Meckelfeld. Die Gemeinden Seevetal, Neu Wulmstorf und Rosengarten haben die schlechteste Versorgung mit Allgemeinmedizinern

Einwohner im Landkreis Harburg klagen über fehlende Hausärzte und lange Wartezeiten. Insbesondere in den nördlichen Gemeinden des Landkreises in direkter Nachbarschaft zu Hamburg gibt es Engpässe bei der Versorgung: Neu Wulmstorf, Seevetal und Rosengarten. Dort liegt der Versorgungsgrad aktuell bei 84,6 Prozent. In der Branche gilt das zwar nicht als Unterversorgung, aber für die Einwohner macht sich das Defizit dennoch bemerkbar.

Sie verbringen manchmal Stunden in den Wartezimmern. Auch Rüdiger Quandt, Hausarzt aus Meckelfeld, hat alle Hände voll zu tun, die steigende Zahl der kranken Menschen in seiner Praxis zu versorgen. Jedes Jahr bekommt er rund 100 neue Patienten hinzu. Zurzeit behandelt er pro Quartal mehr als 2000 Patienten. Um die gestiegene Zahl bewältigen zu können, ist die naheliegende Lösung, mehr Ärzte einzustellen.

Doch das ist besonders in ländlichen Regionen nicht so einfach. „Die Zahl der Interessenten ist viel zu gering. Überall im Landkreis Harburg wird gesucht“, sagt Quandt. Und es wird noch schlimmer kommen, wenn erst einmal die Ärzte aus der Babyboomergeneration in Rente gehen. „Wir haben einen relativ hohen Altersschnitt bei den Medizinern und schon jetzt fast 30 freie Plätze“, sagt Reiner Kaminski, Sozialdezernent im Landkreis Harburg. „Ich sehe den Versorgungsgrad relativ kritisch, auch wenn es sich noch nicht um eine Unterversorgung handelt.“

Um mehr Mediziner aufs Land zu holen und gegen den Hausarztmangel vorzugehen, hat Kaminski vor sechs Jahren das bundesweit einmalige Programm „Stadt Land Praxis“ aufgelegt. Daran beteiligt sich auch der Hausarzt Rüdiger Quandt. Erste Erfolge gibt es schon. Sowohl die Ärztin Caroline Faure als auch die Weiterbildungsassistentin Frederike Mundt wurden mit Hilfe des Programms auf ausgeschriebene Stellen in der Praxis von Rüdiger Quandt aufmerksam.

Dass angehende Mediziner wie Frederike Mundt einen Teil ihrer Ausbildung zur Allgemeinmedizinerin auf dem Land ableisten, ist eine Ausnahme. In der Regel zieht es die Ärzte in die Stadt. „Die meisten meiner Kollegen gucken erstmal in den Hamburger Praxen nach Stellen für Weiterbildungsassistenten“, sagt Frederike Mundt. Sie hat sich für die Landpraxis entschieden, auch wegen des ganzheitlichen Ansatzes.

Zunehmende Patientenzahlen und gestiegene Ansprüche an geregelte Arbeitszeiten zählen zu den Herausforderungen, die Mediziner auf dem Land künftig zu meistern haben. Auch aus Gründen der Work-Life-Balance entscheiden sich angehende Ärzte oft lieber für einen Arbeitsplatz in der Großstadt. Die langen Öffnungszeiten bis 19 Uhr bei Rüdiger Quandt fordern ihren Tribut. Oft kommt Frederike Mundt nicht vor 20 Uhr aus der Praxis. „Das muss in Zukunft besser werden“, räumt Quandt ein.