Harburg. Weil nur noch wenige Wege durch Harburg frei sind, verstopfen Autos die Innenstadtstraßen
Wer am Mittwoch im bekanntesten Internet-Kartendienst die Verkehrslage im Hamburger Süden anklickte, sah rot: Keine Straße ohne Stau. Ein Gasaustritt an der Wilhelmsburger Reichsstraße ließ der Polizei keine Wahl: Die Reichsstraße musste komplett gesperrt werden. Damit war die ohnehin schon von 12 auf sechs Spuren reduzierte Nord-Süd-Achse aus A1 – sie wird spurenweise saniert, Reichsstraße – sie wird im Süden saniert und in Wilhelmsburg verlegt – und Hannoverscher Straße – dort wird die Brücke erneuert – noch einmal enger geworden. Der Verkehr brach zusammen.
Doch auch ohne Gasleck dürfen die Harburger derzeit unter den Baustellen ächzen. Es sind ja nicht die einzigen: Im Zuge der Reichsstraßensanierung ist auch die Hohe Straße gesperrt – und zwar nicht nur zur Autobahn hin. Auch ihre Verbindungsfunktion zwischen Marmstorf und Wilstorf ist derzeit nicht gegeben. Der innerharburgische Verkehr wird über Bremer Straße, Krummholzberg und Wilstorfer Straße mitten durch die Harburger Innenstadt umgeleitet, deren Straßen und Kreuzungen für Durchgangsverkehr nicht mehr geeignet sind. Sogar Fußgänger leiden deshalb unter dem Autostau: An der Kreuzung Bremer Straße/Krummholzberg müssen sie sich immer wieder zwischen Autos hindurchmanövrieren, deren Fahrer nicht daran gedacht haben, die Kreuzung freizulassen und jetzt den Fußgängern im Weg stehen.
„Die fahren teilweise noch bei Rot auf die Kreuzung und tun dann so als könnten sie nichts dafür, dass sie uns im Weg stehen“, ärgert sich Fußgängerin Rosi da Silva, „aber anderseits kann man das auch verstehen: Überall ist Stau. Irgendwann verliert man die Geduld!“
Die Baustellen des Landesbetriebes Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) pressen den Verkehr durch enge Flaschenhälse: Die Umleitung für die Hohe Straße durch die Wilstorfer Straße, die Umleitung für die gesperrte Auffahrt Wilstorf zur Reichsstraße über Schlachthofbrücke und Hörstener Straße. Als ob das nicht genug sei: Die Absperrbaken für die Autobahnauffahrt sind so aufgestellt, dass sie die zwei Spuren der Winsener Straße vor der Kreuzung, an der sich die Umleitungen teilen, für wenige Meter auf eine Spur verengen. Diese Engstelle können selbst ortskundige Automobilisten nur sehr weiträumig umfahren. Sperrungen der Ausweichstrecken Langenbeker Weg und Rote-Kreuz-Straße in Richtung Nordosten zwingen sie dazu, auf die der Winsener Straße zu bleiben.
Auf der Bremer Straße lastet derweil noch zusätzlicher Druck dadurch, dass der parrallel verlaufende Ehestorfer Weg derzeit ebenfalls saniert wird. Ein weiträumiges Ausweichen von der Winsener Straße über Sinstorf oder Marmstorf auf die Bremer Straße nützt also auch nichts, weil man dadurch nur den Stau wechselt. Statt über die Elbbrücken durch den Elbtunnel in Richtung Hamburg zu fahren, ist ebenfalls nicht empfehlenswert, da mehr Fahrer diesen Weg wählen, als die Strecke – die ebenfalls durch Sanierungen eingeschränkt ist – bewältigen kann.
Beim LSBG und bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation war bis Redaktionsschluss niemand zu finden, der sich zu Fragen, die die Baustellenplanung und -koordination betreffen, hätte äußern können.
In der Harburger Politik sieht es anders aus: Torsten Fuß, Vorsitzender des durch die Staus besonders betroffenen SPD-Distrikts Harburg Ost und stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses der Bezirksversammlung versucht gerade, die Bezirksfraktion zu einem Dringlichkeitsantrag zu überreden: Damit wenigstens die Busse morgens staufrei durchkommen, soll ihre Busspur von der Jägerstraße bis zum Reeseberg verlängert werden. „Für die PKW ändert sich dadurch nur wenig, denn sie stehen ohnehin im Stau“, glaubt er, „außerdem fordern wir die Öffnung der Hohen Straße und eine eingeschränkte Öffnung der Auffahrt Wilstorf, solange nicht direkt im Auffahrtsbereich gebaut wird.“