Harburg. Vertreter des Erzbistums besuchten das katholische Gymnasium. Wird es sogar schon in fünf Jahren dicht gemacht?

Das Interesse war groß. Rund 300 Gäste zählte Winfried Rademacher, Leiter des katholischen Niels-Stensen-Gymnasiums, am Dienstagabend in der Turnhalle an der Barlachstraße. Sie alle, Eltern, Lehrer sowie einige Oberstufenschüler, waren gekommen, um von den Vertretern des Erzbistums, allen voran Generalvikar Ansgar Thim, zu hören, was es auf sich hat mit der Schließung „ihres“ Gymnasiums. Und wohl auch, um sich Luft zu machen, zu erzählen von der eigenen Empörung und dem Verlust des Vertrauens in das Bistum und die Kirche. „Die Elternschaft war eher kämpferisch als resignativ“, sagt Schulleiter Winfried Rademacher am Morgen danach.

Klar sei für ihn spätestens seit diesem Abend allerdings auch, dass das Ende des Niels-Stensen-Gymnasiums unumstößlich ist: „Da mache ich mir keine Hoffnung mehr.“ In den Fokus rückt deshalb jetzt die Frage, wie die Schule abgewickelt wird. Und die Forderung, die sich daraus vordringlich für die Eltern ergibt: „Wir wollen das Abi für alle“, sagte Elternratsvorsitzender Matthias Mittag gestern. Diesen Wunsch hätten die Eltern Generalvikar Thim und Christopher Haep, dem Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Erzbistums, mit Nachdruck ans Herz gelegt. Beide hätten zugesagt, ihre Entscheidung in dieser Frage bei der in gut einer Woche anstehenden Schulkonferenz mitzuteilen.

Aktuell besuchen rund 500 Schüler das katholische Gymnasium. Hinzu kommen weitere 100 der umliegenden Stadtteilschulen (Bonifatius Wilhelmsburg, Katholische Schule Harburg und Neugraben), die zusammen mit den Gymnasiasten die Oberstufen-Kurse belegen: „Das ist einmalig in ganz Hamburg und überaus erfolgreich“, sagt Rademacher.

Am 18. Januar hatte das Erzbistum die Leiter der 21 katholischen Schulen in Hamburg über die Schließung von bis zu acht Schulstandorten informiert. Zu den Schulen, die keine neuen Schüler mehr aufnehmen dürfen, gehören neben dem Harburger Gymnasium auch St. Marien in Ottensen, Franz von Assisi in Barmbek, die Katholische Schule Altona und die Domschule. Die Katholischen Schulen Harburg und Neugraben sowie die Sophienschule in Barmbek haben noch eine Schonfrist von einem Jahr, innerhalb der nach einer alternativen Lösung zur Schließung gesucht werden soll.

Am Niels-Stensen-Gymnasium gehe es jetzt hingegen allein darum, zu erreichen, dass das Versprechen von Erzbischof Stefan Heße eingehalten werde, sagt Rademacher. Der habe garantiert, dass jedes Kind seinen ursprünglich angestrebten Schulabschluss auch machen könne. „In unserem Fall bedeutet das: Abi am Niels-Stensen-Gymnasium, und zwar für alle“, sagt Matthias Mittag, der wie die große Mehrheit der Elternschaft unbedingt verhindern will, dass die jüngeren Jahrgänge nach Klasse 10 die Schule wechseln müssen, um ihr Abi zu machen. Je nachdem wie das Erzbistum in dieser Frage entscheidet, wird das Niels-Stensen-Gymnasium nach fünf oder erst nach sieben Jahren dicht gemacht.

Angesichts der unsicheren Zukunft erreichen Schulleiter Rademacher immer wieder Anfragen vor allem von Eltern der Schüler aus den Klassen 5 bis 8, die nicht wissen, ob sie ihr Kind abmelden sollen oder nicht: „Viele sind in Wartestellung“, sagt Rademacher. Bislang habe es aber erst drei Abmeldungen gegeben. „Ich spüre ein ganz, ganz großes Gefühl von Solidarität“, sagt er: „Das Vertrauen in die Schule ist groß.“

Vorerst bleiben sie also mehrheitlich bei der Stange, Schüler ebenso wie die gut 50, größtenteils jungen Lehrer („Die meisten sind eher unter als über 40 Jahre alt“). Das Niels-Stensen-Gymnasium ist für Rademacher keine Schule wie andere. Einige der Oberstufenschüler hätten das beim Infoabend auch dem Generalvikar persönlich gesagt. „Ich bin glücklich hier“, zitiert Rademacher eine Schülerin. Er selbst sagt: „Was wir hier haben, ist etwas Besonderes, nicht nur auf der fachlichen, auch auf der Beziehungsebene.“