Harburg. Pro Einwohner erhält Harburg lediglich die Hälfte der Stadtteilkulturmittel, die andere Bezirke haben. Pro Kopf nur 1,80 Euro.

Haben Harburger weniger Anspruch auf Stadtteil-Kultur-Angebote, als Einwohner anderer Bezirke? Sieht man sich die Summen an, die die Kulturbehörde den einzelnen Bezirken für die Stadtteilkulturarbeit überweist, muss man diesen Eindruck bekommen. Harburg ist da regelmäßig Schlusslicht. Das monieren auch Harburgs Kommunalpolitiker seit langem. Schützenhilfe erhalten sie nun vom Landesrechnungshof.

In seinem Jahresbericht 2018 kritisiert der Rechnungshof die Ungleichverteilung der Mittel auf die Bezirke: Im Schnitt sieht der Stadtteilkulturetat für jeden Hamburger zirka 3,60 Euro vor, errechnet der Rechnungshof. Nach der Aufteilung auf die Bezirke bleiben für jeden Harburger jedoch nur 1,80 Euro übrig, während die Altonaer oder die Hamburger aus dem Bezirk Mitte mit Stadtteilkultur für annähernd fünf Euro pro Bürger erbaut werden.

Entwicklung von Stadtteilen

Mit dem Geld für die Stadtteilkultur sollen Geschichtswerkstätten, Stadtteilkulturzentren und Stadtteilkulturprojekte gefördert werden, die der Identifizierung der Bevölkerung mit ihrem Stadtteil sowie der Entwicklung von Stadtteilen dienen. In Harburg werden die Kulturwerkstatt, das Kulturhaus Süderelbe und der Stadtteilkulturladen „Alles wird schön“ in Heimfeld sowie in sehr geringem Umfang der Moorburger „Elbdeich e.V.“ gefördert. Für das Stadtteilarchiv Süderelbe und die Geschichtswerkstatt Harburg sind keine konsumtiven Mittel im Etat. Gefördert werden sie trotzdem – aus anderen Töpfen des Bezirks.

Enno Isermann, Pressesprecher der Kulturbehörde, begründet die ungleiche Mittelverteilung aus der Historie: „Wir haben in den unterschiedlichen Stadtteilen unterschiedlich gewachsene Strukturen““, sagt er. „Das verteilt sich nicht gleichmäßig auf die Bezirke. Wir können ja nicht Kultur von oben verordnen.“

Der Rechnungshof lässt dieses Argument nur bedingt gelten: „Das Vorbringen der Behörde läuft darauf hinaus, etablierte Einrichtungen ohne Festlegung von Kriterien und ohne systematische, vergleichende Bedarfserhebung zu schützen. Dies stellt einen Verzicht auf eine fachpolitische Entwicklung dar und ist darüber hinaus unwirtschaftlich.“ heißt es im Bericht.

"Kein Bedarf?"

Dass es in Harburg keinen Bedarf gibt, kann Jürgen Havlik vom Kulturladen „Alles wird schön“ nicht bestätigen: „Da müssen wir nicht mal in großen Projekten denken, das geht schon mit ganz praktischen Kleinigkeiten los, wie dem Raumbedarf“, sagt er. „Wenn sich bei uns eine Gruppe trifft, kann keine zweite parallel arbeiten.“

Anderen etwas wegnehmen möchte er aber nicht. „Alle Stadtteilkulturzentren in Hamburg leisten wertvolle Arbeit“, sagt Havlik, „man kann nicht um der Gerechtigkeit willen jetzt bei einem anderen die Mittel kürzen. Der gesamte Etat muss erhöht und dann gerechter verteilt werden. In geringem Maß ist das ja gerade geschehen. Davon brauchen wir mehr.“

Tatsächlich hat die Kulturbehörde den Stadtteilkulturetat 2017 erstmals seit 2009 erhöht, um 400.000 Euro. 2018 kommen noch einmal 400.000 hinzu. Diese Gelder werden tatsächlich im Pro-Kopf-Verfahren an die Bezirke verteilt.

Die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung nimmt den Rechnungshof-Rüffel zum Anlass für einen Antrag. Die Christdemokraten fordern, „die Benachteiligung des Bezirks Harburg bei der Kulturförderung endlich zu beseitigen und auch in Harburg bedarfsorientiert geplant werden kann.“

Mehr Geld

Der Stadtteilkultur-Etat ist mit zwei Prozent des Kulturhaushalts – der übrigens der kleinste Behördenhaushalt Hamburgs ist – seit Jahren in ganz Hamburg nicht auskömmlich. Es gibt jedoch weitere Geldquellen. Der Harburger Rieckhof wird zum Beispiel aus dem Topf für Bürgerhäuser finanziert. Andere Projekte erhalten Geld aus Quartiersfonds der Stadtentwicklung oder aus anderen Sondermitteln, die gerade frei werden.