Harburg . Das Harburger Bezirksamt erklärt das Bürgerbegehren für ein weiteres Schwimmbad für gültig. Initiatoren wollen in Hamburg aktiv werden.
Wie viele gültige Unterschriften die Initiative „Yes We Swim!“, die sich für ein weiteres Schwimmbad im Bezirk Harburg einsetzt, tatsächlich zusammenbekam, ist nicht sicher. Sicher ist jedoch, dass das Bürgerbegehren zustandegekommen ist, teilt der kommissarische Bezirksamtsleiter Dierk Trispel mit: Die 3486 notwendigen Unterschriften liegen auf alle Fälle vor.
Bei 3586 gültigen Unterschriften hörte das Bezirksamt schlicht auf, zu prüfen und gab die restlichen Unterschriftenbögen ohne Begutachtung an die Initiative zurück. „Das ist ein Grund zum Feiern“, freut sich „Yes-We-Swim“-Aktivistin Juliane Eisele, die zirka 4500 Unterschriften zur Prüfung eingereicht hatte.
„Die Anzahl der Unterschriften hat ausgereicht“, sagt sie. Darüber sind wir natürlich glücklich, aber nun beginnt die eigentliche Arbeit, nämlich das Dranbleiben und Zusammenarbeiten.“
Breite Zustimmung
Die Bezirksversammlung Harburg hat jetzt bis zum 20. Juni Zeit, der Vorlage der Initiative zuzustimmen. Sollte die Bezirksversammlung dem nicht nachkommen, muss bis zum 20. August ein Bürgerentscheid durchgeführt werden. Allerdings haben sich bislang alle Fraktionen der Bezirksversammlung hinter die Initiative gestellt.
Mit einem Beschluss der Bezirksversammlung ist allerdings noch kein neues Schwimmbad beschlossen, sondern lediglich eine Empfehlung an die Hamburger Behörde für Umwelt und Energie (BUE) – die Mutterbehörde des kommunalen Bäderbetriebs Bäderland GmbH – ausgesprochen.
Die BUE hat die Schwimmbadversorgung des Bezirks Harburg zuletzt im Juli als ausreichend bezeichnet. nachdem die Bezirksversammlung forderte, die alte Schwimmhalle Süderelbe durch ein Kombi-Bad zu ersetzen. Dass sie der Forderung nach einem weiteren Bad in Harburg einfach so zustimmt, ist daher unwahrscheinlich, zumal die Bäderland stets betont, dass das Spaßbadbecken im Harburger Midsommerland für den Schul-Schwimmunterricht ausreicht. Das Schulschwimmen besser zu ermöglichen, ist aber Hauptargument der Initiative.
„Genau deshalb können wir uns jetzt nicht ausruhen“, sagt Juliane Eisele. „Wir müssen Verbindungen zur Behörde aufbauen, Argumente, Statistiken und Konzepte vorlegen, um der Umsetzung des Bürgerbegehrens so viele Chancen wie möglich zu geben.“
Juliane Eisele kann sich auch vorstellen, zusammen mit der TUHH ein Konzept für ein besonders energieeffizientes Bad zu entwickeln. Allerdings fand sie an der Hochschule bislang keine Ansprechpartner.
Kinder besser fördern
Unterstützung in Hamburg erhält sie dabei unter anderem von Linken-Fraktion in der Bürgerschaft. „Besondere Sorge macht mir, dass gerade Kinder in benachteiligten sozialen Lagen viel schlechter schwimmen können als andere, und zwar sowohl vor als auch nach dem Schulschwimmunterricht“, sagt die Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus.
Diese Erkenntnisse habe sie aus den Antworten des Senats auf mehrere Anfragen ihrer Fraktion gewonnen. „Das hängt sehr stark damit zusammen, dass generell bezahlbare angemessene Schwimmmöglichkeiten fehlen. In Harburg ist ein konkretes Problem, dass das von den Schulen genutzte MidSommerland-Bad gar nicht schulschwimmtauglich ist“, kritisiert Boeddinghaus. „Umso wichtiger ist es darum, das Bürgerbegehren ,Yes We Swim‘ ernsthaft zu unterstützen. Dazu rufen wir den Senat auf.“
Boeddinghaus’ Statement zielt auf eine Pressemitteilung des Schulsenators Ties Rabe ab, der das Hamburger Schulschwimm-Modell, bei dem der Schwimmunterricht extern vergeben wird, als Erfolg bezeichnete. Ein Erfolg deshalb, weil es 2018, 12 Jahre nachdem das Konzept eingeführt wurde, erstmals eines seiner Ziele erreicht wurde, nämlich, dass 70 Prozent der Schüler, die bereits ein „Seepferdchen“ absolviert haben, das Schulschwimmen mit dem Bronze-Abzeichen verlassen.
In Harburg, so Boeddinghaus, erreiche nicht einmal ein Drittel der Schüler das „Seepferdchen“. Darum sei die Bronze-Quote irrelevant. Zudem könne man im Harburger MidSommerland das Bronze-Abzeichen mangels Sprunghöhe und Tauchtiefe gar nicht ablegen. Die Bronzeprüfung sei deshalb für viele Harburger Schüler freiwillig und selbst organisiert in einem anderen Bad abzulegen.
Den Grund dafür, dass so wenige Harburger Schüler das Seepferdchen schaffen, sieht Juliane Eisele darin, dass Schwimmen hier kein günstiges Alltagsvergnügen mehr ist: „Die Eintrittspreise im Freizeitbad MidSommerland sind so hoch, dass einkommensschwache Familien sich einen Badbesuch nur noch selten leisten. Noch ein Grund mehr, ein weiteres, günstigeres Schwimmbad in Harburg zu fordern.“
25-Meter-Becken nur teuer zu erreichen
Die 100.000 Menschen in der Region Harburg haben es zwar nicht sehr weit bis zum nächsten sporttauglichen Schwimmbad, teuer ist die Anfahrt ohne Auto jedoch allemal. Zwischen dem Harburger Zentrum und den Bädern Neugraben oder Inselpark der Bäderland GmbH und auch den Bädern Hittfeld oder Over der Gemeinde Seevetal liegen HVV-Zahlgrenzen. Die Fahrt kostet für Erwachsene 6,40 Euro hin und zurück. Dazu kommt noch der Bad-Eintritt von 6 Euro in Hamburg und 3,50 Euro in Seevetal.