Neugraben-Fischbek. Bis zu 15.000 Neubürger werden in drei Fischbeker Neubaugebiete ziehen. Hält die Infrastruktur Schritt? Heute: Angebote für Senioren.
„Neue Wohn- und Lebensräume für alle Alters- und Zielgruppen“ verspricht die Stadt Hamburg den zukünftigen Bewohnern der drei Neubaugebiete in Neugraben und Fischbek. Das Wort „Senioren“ kommt in der 2016 erstellten Info-Broschüre zu den neuen Quartieren allerdings nicht vor. Dennoch wird es spezielle Angebote für Senioren geben, sowohl zum Wohnen als auch zum Leben.
„Schon heute gibt es ein reichhaltiges Angebot für Senioren. Es muss nur besser kommuniziert werden, damit es mehr ältere Bewohner erreicht“, sagt Frauke Rinsch von der Stadtentwicklungsgesellschaft steg Hamburg. Sie arbeitet in den Stadtteilbüros Neugraben und Neugraben-Fischbek der steg unter anderem zur Infrastruktur für die älteren Generationen.
Neben der guten Verkehrsinfrastruktur erwähnt Rinsch die vielfältigen Angebote des Kulturhauses Süderelbe, der Awo-Seniorentreff, der Seniorenresidenzen Fischbek und Neugraben sowie der Sportvereine. Die Hausbruch-Neugrabener-Turnerschaft hat sogar eine eigene Seniorenfreizeitabteilung eingerichtet, die – von Tanzsport bis Sitzgymnastik – Senioren in Bewegung bringt.
Medienboten der Bücherhalle kommen ins Haus
Auch die Bücherhalle Neugraben hat Angebote für die älteren Semester. Dazu gehört ein Service der Hamburger Bücherhallen für Menschen, die ihre Wohnung krankheits- oder altersbedingt nicht verlassen können: Ehrenamtliche Helfer, die Medienboten, bringen ihnen einmal im Monat zuvor bestellte Bücher – speziell auch in Großdruck – und Hörbücher. Etwa ein Dutzend Boten und Abnehmer gebe es derzeit in Neugraben, sagt Matthias Pfeifer, Leiter der Bücherhalle, und ergänzt: „Wir können noch reichlich Leute gebrauchen, die Boten werden wollen.“
Ein anderes Projekt der Bücherhalle lautet „Aktiv gegen Demenz“. Es richtet sich vor allem an Senioren, die von der Krankheit betroffen sind, aber auch an deren Angehörige. Die Bücherhalle hält Gesellschaftspiele mit besonders großen Spielsteinen vor, Groß-Puzzles und Ratgeber zum Thema Demenz. „Wir haben hier inzwischen 70 bis 80 Medien für diese Zielgruppe“, sagt Pfeifer.
Ein Dialog zwischen den Generationen ist das Ziel des Projekts „JA! Jung und Alt in Süderelbe“ vom Gymnasium Süderelbe. 35 Oberstufen-Schüler haben es mit Unterstützung von Lehrern und den städtischen Wohngebietsentwicklern ProQuartier ins Leben gerufen und organisieren seit 2016 zum Beispiel gemeinsame Koch-Treffen von Schülern und Senioren oder gemütliche Gesprächsrunden, in denen alten Zeiten wieder aufleben. Neu im Angebot ist ein „Generationen Speed-Dating“, bei dem jeweils ein Schüler und ein Senior Gespräche zu einem vorgegebenen Themenschwerpunkt führen.
Um die bestehenden Angebote stärker publik zu machen, hat der Bezirk Harburg im Auftrag der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz im März 2017 das Senioren-Netzwerk Neugraben-Fischbek gegründet. Das Projekt läuft unter der Regie von Frauke Rinsch über drei Jahre und hat zum Ziel, anschließend selbstständig weiterarbeiten zu können. Rinsch: „Wir haben bislang fünf gut besuchte Netzwerktreffen veranstaltet. Dort kamen sowohl ältere Mitbürger als auch Vertreter von Vereinen und Einrichtungen, die sich an Senioren wenden.“
Gemeinsam mit der Michaelis-Kirchengemeinde an Cuxhavener Straße hat das Senioren-Netzwerk zwei Info-Abende im Gemeindesaal organisiert, bei denen es um Vorsorgevollmacht/Patientenverfügungen und um das Erbrecht ging. Unabhängig davon organisieren die Kirchengemeinden Kaffeerunden, Gesprächskreise und Besuchsdienste für Senioren.
Die Cornelius-Kirche in Fischbek bietet Andachten in der Seniorenresidenz Fischbek an und freut sich auf die Zuzügler in unmittelbarer Nachbarschaft – unabhängig von deren Alter. „Wir bereiten uns auf sie vor. Wir glauben, dass die Cornelius-Gemeinde eine wichtige Rolle spielen kann bei der großen Aufgabe, dass die Menschen in den neuen Quartieren sich integrieren können in das bestehende Gemeinwesen“, sagt Gerhard Janke, Pastor der Cornelius-Kirche.
