kündigt Jens Brauer an, seit Jahresbeginn Harburgs neuer Stadthistoriker. Er ist begeistert von dem reichhaltigen, vielfach gut dokumentierten historischen Erbe des Bezirks. Mit Blick auf die Depots seines Arbeitgebers, dem Stadtmuseum Harburg/Helms-Museum, sagt er: „Ich staune, was da vorhanden ist. Da steckt sicherlich noch die eine oder andere zukünftige Sonderausstellung drin.“

Doch zunächst einmal hat Brauer mit den beiden wichtigsten Museums-Projekten alle Hände voll zu tun. Da wäre die geplante Museums-Filiale im Bereich der Keimzelle Harburgs: Unter dem Ostflügel, dem einzigen Relikt des Harburger Schlosses auf der gleichnamigen Insel im Binnenhafen, befindet sich ein gotischer Schlosskeller mit tavernenartigen Deckenverzierungen aus der Zeit um 1440. Eigentlich sollte die Museums-Dependance schon 2017 eröffnet werden. Doch die bauliche Abtrennung des Gewölbekellers zu den darüber liegenden Wohnungen und die Eingangsgestaltung wurden komplizierter als zu nächst gedacht.

Brauer: „Die Ausschreibung der Baumaßnahmen läuft bis Ende Mai. Wenn gebaut wird, wissen wir, wann wir mit den nachfolgenden archäologischen Grabungen beginnen und anschließend die Ausstellung gestalten können.“ Fest steht, dass das Schloss und seine Vorgänger im Mittelpunkt stehen werden. Denn hier hat Harburg seinen Ursprung. „Das Gebäude und Gewölbe werden selbst zu Exponaten“, sagt der studierte Historiker und erfahrene Ausstellungsmacher.

Das zweite große Projekt ist der Harburger Geschichtspfad. Er wird aus 30 Stationen bestehen, die vom Binnenhafen über die Innenstadt bis zum Campus der Technischen Universität reichen. Brauer: „Natürlich sind das Rathaus und der Sand vertreten, aber wir werden auch die neuere Zeit berücksichtigen, etwa den S-Bahn-Bau in den 1970er Jahren.“ An vier Stellen werden Tafeln über historische Orte und den Verlauf des Pfades informieren. Zudem wird es ein Buch geben, das im handlichen Taschenbuch-Format die einzelnen Stationen vorstellt. Es hat einen Vorläufer: Das Büchlein „Der Harburger Binnenhafen“ stellt allein im Binnenhafen 34 Orte mit historischen Bezügen vor.

Auch der Geschichtspfad hat einen Vorgänger. Ein solcher Pfad wurde 1990 zum 700-jährigen Bestehen Harburgs präsentiert, geriet aber in Vergessenheit – 20 Jahre später waren von den 20 Schaukästen nur noch drei übrig geblieben. Der neue Pfad wird zudem drei größere Anlaufpunkte haben: das Museum selbst an der Knoopstraße, das Archäologische Fenster an der Harburger Schloßstraße 39 und im Laufe des kommenden Jahres die Ausstellung im Gewölbekeller.

Projekt mit Schülern des Friedrich-Ebert-Gymnasiums

Neben den Hauptprojekten hat Brauer den Austausch mit den Stadtteilen und mit Harburger Hobbyhistorikern belebt. Seit seine Vorgängerin Melanie Leonhard im Oktober 2015 ihr Amt als Sozialsenatorin antrat, fehlte dem Museum eine feste Ansprechperson für die Harburger. Das hat sich nun geändert, und das erste Kooperationsprojekt ist bereits im Gange.

„Eine Schülergruppe des Friedrich-Ebert-Gymnasiums bereitet zum Tag des offenen Denkmals am 9. September Führungen zur Baugeschichte ihrer Schule und der Friedrich-Ebert-Halle vor. Die 12- bis 16-jährigen Gymnasiasten haben beim Museum angefragt, ob wir sie unterstützen können. Das tun wir gern! Es ist genau die Art von Kooperationen, die mir für die Zukunft vorschweben“, freut sich Brauer. „Mich interessiert, welche Fragen die Schüler haben und welche Geschichten sie von dem Gebäude und ihrem Stadtteil erzählen.“

Die monumentale Bauweise des Gebäudeensembles im Herzen Heimfelds verbinden Unwissende schnell mit Bauten der NS-Zeit, liegen damit aber völlig falsch: Die 1928 bis 1930 errichtete Schule mit ihrer Halle sei Ausdruck des damaligen Baubooms, so Brauer – „man brauchte damals große Schulen“. Gebaut wurde sie von Otto Kleeberg, der sich an Hamburgs Stadtbaumeister Fritz Schumacher und der Bauhaus-Architektur orientierte. Dies und vieles mehr wird in den Führungen und in der begleitenden Ausstellung des Museums zu erfahren sein.

Das Stadtmuseum Harburg solle ein „Nachbarschaftsmuseum“ sein, betont der 50 Jahre alte geborene Uelzener. „Das Alter von Gebäuden ist ein wichtiges Orientierungsmerkmal in Städten. Es erzählt von Kriegsschäden und vielem mehr. Diese Sichtweise möchte ich gern weitergeben.“