Harburg/Winsen . Politiker in Bezirk und Landkreis sind für weitere Gespräche mit der Union – 100 neue Parteimitglieder.

Vor dem Sonderparteitag der SPD am Sonntag in Bonn befürworten Sozialdemokraten im Bezirk und Landkreis Harburg den Eintritt in die Koalitionsverhandlungen. Dies gilt, obwohl es durchaus Kritik an den Inhalten des Sondierungspapiers gibt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Abendblatts bei führenden Kommunalpolitikern vor Ort. Am Wochenende sollen 600 Delegierte bei einem Sonderparteitag darüber entscheiden, ob die Sozialdemokraten nach den Sondierungen weiter mit der CDU über eine Große Koalition (GroKo) verhandeln sollen.

„Das Ergebnis der Sondierungsgespräche ist zwar nicht zufriedenstellend, kann aber als Basis für die Koalitionsverhandlungen dienen“, sagte Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg. Ob er eine GroKo – die auch im Bezirk Harburg regiert – letztlich befürworten oder ablehnen wird, hängt vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen ab: „Darüber jetzt zu sprechen, wäre reine Spekulation.“

Auch Frank Richter, der Vorsitzende des SPD-Kreises Hamburg-Harburg, ist mit dem Sondierungsergebnis unzufrieden. Ihm fehlt „der große Wurf – den hatten wir zuletzt mit der Mindestrente.“ Zwar stünden in dem Papier sehr gute Dinge, wie die Grundrente und die Möglichkeit, dass der Bund zukünftig Geld für Investitionen in Schulen zur Verfügung stellen könne.

Auch Maßnahmen zur Aktivierung von Langzeitarbeitslosen seien begrüßenswert. Doch Richter kritisiert, dass viele Themen in Arbeitsgruppen verlagert wurden. „Zur Rente und Pflege wurden Kommissionen gebildet, und es gibt einen Prüfauftrag zur Leiharbeit. Ich hoffe, dass diese unkonkreten Punkte in den Koalitionsverhandlungen konkretisiert werden, sowohl inhaltlich als auch bezüglich des Zeitrahmens. Die Leute wollen wissen, wo es hingeht.“

Was bislang verhandelt wurde, überzeuge ihn noch nicht, urteilt Richter. „Am Ende werden die SPD-Mitglieder darüber entscheiden, ob es eine große Koalition geben wird.“ Die SPD will alle 440.000 Mitglieder entscheiden lassen. Derzeit dürfte dafür ein Termin Ende März realistisch sein.

„Das Sondierungspapier eröffnet Chancen, weitere Koalitionsverhandlungen zu führen. Es enthält viele sozialdemokratische Inhalte“, sagt Tobias Handtke, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag. Seine Zustimmung zur Groko hänge davon ab, welche Ziele sich erreichen ließen. „Als Kommunalpolitiker bin ich da pragmatisch.“

Für Handtke kommt es wie für Frank Richter darauf an, dass der Bund künftig bei der Kinderbetreuung und der Finanzierung von Schulen helfen dürfe, ohne dass die Länder ihre Bildungshoheit abgeben müssten. „Wir wollen mittlere und kleine Einkommen entlasten und die Beiträge zur Krankenversicherung sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wieder in gleicher Höhe zahlen.“ Derzeit entrichten Arbeitnehmer einen Zuschlag. „Wir müssen schauen, ob die Vereinbarungen reichen, den Weg mit der CDU zu gehen.“

Thomas Grambow, der SPD- Unterbezirksvorsitzende Landkreis Harburg, hat die Stimmung in der Partei am Montag auf Kreisebene und zuvor mit der Bundestagsabgeordneten Svenja Stadler auf Landesebene in Hannover getestet. Nach seiner persönlichen Einschätzung dürfte sich in der Diskussion über die Möglichkeiten der SPD eine steigende Mehrheit für die Koalitionsverhandlungen ergeben.

„Wir müssen bis zum Schluss verhandeln und dann sehen, was geht und was nicht“, sagt Grambow. „Dann können alle gemeinsam abstimmen. Das verhindert eine Spaltung in der Partei“, so der Unterbezirks-Chef am Mittwoch vor weiteren Gesprächen mit Parteimitgliedern in Nenndorf.

Insgesamt ist die Zahl der Sozialdemokraten im Landkreis innerhalb eines Jahres um rund 100 gestiegen. So zählt der Unterbezirk jetzt wieder 1200 Mitglieder. „Jeden Tag haben wir derzeit zwei bis drei Neueintritte“, freut sich Grambow.

Die Mitglieder des DGB Kreisverbandes Lüneburg-Harburg Land halten dagegen die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD schlicht für unzureichend und plädieren dafür, nun über wesentliche Punkte neu zu verhandeln. „Die zukünftige Bundesregierung muss spürbar mehr für die soziale Gerechtigkeit in unserem Land tun“, so der stellvertretende DGB-Kreisvorsitzende, Lennard Aldag.

Sollten Nachverhandlungen nicht möglich sein, fordert der DGB die lokalen Delegierten der SPD aus den Landkreisen Lüneburg und Harburg auf, einer neuen Großen Koalition im Bund nicht zuzustimmen.