Winsen. Winsen beginnt mit Neugestaltung der Innenstadt. Wettbewerb für Architekten startet. Jury kürt Siegerentwurf im September.

Das Jahr 2018 wird das Jahr für Winsens neue Innenstadt. „Es werden zwar noch keine Bagger rollen, aber wir werden zum Jahresende ein klares Bild davon haben, wie es künftig in der Stadt aussehen wird“, sagte Bürgermeister André Wiese im Gespräch mit dem Abendblatt.

Der Bereich um die Rathaus- und Marktstraße sowie den Kirchplatz, die weitgehend Fußgängerzone sind, ist nicht nur das erste, sondern auch das zentrale Projekt im Bereich der Städtebauförderung unter dem Titel „Winsen 2030.“ Insgesamt sollen neun Millionen Euro an Fördergeldern von Bund, Land und der Stadt fließen, von denen auch private Investoren profitieren können (siehe Infokasten). Wiese geht davon aus, dass über den Siegerentwurf für den jetzt anlaufenden städtebaulichen Wettbewerb im September entschieden wird.

Gestützt wird das Projekt durch ein Entwicklungskonzept, in das Ideen der Bürger einflossen, und die erfolgreiche Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm von Land und Bund im Frühjahr 2016. Den im Laufe des Jahres 2017 erstellten und abgestimmten Rahmenplan für die Innen- und Altstadt hatte der Rat kurz vor Weihnachten beschlossen. Umstritten blieb, ob die City der Kreisstadt künftig autofrei sein soll.

Ein Preisgericht entscheidet über den besten Entwurf

Alles hängt nun vom Wettbewerb der Landschaftsarchitekten ab, der noch im ersten Quartal formal europaweit bekanntgegeben wird. „Drei Büros werden gesetzt, neun weitere Plätze unter den Bewerbern ausgelost“, sagt Wiese. Die Experten sollen ihre Pläne bis zum Frühsommer entwickeln. Eine erste Prüfung wird das Bremer Planungsbüro BPW Baumgart und Partner vornehmen, das im Auftrag der Stadt den Wettbewerb betreut und organisiert. Endgültig entscheiden über den Sieger wird ein 13-köpfiges Preisgericht, das jetzt zusammengestellt wird.

Sieben Fachpreisrichter der Jury müssen Architekten sein. Zwei dieser Mitglieder wird die Verwaltung stellen. Einer von ihnen ist Stadtplaner Alfred Schudy. Sechs Sachpreisrichter werden das Gremium komplettieren. Sie wird der städtische Sanierungsbeirat bestimmen, zu dem Vertreter der Wirtschaft, Anlieger, der Fahrradclub, die Polizei sowie Politiker aller im Rat vertretenen Parteien gehören. Wiese, der auch im Beirat sitzt, dürfte der Jury sicher angehören. „Ich werde mich jedenfalls bewerben“, sagt er.

Nach der Entscheidung der Jury soll der prämierte Entwurf im November wahrscheinlich im Rathaus öffentlich ausgestellt werden. Der Stadtrat wird, voraussichtlich in der Märzsitzung 2019, das letzte Wort haben. Dann soll sich das Bild der Innenstadt rasch verändern.

Klar ist jedoch: Die Büros sind bei der Planungen nicht völlig frei. Vielmehr gelten für den Wettbewerb Vorgaben und Entwicklungsziele. Zu ihnen gehören Forderungen wie die Barrierefreiheit in der Innenstadt, ein Pflaster, das auch für 40 Tonnen schwere Lkw geeignet ist, und eine Ausstattung, die den Pflegeaufwand in Grenzen hält.

Beim Grünkonzept dürfen zwar einzelne Bäume fallen. „Der grüne Charakter soll aber erhalten bleiben“, heißt es dazu. Winsen legt Wert auf das Thema Wasser und will deshalb die Lage der Stadt an den Flüssen Elbe, Luhe und Ilmenau stärker betonen.

Zum Thema Verkehr heißt es: „Fußverkehr hat Vorrang vor weiteren Teilnehmern.“ Die Parkplätze am Kirchplatz und an der Marktstraße sollen „behutsam und begründbar“ reduziert werden. Dennoch plädiert Bürgermeister Wiese dafür, auch künftig für Autos sowohl die Durchfahrt über die Eckermannstraße in Richtung Rathaus als auch über die Nordertorstraße in Richtung Kirchplatz zuzulassen.

Diskussion über eineautofreie Innenstadt

„Wenn wir die Durchfahrt an der Nordertorstraße außer für Anlieger sperren, wird sich dadurch nichts ändern“, begründet der Bürgermeister sein e Auffassung. „Lieferanten und Kunden der ansässigen Geschäfte oder Patienten auf dem Weg zum Gesundheitszentrum könnten trotzdem passieren. Schließlich können sie alle Anliegen vorweisen.“

Wer die Zufahrt zur Innenstadt sperren wolle, müsse auch über eine neue Trasse dorthin nachdenken. „Die ist aber im Verkehrskonzept nicht vorgesehen.“ Alternativ lasse sich die Durchfahrt so planen, dass Autofahrer „intuitiv“ vom Gas gehen würden. Zumal wenn in einer attraktiveren Innenstadt mehr Fußgänger unterwegs wären. Auch die bislang eher verstreuten Parkplätze in der Innenstadt stünden zur Diskussion, räumt Wiese ein. Hier soll der Wettbewerb ebenfalls Lösungen aufzeigen. Ein Innenstadt-Parkhaus als Ersatz wird aber vorerst wohl kaum und vor allem nicht rasch zu verwirklichen sein.

„Die Städtebauförderung und der Wettbewerb bringen die Chance, einen Blick auf die Stadt zu werfen“, sagt Wiese. Auch die existierende Innenstadt war das Ergebnis eines Wettbewerbs, allerdings von Anfang der 90er-Jahre. „Es ist wie in einer guten Stube eines Hauses“, sagt Wiese. „Nach knapp 30 Jahren müssen wir schauen, wo wir uns wohlfühlen und was wir verändern wollen.“

Fördergeld auch für private Investoren

Für die Winsener Innenstadt steht in den kommenden Jahren Fördergeld für die Modernisierung und Instandsetzung an privaten Wohn- und Geschäftsgebäuden bereit. Damit soll das Ortsbild der Kreisstadt erhalten und verbessert werden. Ein Rechtsanspruch auf die Mittel besteht jedoch nicht.

Die Höhe der Förderpauschale beträgt 30 Prozent. Bei Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gilt eine Kostenobergrenze von 300 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche.

Der Fördersatz für Maßnahmen, mit denen das Wohnumfeld, Innenbereiche und Höfe oder die Aufenthaltsqualität auf Grundstücken verbessert wird, liegt ebenfalls bei 30 Prozent der Kosten. Die Obergrenze hier: 60 Euro pro Quadratmeter.

Die Förderung können Privatpersonen, Eigentümergemeinschaften, kleine und mittlere Unternehmen, Unternehmen der Wohnungswirtschaft sowie Vereine, Verbände und gemeinnützige Stiftungen erhalten.

Gezahlt werden die Zuschüsse als Anteil der förderfähigen Kosten. Die Stadt kann auch zinsverbilligten Darlehen gewähren. Dies ist vor allem für überwiegend gewerblich genutzte Gebäude vorgesehen.

Die Baumaßnahmen dürfen erst nach Abschluss des Modernisierungs-­ und Instandsetzungsvertrages begonnen werden. Die Förderrichtlinie ist seit dem Beschluss des Stadrats kurz vor Weihnachten in Kraft. Sie gilt zunächst befristet für zwei Jahre.