Harburg. Beim dritten Treffen der Geschichtswerkstatt stehen die Industrialisierung sowie der Zweite Weltkrieg und seine Folgen im Vordergrund.
Die erste Werft auf der Schlossinsel, Brauereien und Kneipen, aber auch die Wirren und Folgen des Zweiten Weltkriegs waren Thema beim dritten Treffen der Geschichtswerkstatt Harburg in der Fischhalle im Binnenhafen. Seit Jahresbeginn treffen sich dort monatlich Zeitzeugen zum Harburg-Klönschnack und erzählen aus der ihrer Vergangenheit.
Peter Weise und Paul-Hermann Korsen erinnerten sich an die Zeiten, als in der Harburger Innenstadt noch Bier gebraut wurde. 1853 gründete der Halberstädter Bierbrauer Ulrich am Harburger Schwarzenberg eine Brauerei, die 1885 zur Harburger Actien-Brauerei geworden ist. 1920 wurde sie an die Bavaria-St.Pauli-Brauerei verkauft. „Als Kind bin ich öfter zur Brauerei am Schwarzenberg gelaufen und bekam dort eine Laterne mit dem Astra-Schriftzug“, sagt Weise. Das Bier sei im Kellergewölbe im Schwarzenberg gelagert worden, erzählt der Harburger – „der ganze Schwarzenberg ist unterhöhlt“.
Korsen erzählt von der Brauerei Hastedt. Unterhalb der „Schwarzenberg Villa“ (Buxtehuder Str. 35, Baujahr 1889) legte der Braumeister um 1830 einen Eiskeller an, um das im Winter aus der Elbe geschlagene Eis bis zum Sommer zu lagern. Lange war der Keller vergessen. Erst, als in den 1990er Jahren vor dem Haus ein Parkplatz gebaut wurde, stieß man beim Abtrag des Hanges wieder auf das Gewölbe. Wegen eines Wassereinbruchs musste es wieder 2007 geschlossen werden. „Als Hastedt seine Brauerei am Kleinen Schippsee aufgab, machte er den Vertrieb für die Brauerei an der Schwarzenbergstraße. Und er legte einen Weinkeller an, von dem man sagte er sei der größte in ganz Preußen.“
Kirsten und Günter sammeln gerade Informationen zur Schlosswerft, der Vorgängerin der Jöhnkwerft auf der Schlossinsel.... Ersten Weltkrieg überstanden, aber durch die Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren zugrunde gegangen.
Der nachfolgende Zweite Weltkrieg hinterließ Teile Harburgs als Trümmerlandschaft. Christa Demel erzählt von der Bombardierung Harburgs am 25. Oktober 1944.Sie war damals zehn Jahre alt. Sie zusammen mit ihrer Schulklasse und getrennt von ihren Eltern in einem Dorf in der Heide. Auf dem dortigen Schulweg erlebte sie einen Tieffliegerangriff, bei dem sie sich im Straßengraben verstecken musste. Aufgrund dieser Ereignisse nahmen ihre Eltern sie zurück nach Hause in die heutige Julius-Ludowieg-Straße (damals Lindenstraße).
Die Bombardierung Harburgs begann am Mittag vom 25. Oktober. Christa Demel wollte mit ihren Eltern ihre Schwester im Krankenhaus besuchen. Ihr Bruder war als Soldat im Krieg. Es kam jedoch zum Bombenalarm, sodass sie in den Keller flüchteten. Bei der Bombardierung wurde das gesamte Viertel um die heutige Julius-Ludowieg-Straße und die Marienstraße durch Phosphorbomben zerstört.
Die Häuser brannten lichterloh, weil sie aus Holz gebaut waren. Zudem war das Gefährliche bei den Phosphorbomben, dass das Feuer nicht gelöscht werden konnte und dass das Phosphor im Treppenhaus bis in den Keller hinunter lief. Die Flucht von Christa Demel und ihren Eltern aus dem Keller ihres Hauses führte über Notwege durch einen benachbarten Keller bis in den Garten des Hinterhauses. Über eine Mauer kam sie mit ihren Eltern in die noch stehende katholische Schule, in der sie drei Tage im Keller verbrachte. „Im Keller waren vor allem Frauen, Kinder und Ältere“, erzählt sie. Für sie sei nach diesen Ereignissen ihre Jugend vorbei gewesen. „Es gab nichts mehr zu lesen oder zu spielen und auch keine Schule mehr.“
Beim Klönschnack ging es auch um die Nissenhütten der Nachkriegszeit, die es an drei Standorten in Harburg gab. Einer davon war am Hastedtplatz. Teilweise standen sie bis Anfang der 1960er Jahre. Ein Überbleibsel ist noch heute am Hastedtplatz zu finden: Die Bewohnerin einer Nissenhütte pflanzte dort zwei Pappeln. Als die Nissenhütten abgerissen wurden, war der Hastedtplatz zunächst ein großer Sandplatz. Am Hastedtplatz gab es außerdem einen Kiosk, bei dem die Kinder Süßigkeiten kauften. Dort, wo später das Haus der Jugend gebaut wurde, stand vorher ein Verwaltungsgebäude der Chemiefabrik Staßfurt, welches in der Nachkriegszeit Sitz einer Wohnungsgesellschaft war.
Klaus Barnick will im April einmal mit den Treffen aussetzen: „Ab Mai wollen wir mit Themenschwerpunkten arbeiten. Geplant ist ein einführender Kurzvortrag mit anschließender Diskussion.“
Hinweis: Die Geschtswerkstatt freut sich über weitere Erzählungen und Bildnisse aus der Harburger Geschichte. Zeitzeugen können sich dienstags... oder per E-Mail an info@geschichtswerkstatt.de