Harburg. Die Keimzelle der TUHH liegt im Binnenhafen. Dann wuchs sie in die Harburger Innenstadt – und dort über sich hinaus.
Für die Technische Universität wird 2018 ein besonderes Jahr: Die Hamburger Politik entscheidet Ende Januar über die finanzielle Basis für das anvisierte Wachstum um rund 30 Prozent bis 2030. Im Februar tritt mit dem niederländischen Informatiker Ed Brinksma der sechste Präsident sein Amt an, und im Mai feiert die Harburger Institution ihr 40-jähriges Bestehen.
Im Harburger Binnenhafen nahm die Hochschule einst ihre Arbeit auf. Sehr schnell brauchte sie mehr Platz, und der heutige Campus zwischen Schwarzenberg, Denickestraße und Eißendorfer Straße entstand. Nun liegt die Zukunft der TU wieder im Binnenhafen.
Alles begann an der Harburger Schlossstraße 20. Anno 1979 bezog der Gründungsprofessor der Technischen Universität Hamburg-Harburg, kurz TUHH, Hans Günter Danielmeyer mit seinen ersten Mitarbeitern das imposante Verwaltungsgebäude der ehemaligen Harburger Pflanzenöl-Raffinerie Thörl.
Ein Jahr zuvor, konkret am 12. Mai 1978, hatte die Hamburger Bürgerschaft einstimmig das Gesetz über die Errichtung der Technischen Universität Hamburg-Harburg beschlossen – zehn Tage später folgte die offizielle Gründung der TUHH. Sie war bereits seit 1971 durch eine Enquete-Kommission der Bürgerschaft vorbereitet worden und sollte den Hamburger Süden stärken. Das tut sie nachhaltig.
Die Idee, im Süderelbraum eine Technische Hochschule zu schaffen, ist noch viel älter. 1928 verfasste der damalige Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer eine Denkschrift mit dem Titel „Die Technische Hochschule an der Niederelbe“. 40 Jahre später gab es einen erneuten Vorstoß durch fünf Naturwissenschaftler der Universität Hamburg, darunter der spätere Hamburger Wissenschaftssenator Prof. Hansjörg Sinn.
Bei der Gründung wurde der Forschung Priorität eingeräumt. Sie startete im Jahr 1980, die ersten Professoren wurden berufen. Zwei Jahre später begann der Lehrbetrieb. Dazu war ein neues, größeres Gebäude nötig: das Technikum an der Eißendorfer Straße 38. Es war das erste des heute 16 Gebäude umfassenden TUHH-Campus im Dreieck Schwarzenbergstraße, Gazettstraße und Eißendorfer Straße.
Zunächst auf 2500 Studenten ausgelegt, wuchs die TU schnell über sich hinaus. Im Campus-Bereich südlich der Denickestraße entstanden in mehreren Bauabschnitten sechs weitere Gebäude, begrünt durch eine Teichanlage im Herzen des neuen Campus. Nördlich der Denickestraße entstanden Audimax- und Bibliotheksgebäude und eine Handvoll weiterer Bauten.
2008 gab es doppelt so viele Studenten wie 1978 geplant
Schon bei ihrem 20. Geburtstag zählte die junge Universität 3800 Studierende, dazu rund 1200 Wissenschaftler, technische und andere Mitarbeiter sowie fast 100 Professoren. Und beim 30-jährigen Bestehen lag die Zahl der Studierenden mit knapp 5000 fast doppelt so hoch wie die anfänglich anvisierte Größe.
Ein Ende des Wachstums war nicht in Sicht, und so entstand zunächst das lindwurmartige Gebäude, in dem anfangs die Verwaltung untergebracht war und das parallel zur Niemannstraße den nördlichen Campus flankiert. Doch längst hatten die TU-Manager ein Auge auf den historischen Nachbarn geworfen: An der Schwarzenbergstraße stand die ehemalige Pionierkaserne leer, der Hausschwamm hatte dort das Regiment übernommen. Hier wollte der damalige TU-Präsident Edwin Kreuzer bauen.
Nachdem jahrelang darum gerungen wurde, das Gebäude zumindest teilweise zu erhalten, hatte 2009 das Hamburger Architektenbüro von Gerkan, Marg und Partner den Zuschlag bekommen, Teile des maroden Backsteinbaus aus dem Jahr 1871 zu entkernen, sie mit moderner Architektur zu verbinden und damit ein innovativ wirkendes Hauptgebäude als repräsentativen Eingang der TUHH zu gestalten.
2012 wurde das neue Gebäude feierlich eingeweiht – allerdings aus finanziellen Gründen zunächst ohne seinen Ostflügel. Der folgte im Jahr 2015. Insgesamt kostete das gut 100 Meter lange Gebäude 25,8 Millionen Euro. Vier Millionen Euro steuerten die Studenten bei: Sie finanzierten aus Studiengebühren ihr Lern-und Kommunikationszentrum, das auch maßgeblich von ihnen geplant wurde.
Inzwischen studieren rund 7700 junge Erwachsene an der TUHH. Etwa 20 Prozent von ihnen kommen aus dem Ausland, wie auch zahlreiche Gastwissenschaftler. Ein Teil der Vorlesungen wird in Englisch abgehalten, etwa die Studieninhalte des vor 20 Jahren gegründeten NIT (Northern Institute of Technology Management), an dem ausgebildete Elite-Ingenieure mit Managementaufgaben vertraut gemacht werden.
Das Wachstumspotenzial der Zukunft liegt im Binnenhafen
In Zukunft sollen noch mehr Studenten kommen. Vor allem muss die Zahl der Professoren wachsen, denn sie ist trotz des starken Anstiegs der Studierenden mit rund 100 noch immer auf dem Niveau des Jahrtausendwechsels.
Der Innenstadt-Campus ist nun komplett und steht für weiteres Wachstum nicht mehr zur Verfügung. Deshalb geht es in Zukunft zurück zu den Wurzeln. Der Harburger Binnenhafen hat sich schon heute zum zweiten TU-Campus entwickelt (intern Hafenbereich genannt). Dort sind neun Institute und Institutionen mit rund 200 Mitarbeitern angesiedelt.
Zu ihnen gehört die TU-Tochter TuTech Innovation, die in diesem Jahr wie das NIT ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Sie steht für den Know-how-Transfer von der TUHH in die Wirtschaft und stärkt damit den Süderelbraum – dies ist einer der Kerninhalte des Gründungsauftrages.
In den kommenden Jahren heißt es am Ziegelwiesenkanal „auf zu neuen Ufern“: Auf dem derzeit unbebauten Grundstück zwischen Blohmstraße und Kanal plant der Harburger Investor Arne Weber (HC Hagemann) das Technologiezentrum Hamburg Innovation Port. Es soll in mehreren Bauabschnitten Schritt für Schritt wachsen – so, wie es auch die Technische Universität plant und seit 40 Jahren praktiziert.
Die Präsidenten
Hans Günter Danielmeyer (Amtszeit: 1978–1993), Lasertechnik-Experte im Bereich der experimentellen Festkörperphysik
Hauke Trinks (1993–1999), Experimentalphysiker, passionierter Segler und Polarforscher, gestorben im Dezember 2016 in Norwegen
Christian Nedeß (1999–2005) , Fachmann für Produktionsmanagement und -technik
Edwin Kreuzer (2005–2011), leitet das Institut für Mechanik und Meerestechnik an der TUHH
Garabed Antranikian (2011 bis heute), Biologe und Experte für Mikroorganismen, die in lebensfeindlicher Umgebung siedeln.