Ein anderer bestehender Seniorendienst ist das Projekt SeniorPartner der Diakonie Hamburg. Ehrenamtliche Helfer besuchen stundenweise Pflegebedürftige, begleiten sie auf Spaziergängen oder Einkäufen, zum Arzt oder auch einmal ins Theater.
Harburg hat bereits einen SeniorPartner-Standort, ein weiterer Standort in Neugraben-Fischbek sei zwar aktuell nicht geplant, aber generell möglich, sagt Marion Meyer von der Diakonie Hamburg: „Da wird sicherlich ein Bedarf entstehen“, so Meyer. „Unser Harburger Standort wird gut angenommen. Aber es muss genügend Menschen geben, die sich engagieren und sich für den Begleitdienst von uns ausbilden lassen wollen.“
Auch bei den baulichen Konzepten der Quartiere ist an die ältere Kundschaft gedacht. Stefan Laetsch, Pressesprecher der IBA Hamburg GmbH, die die Gebiete vermarktet, nennt das Beispiel Fischbeker Heidbrook, dem Baugebiet auf dem Areal der ehemaligen Röttiger Kaserne. Hier ist das Projekt „Fischbeker Höfe“ geplant. Laetsch: „Das westliche ehemalige Kasernengebäude wird von dem Investor DeepGreen Development kernsaniert. Hier entstehen 116 seniorengerechte Apartments, überwiegend Zwei-Zimmer-Wohnungen von 40 bis 60 Quadratmeter.
Alle Wege innerhalb und außerhalb des Gebäudes sind barrierereduziert gestaltet.“ Im ältesten der drei Neubaugebiete, dem Vogelkamp Neugraben, seien bereits 2014 im Torfstecherweg 129 öffentlich geförderte Wohnungen für Senioren fertiggestellt, so Laetsch. Zudem werde die IBA Hamburg in allen drei Quartieren weitere Grundstücke für Geschosswohnungsbauten anbieten – „insofern werden sehr wahrscheinlich noch zusätzliche Wohnungsangebote für Senioren entstehen“.
Naturschutzgebiete und Grünflächen vor der Haustür
Ältere Menschen, die zum Beispiel ihr Häuschen im Grünen verkaufen, weil ihnen Haus- und Gartenarbeiten zu viel werden, wollen oft weiterhin in grüner Umgebung wohnen – die IBA entwickelt die drei Gebiete unter der Dachmarke „Naturverbunden Wohnen“. Das Vogelkamp-Quartier liegt zwischen der S-Bahn-Trasse im Süden und dem Moorgürtel im Norden. Das Natur- und Vogelschutzgebiet ist 37 Hektar groß und zieht sich bis ins Alte Land hinein.
Auch der Fischbeker Heidbrook grenzt direkt an ein Naturschutzgebiet: Die mehr als 760 Hektar große Fischbeker Heide ist ein beliebtes Naherholungsziel der Hamburger. Und das jüngste der drei Neubaugebiete, Fischbeker Reethen, will die IBA zur „Gartenstadt des 21. Jahrhunderts“ machen. „Bei diesem Planungsansatz kommt der Qualität der Grün- und Freiflächen eine besondere Bedeutung zu“, heißt es in der städtischen Info-Broschüre.
Zur Bestandsaufnahme des Alltagsbedarfs der älteren Mitbürger hat das Senioren-Netzwerk in Neugraben-Fischbek Fragebögen verteilt. „Es sollte mehr Begegnungsstätten geben, war ein Wunsch, der immer wieder auftaucht“, sagt Frauke Rinsch. Generell seien die Senioren eine sehr heterogene Gruppe. Rinsch: „Einige reisen noch im Alter von 80 Jahren nach Venezuela, andere verlassen mit 75 kaum noch ihre Wohnung. Diejenigen, die in ihren Wohnungen bleiben, sind besonders schwer zu erreichen. Hier können Verwandte oder ambulante Pflegedienste weiterhelfen.“
Mehr als ein Fünftel der Neugraben-Fischbeker sind im Rentenalter
65-Jährige und ältere Bewohner haben einen Anteil von 21,6 Prozent an der Bevölkerung von Neugraben-Fischbek. Er liegt über dem Durchschnitt des Bezirks Harburg (18,4 Prozent, Zahlen aus 2016).
Der Awo-Seniorentreff am Neugrabener Markt 7 gehört zu den etablierten Institutionen für ältere Mitbürger. Er bietet ihnen unter anderem Gedächtnistraining, Englisch-Kurse und montags bis freitags Spielnachmittage an.
Im Kulturhaus Süderelbe (im BGZ Süderelbe) sind einige Vereine aktiv, die für Senioren attraktiv sind, etwa „Plattdüütsch leevt“ und zwei Chöre.