Buchholz/Jesteburg. Reiner Wienecke, Jochen Menzel und Rainer Brase sind jenseits der 60. Sie trainieren für den gemeinsamen Angriff auf das große Ziel.
Schwimmen - Radfahren - Laufen! Triathlon, der neue Boomsport vor allem der Väter und Großväter. 3,8 Kilometer im Wasser - 180 Kilometer in den Pedalen und zum Abschluss noch ein flotter Marathon, also 42,195 Kilometer bis ins Ziel. Für normale Menschen sind das Horrorzahlen. Für die Süchtigen der dreifachen Herausforderung ist es der ewige Traum: einmal einen Ironman durchstehen. Genauer gesagt, die drei brutal harten Distanzen bewältigen. Der Name „Ironman“ hingegen ist weltweit geschützt. Den dürfen nur ausgewählte Veranstalter nutzen. Der Triathlon in Glücksburg, der ist so ein begehrtes Ziel für diesen Extremsport. Und das gilt für jedes Alter.
Auch die drei Herren jenseits der 60 Jahre, die im Steinbachtal in Buchholz am Tisch Platz genommen haben, haben den 5. August in ihren Terminkalendern rot unterstrichen. Reiner Wienecke, der Hausherr, Jochen Menzel, der Buchholzer Kinderarzt im Unruhestsand, und Rainer Brase, Geschäftsführer einer Klinik in Hannover, planen für den gemeinsamen Angriff auf das große Ziel.
„Wir haben als Staffel für den 17. Ostseeman-Triathlon in Glücksburg gemeldet“, eröffnet Reiner Wienecke das Gespräch. Der pensionierte Sportlehrer ist 66 Jahre inzwischen, seit Jahren ungeschlagen als Hamburger Meister gleich in drei Kurz- und Mitteldistanzen dieses Dreikampfs und „Sportler des Jahres“ beim Harburger Turnerbund (HTB).
„Zusammen bringen wir 200 Lebensjahre mit in den Wettkampf“, sagt Jochen Menzel. Der 68-Jährige, der vor zwei Jahrzehnten die Triathlon-Abteilung des VfL Jesteburg gründete, ist der einzige des Dreier-Gespanns, der vor fünf Jahren die Mühen und Qualen des Ostseeman in Glücksburg allein bewältigte, in rund 13 Stunden.
Er war es auch, der vor zehn Jahren seinen Kollegen Rainer Brase für den Triathlon und den VfL Jesteburg begeisterte. „Als er mit seinem Sohn Jonathan in meine Praxis kam, hatte er eine kurze Radlerhose an“, erzählt Jochen Menzel und fügt lachend hinzu, „da wusste ich, das ist einer von uns.“
Als stärkster Schwimmer wird der Klinikchef in Glücksburg den langen Wettkampftag mit einem Kopfsprung in die Ostsee eröffnen. „Dabei hat mich Jonathan zum Schwimmen gebracht“, sagt Rainer Brase, „zwei, drei Mal in der Woche trainieren wir noch heute zusammen. Genauer gesagt, da muss ich hinter meinem Sohn herschwimmen. Der war erst neun Jahre alt, da ist er mir schon weggeschwommen. Inzwischen ist er 14, und gemeinsam starten wir auch über lange Distanzen, beispielsweise die 7,2 Kilometer auf der Dove-Elbe.“ Als Triathlet läuft Rainer Brase auch noch „ein bisschen Marathon“, wie er das nennt, und die 16 Kilometer in die Klinik strampelt der „Doktor“ täglich mit dem Rad.„Gesund alt werden“, bekräftigt Brase, das sei sein eigentlicher Antrieb. „Und dafür ist Triathlon einfach ideal.“ Das können auch seine beiden Staffel-Freunde unterschreiben.
Deshalb wiederum werden die Drei in Glücksburg in ganz besonderen Trikots starten. Die sind unschuldig weiß und tragen in Schwarz die Mahnung und Botschaft: „Alles geben – nichts nehmen.“ Das ist die große Aktion, mit der die Nada, die offizielle Anti-Doping-Agentur des deutschen Sports, für neue Sauberkeit und Fairness wirbt.
„Die Nada hat sich sehr gefreut, dass auch wir drei Alten für sauberen Sport werben“, sagt Reiner Wienecke, „wir sind ja auch leistungsorientiert und wir zeigen, dass man auch ohne verbotene Mittel über Jahrzehnte tolle Ausdauerleistungen bringen kann.“
„Denn zu glauben, dass Doping nur ein Betrug im hoch bezahlten Spitzensport sei, ist eher naiv. Leider kommt das auch bei ehrgeizigen Freizeitsportlern vor“, bekräftigt der vielfache Hamburger Seniorenmeister.
Für die Drei mit den 200 Lebensjahren ist „alles geben“ auch über den Sport hinaus ein entscheidendes Fundament ihres ganzen Lebens. Deshalb haben sie sich für den Härtetest in Glücksburg ein hohes Ziel gesetzt. „Wir wollen unter elf Stunden bleiben“, sagt Jochen Menzel.
Das heißt im Detail: Die 3,8 Kilometer im Wasser muss Brase in anderthalb Stunden schaffen. Reiner Wienecke auf dem Rennrad muss nach sechs Stunden das Staffelholz an Jochen Menzel weiter geben. Dem 68-Jährigen, der das Laufen am meisten liebt, bleiben dreieinhalb Stunden für den Marathon.
Um solche Leistungen zu vollbringen, hat natürlich jeder der drei Extremsportler seinen ausgeklügelten und medizinisch kontrollierten Trainingsplan. Beim Vierlanden-Triathlon am 3. Juni werden sie sich testen – über zwei Kilometer Schwimmen, 80 Kilometer mit dem Rad und ein Lauf über 20 Kilometer. „Gesund alt werden“, hat Rainer Brase über all das gesetzt.
„Damit das gelingt, muss man eine positive Einstellung behalten“, ergänzt Jochen Menzel. „Und wenn es gelingt“, sagt Reiner Wienecke, „durchleben wir unvergessliche Glücksmomente.“