Finkenwerder/Finkenriek. Die schwimmende Skulptur des Bildhauers Stephan Balkenhol tritt ihre 25. Saison im Strom an. Im Winter liegt sie in Finkenwerder
Er sieht monatelang die Schiffe an sich vorbeiziehen und ist selbst angekettet. Zweimal im Jahr jedoch begibt sich der Harburger Bojenmann auf die Reise und zieht dann selbst an den Schiffen vorbei. Gestern war es mal wieder soweit: Die Tonnenleger der Hamburg Port Authority (HPA) brachten die Skulptur des Bildhauers Stefan Balkenhol aus dem Winterquartier in Finkenwerder zu seinem Sommerstandort auf der Süderelbe zwischen Finkenriek und Neuland.
Die Reise beginnt morgens um sieben im Hafen der HPA-Stackmeisterei in Finkenwerder. Die Besatzungen zweier Wasserfahrzeuge machen ihre Schiffe klar. Auf dem Schlepper „Christian Nehls“ lässt Schiffsführer Pierre Bender den Diesel an, während Decksmann Jens Grambow Leinen und Landstromverbindungen löst und aufschießt. Gleichzeitig räumen Kai Düttbrenner und Candy Gehl auf dem Arbeitsponton „Greifer 1“ das Arbeitsdeck auf, während Uwe Umlandt schon einmal den Kran anlässt an Bord des robusten Pontons anlässt. Es ist eine handelsübliche Baumaschine, mit der Ausnahme, dass der Ausleger keine Gelenke hat.
Mit diesem Gerät ist der „Greifer 1“ eine Art „Mädchen für alles“ bei der Stackmeisterei. Als Dienstältester ist Uwe Umlandt heute Chef an Bord und bedient den Kran. Ausgebildete Geräteführer sind aber auch die beiden Jüngeren.
Der Bojenmann dümpelt von der Greifer 1 aus gesehen auf der anderen Seite des Hafenstegs. Der Schlepper soll ihn zum Prahm, dem antriebslosen Schwimmponton, bringen. Düttbrenner und Gehl lösen die Halteleinen der Flachwassertonne und bringen die Schleppleine an. Dann verschwinden sie unter Deck: Uwe Umlandt hat schon Kaffeewasser aufgesetzt und bis Pierre Bender seine „Christian Nehls“ samt Schlepplast in dem engen Hafenbecken längsseits manövriert hat, reicht die Zeit für eine Tasse. Bender hat die Ruhe weg. Betriebsamkeit gibt es hier immer. Hektik ist selten.
Einige Minuten später sind die Schiffe beisammen. Gehlen und Düttbrenner laschen die Tonne mit der Skulptur an, Umlandt hebt sie auf das Arbeitsdeck der „Greifer 1“. Bender geht längsseits , Jens Grambow macht den Prahm am Schlepper fest. Jetzt fährt der Verband noch kurz zur Kaimauer. Umlandt holt dort ein Ankergewicht ab: einen schlichten, aber schweren Betonklotz, dann geht es los.
Der Bojenmann bekommt richtig viel zu sehen. Vorbei am „Alten Schweden“ und der Strandperle geht es in den Köhlbrand, unter der Brücke hindurch, vorbei am Containerterminal Altenwerder und der Kattwykbrückenbaustelle. Umlandt stellt schnell noch den Ausleger waagerecht. Die alte Kattwykbrücke wird noch gebraucht, daran will er lieber nicht kratzen. Das Kraftwerk Moorburg, das Wrack der „Cumberland“, die Harburger Seehäfen. Während Pierre Bender den Verband in Richtung Süderelbbrücken steuert, erledigen die Männer auf der „Greifer 1“ Wartungsarbeiten. Nicht alle sind gelernte Hafenschiffer. Uwe Umlandt war vor Jahrzehnten mal Tischler. Kai Düttbrenner hat Zimmermann gelernt. Man erkennt es daran, dass er immer noch Manchestercord mit Schlag am Bein trägt.
Im Kriechgang wird der Verband auf Position gebracht
„Mittlerweile ist das hier aber mein Traumjob“, sagt der 38-jährige. „Man ist immer auf dem Wasser und an der Luft und hat jeden Tag etwas anderes zu tun. Mal bringen wir Tonnen aus, mal helfen wir den Gärtnern und Stackwerkern vom Wasser aus bei Böschungsarbeiten, mal montieren wir Pegel“
Am Anleger Finkenriek steigt noch jemand zu: Milos von Dein, Strompolizist. Seezeichen ausbringen darf nicht jeder. Der Hafenaufsichtsbeamte dirigiert den Verband im Kriechgang auf die exakte Position. Uwe Umlandt hat die Tonne mit der Skulptur schon ins längsseits ins Wasser gehoben. Gehl und Düttbrenner machen eine weitere Leine daran fest und verbinden diese mit dem Ankergewicht, das schon mit einer Kette mit der Tonne verbunden ist. Auch das Ankergewicht kommt schon ins Wasser, wird allerdings noch nicht versenkt. Candy Gehl belegt die Leine an dicken Klampen, so dass das Gewicht nicht weiter sinkt. Kurz darauf gibt von Dein das Zeichen. Gehl löst den Tampen. Das Gewicht sinkt auf den Elbgrund. Die Kette rasselt hinterher, die Bojenleine wird gelöst. Die Reise des Bojenmannes ist zu Ende. Bis zum Herbst kann er jetzt wieder nur zusehen, wie die Schiffe vorbeiziehen.