Eißendorf. Tobias Langer, neuer Schulleiter am Ehestorfer Weg, plant ein Beratungs- und Präventionszentrum.
Weht frischer Wind, gibt es mindestens zwei Möglichkeiten: die einen schließen die Fenster, andere setzen die Segel. Bezogen auf die Stadtteilschule Ehestorfer Weg lässt sich sagen: das eher behäbige Segelschiff soll in absehbarer Zeit zu einem schnittigen Klipper mutieren. Das wünscht sich jedenfalls Tobias Langer (44), der neue Leiter der Schule, der sie dazu alle ins Boot geholt hat – seine Kollegen, die Lehrer, Pädagogen und Berater ebenso wie die Eltern und, nicht minder wichtig, die Schüler.
Tobias Langer, der mit Beginn des Schuljahres Wolfgang Meyer ablöste, der sich nach 25 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat, ist keiner, der die seichten Gewässer bevorzugt. Er sucht nicht den geraden Weg, sondern die Herausforderung – und hat deshalb mit seiner neuen Position genau den Platz gefunden, den er wollte: „Diese Schule hat sich auf den Weg gemacht, sie wünscht sich Veränderung.“
Veränderungen gab es in Langers Leben schon einige. Direkt nach dem Abi absolvierte erstmal eine landwirtschaftliche Ausbildung. Danach lebte er in einer Lebensgemeinschaft, zu der auch behinderte Menschen gehörten, auf einem Bio-Hof. Danach ging er für ein Jahr nach Österreich, kehrte dann fürs Studium zurück nach Hamburg – Biologie und Geografie auf Lehramt am Gymnasium.
Nach dem Referendariat am Gymnasium Rissen und dem Christianeum führt ihn sein Weg an die ehemalige integrierte Gesamtschule Wedel (heute: Gebrüder-Humboldt-Schule). Zuletzt arbeitete er viereinhalb Jahre als Abteilungsleiter (Klassen 5 bis 7) am Albrecht-Thaer-Gymnasium in Stellingen.
Dort, sagt Langer, der verheiratet ist und zwei Kinder hat (12 und 13 Jahre alt), sei er gescheitert: Schwächeren Schülern sei nicht das Angebot gemacht worden, das notwendig gewesen wäre, um sie zu fördern. Es seit vielmehr der Stab gebrochen worden über diesen Mädchen und Jungen, nach dem Motto: Die gehören hier nicht her. „Das entspricht nicht meinem Menschenbild, damit bin ich nicht klar gekommen“, sagt Langer.
Für seine neue Schule hat er große Pläne. So möchte er „mittelfristig“ erreichen, dass auch die Oberstufenschüler am Ehestorfer Weg beschult werden können. Bislang fehlt es dazu vor allem an Platz, weshalb die Oberstufenschüler derzeit ausgelagert sind. Sie werden in der Lessing-Stadtteilschule unterrichtet, mit der eine Kooperation besteht.
Neben baulichen Veränderungen, setzt Langer aber auch auf pädagogischen Umbau. Die Situation der Schule Ehestorfer Weg sei geprägt durch den Umstand, dass hier erst zusammenwachsen musste, was früher nicht zusammengehörte. An dem Standort existierten seinerzeit Grund-, Haupt- und Realschule nebeneinander bevor daraus die Stadtteilschule geschmiedet wurde.
Das Ergebnis sei bis heute spürbar, sagt Langer: Es gebe viele Angebote, die zum Teil bis heute nebeneinander existieren, ohne dass sie miteinander verknüpft seien oder aufeinander aufbauten. Deshalb gehe es nun darum, Ressourcen räumlich zu bündeln und gleichzeitig eine gemeinsame padagogische Klammer zu erarbeiten: „Es ist nach außen nicht sichtbar, wofür diese Schule steht“, sagt Langer.
Um das gemeinsame Verständnis von Schule und Unterricht zu schärfen, hat er in den vergangenen Wochen jeden seiner Kollegen einzeln befragt und sämtliche 22 Klassen besucht. Die Fragen, die er stellte, waren immer die gleichen: Was gilt es zu bewahren? Was muss sich ändern? Welche persönlichen Talente werden eingebracht? In Gang geraten ist ein Prozess, den Langer selbst „super spannend“ nennt. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wird seither das Schulleben neu verhandelt.
Vor allem auf die Frage des Umgangs miteinander und der Kommunikation untereinander werden neue Antworten gesucht. Im Focus stehen zuerst die Schüler, deren familiärer Hintergrund unterschiedlicher kaum sein könnte – es gibt solche, die behütet aufwachsen, mit reichlich Förderung durch die Eltern, und andere, die es aufgrund der schwierigen Situation ihren Familien oft nicht schaffen, in die Schule zu kommen beziehungsweise aufmerksam am Unterricht teilzunehmen.
Um ihnen allen gerecht zu werden, möchte Langer ein Beratungs- und Präventionszentrum schaffen. Aussichten, die seine Motivation merklich befeuern: „Diese Schule ist kein Dickschiff, sondern ein Sportboot.“
Die Stadtteilschule lädt zum Winterfest
680 Mädchen und Jungen besuchen die Stadtteilschule Ehestorfer Weg, die mit dem Qualitätssiegel „Deutsche Schachschule“ ausgezeichnet ist. Zum Kollegium gehören unter anderem 55 Lehrer, sowie Sonder- und Sozialpädagogen.
Beim Winterfest am Freitag, 15. Dezember, haben Eltern von Viertklässlern in der Zeit von 17 bis 19 Uhr die Gelegenheit, sich über die einzelnen Angebote der Stadtteilschule zu informieren.