Die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg ist Hamburgs erste Partnerschule des Leistungssports. Die Schüler erhalten bis zu sieben Stunden Training pro Woche zusätzlich.

Auf dem Mountainbike rollt Mark Osnowski langsam über den Schulhof. Radtraining in den Harburger Bergen steht am späten Vormittag auf dem Stundenplan. Eigentlich ist er Fußballer. Der 18-Jährige aus Eversen-Heide könnte zwar noch A-Jugend spielen, steht aber bereits bei den Herren des FC Süderelbe in der höchsten Hamburger Spielklasse im Tor. Auffallend viele Fußballtalente besuchen diese Schule.

14 und 15 Jahre alte Jungen und auch Mädchen, die für den Hamburger SV, den FC St. Pauli oder den VfB Lübeck spielen. Das ist kein Zufall, denn die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg, in Anspielung an den Weltfußballverband scherzhaft „FiFa“ genannt, ist Hamburgs erste Partnerschule für den Nachwuchsleistungssport.

Im Sommer 2017 hatten Schulbehörde, Sportbehörde, Hamburger Sportbund und der Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein ein neues System zur Förderung von jungen Leistungssportlern vereinbart. In jedem der sieben Hamburger Bezirke soll eine Partnerschule des Nachwuchsleistungssports entstehen. Diese Schulen ermöglichen es Talenten, ihr Training und Schulunterricht zu vereinbaren. Zum Beispiel, in dem sie spezielle Sportklassen besuchen.

Jens Bendixen-Stach, Abteilungsleiter Sportprofil, zeigt das von Schulsenator Ties Rabe unterzeichnete Prädikat: Partnerschule des Nachwuchsleistungssports
Jens Bendixen-Stach, Abteilungsleiter Sportprofil, zeigt das von Schulsenator Ties Rabe unterzeichnete Prädikat: Partnerschule des Nachwuchsleistungssports © Thomas Sulzyc | Thomas Sulzyc

Hamburgs erste Schule dieses Typs ist die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg im Bezirk Harburg, mit 1595 Schülern die drittgrößte Schule der Stadt. Etwa 250 Jungen und Mädchen gehören dem Sportprofil an, das mit dem blauen Sporthaus seinen baulichen Ausdruck findet. Hier sind die Sportklassen untergebracht. Bis zu sieben Sportstunden in der Woche und zusätzlich Kurse zum Beispiel im Tennis, Triathlon oder Mountainbiken umfasst die schulische Talentförderung.

„Das Sportprofil wirkt sich auch auf die anderen Schüler aus“, sagt Jens Bendixen-Stach. Zum Beweis deutet der Pädagoge für übergeordnete Aufgaben während der Pause auf den Schulhof. Jungen und Mädchen bolzen oder werfen Bälle. Kaum jemand, der sich nicht bewegt. Die Schule scheint den Sport zu leben.

Zuckerhaltige Cola oder Chipstüten sieht der Beobachter nicht auf dem Schulhof. Dafür Vollkornbrötchen, Quarkaufstrich und Gemüsedips in der Mensa. Die Sportförderschule achtet auf gesunde Ernährung. Süße Franzbrötchen liegen nicht auf dem Frühstückstisch.

Jens Bendixen-Stach trägt eine wetterfeste Jacke des Hamburger Fußballverbandes. Er war selbst ein Klasse­kicker im oberen Amateurbereich und spielt heute Golf. Zur Begrüßung serviert er Kaffee in Tassen, die das Emblem des Hamburger SV tragen. „Wir tragen hier die Raute im Herzen“, sagt er. Seit dem Jahr 2004 ist die damalige Schule Am Falkenberg Kooperationspartner des HSV. Der frühere HSV-Mittelfeldstar Rodolfo Esteban Cardoso hat Schultrainings geleitet.

Die Stadtteilschule Fischbek Falkenberg, hier der Eingang am Heidrand, ist die drittgrößte Schule Hamburgs
Die Stadtteilschule Fischbek Falkenberg, hier der Eingang am Heidrand, ist die drittgrößte Schule Hamburgs © Thomas Sulzyc | Thomas Sulzyc

Heute übernimmt der frühere Bundesligaspieler Christian Rahn diese Aufgabe. Partnerschulen des Nachwuchsleistungssports haben mit leistungssportorientierten Vereinen aus der Region zu kooperieren. Im Falle der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg ist es die Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft, mit 5000 Mitgliedern einer der größten Sportvereine Hamburgs.

