Harburg . Logistikbericht zeigt: Es gibt im Bezirk und im Landkreis Harburg kaum mehr Raum für Neuansiedlungen der Branche.
Im Hamburger Süden sind Flächen für Logistik inzwischen sehr knapp. „Die südliche Metropolregion steht vor der Vollvermietung bei den Bestandsimmobilien“, geht aus einem Marktbericht der Realogis, einem Beratungsunternehmen für die Vermietung von Logistikimmobilien, hervor. Die Nachfrage von Unternehmen aus der Branche werde aber auch künftig nicht einbrechen, sagte Realogis-Geschäftsführer Jörg Lojewski am Mittwoch dem Abendblatt. „Die Preise für Grundstücke werden weiter steigen und auch bei den Mietpreisen für Hallen hält der Trend nach oben an.“
Wie eng die Situation sowohl im Bezirk als auch im Landkreis Harburg ist, zeigt ein Blick auf die Situation in den jeweiligen Gewerbegebieten. Nach dem Verkauf der Flächen im Harburger Stadtteil Neuland an der A1 gibt es im Bezirk kein Angebot mehr. „Wir leiden unter der Flächenknappheit vor allem bei großen Arealen“, sagt Olaf Krüger, Vorstand beim Wirtschaftsförderungsunternehmen Süderelbe AG. Selbst bei schon erstellten Hallen gibt es kaum mehr Möglichkeiten.
Grundstücke in der Metropolregion sind sehr gefragt
Die Süderelbe, an der sowohl Hamburg als auch der Landkreis Harburg beteiligt sind, hat zuletzt eine Gebiet bei Elsdorf (Kreis Rotenburg) vermarktet. Innerhalb von fünf Monaten waren alle Grundstücke vergeben. „Das habe ich so noch nicht erlebt“, sagt Krüger. Im kommenden Jahr sollen weitere 22 Hektar folgen. Nur: Der Standort gehört zwar noch zur Metropolregion ist aber 70 Kilometer von Hamburg entfernt.
Die Situation im Landkreis Harburg unterscheidet sich kaum von der im Bezirk. In Buchholz gibt es derzeit keine Gewerbeflächen mehr. „Alles weg“, sagt Stadtsprecher Heinrich Helms. Allein am Trelder Berg suche der Investor noch nach einem neuen Mieter für die 20.000 Quadratmeter Hallen der ehemaligen Arivo-Anlage, weiß Realogis-Geschäftsführer Lojewski.
In Rade an der A1 habe der Entwickler VGP die Vollauslastung der Flächen gemeldet. Allerdings bestehe, so Realogis, immerhin noch die Möglichkeit, den dortigen Firmenpark um 80.000 Quadratmeter zu erweitern. Für Winsen gilt: Im jüngsten Gewerbegebiet in Luhdorf sind nach dem Einzug von Amazon zwar noch „einige Hektar frei“, wie Stadtsprecher Theodor Peters sagt. Doch ob die Stadt bei einer Erweiterung des Geländes noch weiteres Interesse an Logistikunternehmen hat, ist allemal offen. Zumal die Lieferverkehr in diesem Bereich weiter zunehmen würden.
Kein Wunder, dass Lojewski vor dem Hintergrund des knappen Angebots empfiehlt, rechtzeitig neue Flächen auszuweisen: „Solche Prozesse dauern schließlich Jahre.“
Wie viel Logistik verkraftet die Region?
Doch Wilfried Seyer, der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Harburg, gibt zu bedenken, dass der Landkreis in den vergangenen fünf bis sechs Jahren gerade in Rade und in Luhdorf ohnehin schon extrem viele Hektar Boden bereitgestellt habe. „Wir haben für Hamburg viel gegeben, können derzeit aber kaum mehr Logistik verkraften. Zunächst müssen wir uns jetzt um die Infrastruktur kümmern“, sagt der Experte. Erst danach ließe sich wieder über neue, große Logistikfirmen sprechen.
Chancen sieht er in Thieshope an der A7, wo eine Ansiedlung möglich wäre. „Doch dort läuft noch das Planfeststellungsverfahren. Es wird über die Autobahnabfahrten und Umgehungsstraßen verhandelt. Kurz: Es gibt noch keinen abschließenden Planungsstand“, sagt Seyer. Zwar seien dort ein oder zwei Logistikfirmen möglich. „Es ist aber unsicher, ob die Politik dies will.“
Firmen sollen Jobs für Qualifizierte mitbringen
In jedem Fall befürwortet der Chef der Wirtschaftsförderung eine veränderte Ansiedlungsstrategie: „Es dürfen nicht nur Lager entstehen, sondern es müssen auch die qualifizierten Jobs im Landkreis bleiben“, sagt Seyer. Das bedeutet, dass die Firmen auch ihre Abteilungen für Innovationen etwa für die Digitalisierung oder Neuentwicklungen beim Aufzeigen von Transportketten für die Kunden ebenfalls an die Standorte bringen müssten.
Ganz ähnlich argumentiert Süderelbe-Vorstand Krüger. „Wir müssen neben Logistik auch High-Tech-Firmen ansiedeln und so einen Ausgleich in der Region schaffen“, sagt er.
Ziel müsse es dabei sein, die Wertschöpfung der Firmen, bis hin zur Gewerbesteuer über mehrere Städte und Gemeinden hinweg verteilen zu können. Nur so ließen sich Politik und Bevölkerung bei der Entwicklung mitnehmen. „Bundeslandübergreifend und interkommunal zu denken“, fordert Krüger, „ist heute ein Muss.“
Nur wie schnell sich dies selbst in einer Metropolregion umsetzen lässt, ist eine Frage, die derzeit niemand beantworten kann.