Harburg . Denkmalgeschütztes Hilke-Areal am Karnapp verfällt. Links-Fraktion fordert umgehende Sanierung des einzigartigen Gebäudes.
Die ehemalige Hilke-Likörfabrik am Karnapp, Hausnummern 15 und 16, im Harburger Binnenhafen ist eines der ältesten erhaltenen Industriebauwerke Harburgs – und damit Hamburgs – denn die Industriegeschichte der Region begann hier. Nun beschäftigt die Fabrik die örtliche Politik.
Schon einmal gab es hochtrabende Pläne, die Gebäude nicht nur zu sanieren, sondern richtig aufzupolieren und zu einem antiken Schmuckstück des Binnenhafens zu machen. Geschehen ist das nicht. Der Besitzer der Immobilie, die HC Hagemann AG mit ihrem Geschäftsführer Arne Weber auf der einen Seite und das Denkmalschutzamt sowie der Denkmalverein Hamburg andererseits haben unterschiedliche Meinungen darüber, wie das Ensemble saniert werden könnte, beziehungsweise sollte.
Schäden durch Hausschwamm
Währenddessen schädigt der Hausschwamm ungehindert weiter die Gebäude. Die Linksfraktion in der Bezirksversammlung fordert die umgehende Sanierung der Fabrik.
Die Fabrik begann bereits 1833 mit der Spirituosenproduktion, die prominenten Häuser am Karnapp sind jünger: Das Haus Nr. 15 wurde 1859 als Wohn- und Geschäftshaus für die Spirituosen und Likörfabrik H. Osterhoff errichtet, die 1893 in den Besitz von Louis Hilke überging. Die Erweiterung Nr. 16 stammt aus dem Jahr 1899, also schon von Hilke.
„Die Fabrik mit ihrem rotgelben Backsteinmauerwerk, segmentförmigen Fenstern und schmückenden Gesimsen steht seit vielen Jahren unter Denkmalschutz“, heißt es in einer Beschreibung des Hamburger Denkmalvereins, „Die innen liegenden Verkaufsräume sind teilweise noch mit Stuckdecken verziert. Mit der Ausstattung im Inneren des Vordergebäudes und der heterogenen Hofbebauung hat sich hier ein einzigartiges Ensemble der Industriegeschichte erhalten, das als eine der ältesten frühindustriellen Baugruppen Harburgs gilt.“
Womit man bei einem der Grundkonflikte wäre: Denkmalexperten halten auch das Gebäudeinnere für schützenswert. Das setzt einer wirtschaftlichen Nutzung enge Grenzen, unter anderem, weil Arbeitsstätten aus dem vorletzten Jahrhundert oft nicht der Arbeitsstättenverordnung von 1975, aktualisiert 2016, entsprechen. „Eigentlich kann man darin nur eine Kneipe betreiben“, sagt Weber, „aber es würde schwierig werden, dafür Pächter zu finden.“
2012 hatten Vertreter von H.C. Hagemann und der TuTech Innovation GmbH schon einmal Pläne vorgestellt, die in diese Richtung gingen: Die Hilke-Gebäude sollten zur Kantine der TuTech umgebaut werden und zusätzlich als Gastronomie für alle genutzt werden. „Anfang 2016 berichtete jedoch ein Vertreter der TuTech im Stadtplanungsausschuss, dass die Pläne im Mai 2015 aufgegeben und der städtebauliche Vertrag aufgelöst wurde“, sagt Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linken. „Seitdem ist die Zukunft des Gebäudeensembles wieder ungewiss.“
Das Grundproblem der Häuser ist gleichzeitig mikroskopisch klein und riesengroß: Ein Pilz, der Hausschwamm, frisst an der Holzkonstruktion des Gebäudes. Hausschwammsanierungen erfordern großzügigen Austausch betroffener Holzteile, in besonders schlimmen Fällen sogar der gesamten Holzkonstruktion. Je länger der Pilz gewähren kann, desto weiter breitet er sich aus, wodurch die Lücke zwischen dem, was Weber zu investieren bereit ist und den Kosten der von den Denkmalschützern geforderten Sanierung kontinuierlich wächst.
„Letztendlich muss eine Sanierung auch wirtschaftlich zumutbar sein“, sagt Weber und spricht damit nicht nur seine eigene Meinung aus, sondern auch die Rechtsauffassung deutscher Verwaltungsgerichte. Unterdessen ist es aufgrund von Einsturzgefahr bereits verboten, das Gebäude zu betreten. Die Zeit drängt, findet auch Kristina Sassenscheid, Sprecherin des Denkmalvereins: „Dem einzigartigen Gebäudeensemble droht der vollständige Verlust, wenn nicht sehr bald Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden und eine neue Nutzung gefunden wird.“
Nutzungsmöglichkeiten gäbe es viele, glaubt Linken-Fraktionschef Jörn Lohmann: „Gerade aufgrund der Nähe zum touristisch interessanten Binnenhafen, zum Beispiel als Gastronomie, Privatbrauerei oder Veranstaltungszentrum.“