Ehestorf. Serpil Bernhardt wagt den Schritt in die Selbstständigkeit und versucht, sich mit „Einfach Rosa“ ihre eigene Existenz in Ehestorf aufzubauen.
Ein eigenes Café eröffnen, sich in der Gastronomie selbstständig machen – davon träumen viele Menschen. Doch diesen großen Schritt zu wagen, erfordert Mut und Kreativität. Das gilt ganz besonders, wenn es sich um Gastronomie auf dem Land handelt. Dort fehlt es meistens an der Laufkundschaft und der Bahn- oder Busanbindung.
Serpil Bernhardt wagt es trotzdem. Wo früher die Gaststätte „Zur Buche“ Am Blöcken in Ehestorf stand, eröffnet die 36-Jährige, die ein Faible für die Farbe Rosa hat, ihr neues Café „Einfach Rosa“. Die ehemalige Gaststätte hat die Ernährungsberaterin und zweifache Mutter gemeinsam mit ihrem Mann in ein Wohnhaus umgebaut. Den Schuppen daneben haben die beiden abgerissen und dort das neue Café hochgezogen.
Bereits Anfang 2016 keimte Serpil Bernhardts Idee zur Gründung. Doch die erste Hürde tat sich gleich zu Beginn auf. Die Gemeindeverwaltung und die Politik mussten den Ersatzbauten und Erweiterungen in der Splittersiedlung m Blöcken erst zustimmen. Eine Außenbereichssatzung war nötig. „Das war der erste Schock“, sagt Serpil Bernhardt. Ein Jahr dauerte es, bis der Bauantrag genehmigt war.
Mit einem eigenen Café erfüllt sie sich einen lang gehegten Traum. „Ich habe schon immer gerne gekocht“, sagt sie. „Auch viel für meine Freunde.“ Vorwiegend kalte Speisen soll es im Café „Einfach Rosa“ geben – Sandwiches, Salate, Quiche, aber auch Suppen im Winter. Das Ganze soll einen orientalischen Touch bekommen. Beispielsweise möchte sie Couscous-Salat und Linsenfrikadellen anbieten.
Der Schlüsselmoment für die Existenzgründung war, als Serpil Bernhardt für 50 Geburtstagsgäste einer Freundin vor zwei Jahren ein Buffet zubereitete. „Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Das hat mich in meiner Idee zur Cafégründung bestärkt“, sagt Serpil Bernhardt.
Doch vom Wunsch, ein Café zu eröffnen bis zur Wirklichkeit war es ein weiter, ziemlich steiniger Weg. „Am schwierigsten fand ich, vieles gleichzeitig machen zu müssen“, sagt sie. Neben der fehlenden Baugenehmigung stellte sich heraus, dass die Kläranlage für das Café nicht ausreichte, sondern ein Anschluss an die Kanalisation nötig war. Und dann noch die Bauarbeiten.
Seit vier Jahren leben das Paar und die Kinder nun schon mit einer Baustelle. Die ehemalige Gaststätte „Zur Buche“ hatte Bestandsschutz und musste komplett entkernt werden. „Es war eine harte Zeit“, sagt sie. Zumal das Ehepaar viele der Arbeiten selbst übernahm, etwa das Einziehen einer Brandschutzmauer, das Spachteln und Streichen. Die Tische hat Mann Yascha Bernhardt aus Gerüstbohlen gefertigt. „In dem Café steckt sehr viel Liebe“, sagt Serpil Bernhardt.
Nachbarn und Anwohner bestärkten sie in ihrem Vorhaben, das Café zu eröffnen, da sie immer noch der Gaststätte „Zur Buche“ hinterhertrauern. Doch Serpil Bernhardt weiß, dass ihre Neugründung auch Risiken birgt. Um das Café herum gibt es viel Grün und viel Wald, aber eben kaum Laufkundschaft.
„Je ländlicher der Standort ist, desto wichtiger ist das Alleinstellungsmerkmal der Neugründung“, sagt Sabine Schlüter, Gründungsberaterin bei der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg. Insgesamt seien Gründungen im gastronomischen Bereich nicht einfach. Es sei eine personal- und kostenintensive Branche.
Diese Erfahrung musste auch Jessica Kittel, die etwa ein Jahr lang die Breistation im Tennisclub Vahrendorf betrieb, machen. Über zu wenige Gäste konnte sie sich nicht beklagen. Die Mütter und Väter haben das Konzept mit Biogerichten, gutem Kaffee, frischem Brei, Babykleidung und Kursen gut angenommen. Die Auslastung habe bei 80 Prozent gelegen, sagt Jessica Kittel. „Aber ich habe die Kosten unterschätzt. Ich hätte nicht gedacht, dass die Gastronomie so hart ist und so viel Kraft und Geld aufbraucht.“
Ihre Breistation in den angemieteten Räumlichkeiten des Tennisclubs war ohnehin ein Testballon. Nach wie vor sucht die Werbeberaterin nach einer eigenen Location für ihre Breistation und weiß jetzt nach der Testphase in Vahrendorf, worauf es dabei ankommt.
Ähnlich wie Jessica Kittel setzt auch Serpil Bernhardt nicht nur auf die Gastronomie. Sie möchte darüber hinaus Accessoires für zuhause verkaufen, beispielsweise Geschirr von der Bastion Collection oder Tee von Tafelgut. Eine Fangemeinde hat sich Serpil Bernhardt bereits in den sozialen Netzwerken aufgebaut.
Die hat sie regelmäßig über die Fortschritte der Gründung und der Bauarbeiten informiert, um den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten und so einen Gegenpol zur fehlenden Laufkundschaft zu setzen. „Ich will den Weg gehen“, sagt Serpil Bernhardt. „Wenn ich es nicht ausprobiere, weiß ich nie, ob es klappt.“
Eröffnung am Mittwoch
Das Café „Einfach Rosa“, am Blöcken 4, in Rosengarten-Ehestorf eröffnet am Mittwoch, 6. Dezember, 9 bis 18 Uhr. Es gibt unter anderem Kaffee und Kuchen, Sandwiches und Salate. Das Café verfügt über 30 bis 35 Plätze und hat künftig donnerstags bis sonntags, jeweils von 9 bis 18 Uhr, geöffnet.
Ein rustikal-verspielter Stil bestimmt die Einrichtung im Café. Vieles davon ist in Rosa gehalten – der Lieblingsfarbe der Café-Inhaberin Serpil Bernhardt daher auch der Name.