Harburg. Stickoxidwerte der Anliegermessungen liegen weit über dem Grenzwert. SPD und Neue Liberale wollen Klarheit und fordern Umdenken.

Dass die Moorstraße einer der am meisten verstopften Flaschenhälse im Harburger Innenstadt-Verkehr ist, ist eine Binsenweisheit. Nahezu der gesamte Harburger Busverkehr wird über die 200 Meter lange Straße abgewickelt, dazu ist sie noch die kürzeste Verbindung vom Harburger Ring zur Autobahn. Seit der Eröffnung des Phoenix-Centers wird dieser Durchgangsverkehr von großen Fußgängerströmen gequert, was für ein beständiges Stop-and-Go sorgt.

Vorschläge, an dieser Situation etwas zu ändern, hat es bereits in der Vergangenheit gegeben. So hat beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung vor zwei Jahren vorgeschlagen, die Moorstraße für Pkw zu sperren und nur noch Busse, Taxis und Einsatzfahrzeuge zuzulassen. Die Bezirksversammlung hatte den CDU-Antrag, diese Möglichkeit zu prüfen, auch mehrheitlich beschlossen. Diese Prüfung durch die Verkehrsbehörde fiel allerdings negativ aus: Die Moorstraße ist für den Verkehr zu wichtig, um gesperrt werden zu können. Echte Alternativen wären auch nicht vorhanden: „Neue Verbindungen werden Umwegfahrten bedeuten und die verlagerten Verkehre werden an der neuen Stelle ebenfalls als störend empfunden, wenn beispielsweise Wohnbebauung betroffen ist oder sich durch die Erhöhung der Verkehrsbelastung Behinderungen einstellen“, hieß es in der Stellungnahme.

Zur nächsten Sitzung der Bezirksversammlung bringen die Fraktionen der Neuen Liberalen und der SPD jeweils einen neuen Antrag ein, der sich mit der Belastung der Moorstraße befasst. Hintergrund ist die Abgasbelastung in der viel befahrenen und dicht bebauten Straße. Im Rahmen einer Aktion der dieselkritischen Deutschen Umwelthilfe hatten Anlieger hier einen so genannten Passivsammler aufgehängt, um damit die Feinstaub- und Stickoxidwerte zu ermitteln und waren auf erschreckende Ergebnisse gekommen: 52 Mikrogramm Stickoxide maß der Sammler an der Moorstraße pro Kubikmeter Luft. Der Grenzwert für Außenluft liegt bei 40 Mikrogramm. Schon durch wissenschaftliche Schätzung ermittelte Werte der Umweltbehörde hatten bei 44 Mikrogramm gelegen.

Die Neuen Liberalen fordern jetzt die Freie und Hansestadt Hamburg auf, an der Moorstraße über einen längeren Zeitraum Messungen durchzuführen. Das Problem der Messungen der Umwelthilfe ist nämlich nicht nur, dass diese interessengeleitet sind, sondern auch, dass die aus Baumarktmaterialien schnell selbst herzustellenden Passivsammler keine wissenschaftlich anerkannten Ergebnisse liefern, aufgrund derer man politische Forderungen stellen könnte. Ein Anhaltspunkt für extrem hohe Belastung der Moorstraße sind die Passivsammlermessungen bei aller Ungenauigkeit allerdings allemal.

„Deswegen wollen wir schnell belastbare Messergebnisse von der Stadt“, sagt Kay Wolkau, Fraktionsvorsitzender der neuen Liberalen, „dabei geht es uns auch darum, dass durch diese Straße die neue Veloroute 11 geführt werden soll.“

Sollten sich die Werte der Umwelthilfe bestätigen, hält Wolkau es für wenig sinnvoll, an der Planung der Veloroute durch die Moorstraße festzuhalten. „Man kann die Leute ja nicht in ein derart belastetes Gebiet lotsen“, sagt er, „dann wäre es besser, die Veloroute noch einmal umzuplanen.“ Baubeginn für die Veloroute im Bereich der Harburger Innenstadt ist Mitte 2019. „Wir haben zwar wenig Hoffnung, bis dahin noch eine Umplanung anstoßen zu können“, sagt Wolkau, „aber dieser Teil des Antrags soll auch verdeutlichen, welche Konsequenzen die Belastung der Moorstraße haben könnte.“

Die SPD möchte die Veloroute in der Moorstraße behalten. Stattdessen möchte sie den Busverkehr um die Hälfte reduzieren, und – ähnlich, wie einst Uwe Schneider von der CDU – den Individualverkehr aus der Moorstraße verbannen. Wohin die Pkw ausweichen sollen, sagt die SPD in ihrem Antrag nicht. Für die Busse hat sie eine Idee: „Der stadteinwärts fahrende Busverkehr könnte durch die Goldschmidtstraße von der Buxtehuder Straße zum Harburger Ring geführt werden“, sagt Jürgen Heimath, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten. „Hierzu müsste lediglich die Bushaltestelle „Harburger Ring“, die sich derzeit vor dem Harburg Center befindet, hinter die Einmündung Goldschmidtstraße vor dem Panorama-Hotel verlegt werden. Damit würden sich die Bushaltestellen „Harburger Ring“ für beide Richtungen auch gegenüberliegen.“

Die Hochbahn hatte so eine Streckenführung schon einmal vorgeschlagen, als es um den Ausbau der Buskapazitäten am Harburger Bahnhof ging. Diese Variante fiel damals aber zusammen mit den Ausbauplänen im Bezirk durch – vor allem bei den SPD-Abgeordneten.

Jetzt also doch ein Umdenken. „So könnte man den Umbau der Moorstraße und eines Teils des Rings für die Veloroute schlanker gestalten“, sagt Heimath. „Ohne die Busspuren in die eine Richtung gewinnt man Platz für Fußgängerwege. Die Fußwege stehen bei der bisherigen Planung zu weit hintenan, denke ich.“