Nicht alle talentierten Fußballer, die in Neugraben-Fischbek leben oder gewohnt haben, landen beim Hamburger SV oder dem FC St. Pauli. Matti Cebulla, Jahrgang 2002, lebt mittlerweile in dem hochgelobten Internat des Bundesligisten RB Leipzig. Die Partnerschule des Nachwuchsleistungssports fördert jedoch nicht nur Fußball.

Stolz zeigt Jens Bendixen-Stach auf eine Urkunde, die an das Glas einer noch übersichtlichen Trophäenvitrine geklebt ist. Im vergangenen Jahr haben Leichtathleten vom Falkenberg bei den 13 und 14 Jahre alten Jungen im Bundesfinale in Berlin den sechsten Platz belegt. „Als beste westdeutsche Schule“, betont Jens Bendixen-Stach.

Lizenzierte Trainer der Verbände und Sportvereine leiten zusammen mit Sportlehrern das Training. Manchmal erhalten Spitzensportler an der Schule Einzeltraining. André Thurm ist Trainer am Leistungszentrum des Damen-Volleyball-Zweitbundesligisten VT Hamburg, der in Neugraben seine Heimspiele austrägt. In der vor drei Jahren gebauten Störtebekerhalle am Falkenberg sichtet und fördert er Talente.

Die jungen Talente absolvieren ein gewaltiges Pensum

Tamara Hennig (14) und Henrike Oelkers (15) sind über den Sportunterricht an der Schule zur VT Hamburg gestoßen. Fünf Stunden zusätzliches Volleyball-Training pro Woche bietet ihnen die Partnerschule des Nachwuchsleistungssports.

Dazu kommen drei Trainingseinheiten pro Woche bei ihrem Verein und ein Meisterschaftsspiel am Wochenende. Weiter absolvieren die jungen Talente an Wochenenden Lehrgänge des Volleyballverbandes. Ein gewaltiges Pensum.

Volleyball bildet den Lebensmittelpunkt der beiden Teenager. „Manchmal fällt es weniger leicht, sich zum Training aufzuraffen. Aber durch den Leistungssport hat man mehr Disziplin als andere“, sagt Henrike Oelkers. Dass ein Bundesligist im Stadtteil beheimat ist, sei zusätzlich ein Anreiz. Die schulischen Leistungen leiden nicht unter dem Trainingspensum.

Beide Mädchen seien gut organisiert und hätten das Zeug zum Abitur, sagt ihre Klassenlehrerin. Die Lehrer achten darauf, dass die Leistungssportler am Montag keine Tests und Klausuren schreiben. „Sonst gehen sie mit einem Grummeln in den Wettkampf am Wochenende und zum Wochenstart in die Schule. Das wollen wir vermeiden“, sagt Jens Bendixen-Stach.

70 Prozent der Leistungssportler haben eine Gymnasialempfehlung. Die Nachfrage nach einem Platz im Sportprofil ist groß: Mehr als 100 Jungen und Mädchen haben die Tests absolviert, um im Schuljahr 2018/19 einen der insgesamt 40 Plätze in den beiden neuen Sportklassen zu erhalten.

Zwei zusätzliche Plätze hält die Partnerschule des Nachwuchsleistungssports offen. „Falls noch eine echte Granate kommt“, sagt Jens Bendixen-Stach.

Sportförderung

Die schulische Förderung von Nachwuchsleistungssportlern wurde in Hamburg im Sommer 2017 neu organisiert.

Als Partnerschule des Spitzensports leistet die Stadtteilschule Alter Teichweg auf höchstem Niveau die Begabungsförderung. Sie ist an den Olympiastützpunkt angebunden. Schwerpunktsportarten sind Volleyball, Hockey, Rudern und Schwimmen. Im Idealfall wechseln die aussichtsreichsten Sporttalente auf diese Schule.

Die Eliteschule des Fußballs ist ein Prädikat, dass der Deutsche Fußball Bund verleiht. In Hamburg ist es der Verbund aus Stadtteilschule Am Heidberg und Gymnasium Heidberg.

In den sieben Bezirken Hamburgs soll jeweils eine Partnerschule des Nachwuchsleistungssports entstehen. Diese Schulen helfen Talenten, Unterricht und Sport zu vereinbaren. Erste Schule dieses Typs ist die Stadtteilschule Fischbek Falkenberg im Bezirk Harburg.

Förderung: 35.000 Euro zusätzlich pro Jahr erhält die Stadtteilschule Fischbek Falkenberg für eine Dreiviertel-Lehrerstelle.