Wilstorf. Klassen des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums unterstützen „Sichtwechsel“, eine bundesweite Aktion von terre des hommes.
Straßenkind für einen Tag: das waren gestern knapp 90 Mädchen und Jungen der fünften Klassen des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. Sie machten mit bei der bundesweiten Aktion „Sichtwechsel“ von terre des hommes. Das Hilfswerk nimmt den Jahrestag der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonventionen (20. November 1989) jeweils zum Anlass, um auf die Not von Straßenkindern aufmerksam zu machen.
Nirgendwo sonst in Hamburg fällt der Aufruf, dieses Anliegen zu unterstützen, auf so fruchtbaren Boden wie in Harburg. Die Wilstorfer Delegation, die sich gestern auf den Weg über die Elbe in die City machte, ist die größte der Stadt gewesen.
Auf die Erfahrung, Straßenkind für einen Tag zu sein, ließen sich nach Aussage der Hamburger terre-des-hommes-Gruppe, gestern insgesamt etwa 130 Schüler von drei Schulen ein. Die Kinder aus Harburg, allesamt 10 beziehungsweise 11 Jahre alt, waren den ganzen Vormittag bis gegen 14 Uhr im Bereich der Spitalerstraße und des Jungfernstiegs unterwegs.
Um zu informieren, wie schlimm die Situation von Kindern ist, die auf der Straße leben und tagtäglich ums Überleben kämpfen müssen – und um Spenden für Hilfsprojekte in Mexiko zu sammeln.
Wochenlang haben sich die fünften Klassen auf den Aktionstag vorbereitet. Seit den Herbstferien beschäftigen sie sich im Religionsunterricht unter der Überschrift „Kinder hier und anderswo“ mit dem Thema. In den letzen Tagen haben sie Plakate erstellt („Wir helfen Kindern“) und gebacken. Kekse, Waffeln, Muffins.
Zum Teil mit Hilfe der Eltern. „So was muss man unterstützen“, sagt Claudia Winkler. Die Angestellte nahm sich gestern eigens frei, um ihren Sohn Fabian begleiten und damit auch Religionslehrerin Anke Hoyer ein wenig helfen zu können.
Seit zehn Jahren schon gehen die Fünftklässler des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums für die Aktion „Sichtwechsel“ auf die Straße. Nur 2015, als der Flüchtlingsstrom plötzlich Hamburg erreichte, setzten sie aus. „Damals kam es uns seltsam vor, für notleidende Kinder in fernen Ländern auf die Straße zu gehen, wo doch so viele auf einmal vor unserer Tür standen“, sagt Lehrerin Hoyer. Doch schon im folgenden Jahr änderte sich die Sichtweise: „Es ist uns klar geworden, dass es ja gerade wichtig ist, die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern.“
So kommt es, dass die Mädchen und Jungen gestern wieder mit großem Eifer bei der Sache waren. „Ich bewundere ihren Mut“, sagt Claudia Winkler. Sie hat immer wieder Passanten beobachtet, die die Kinder nicht nur links liegengelassen , sondern sie zuweilen auch rüde abgewiesen haben. „Eine Frau war richtig doof“, sagt Isabella, „die hat uns regelrecht beschimpft – wir sollten sie gefälligst in Ruhe lassen.“ Andere dagegen zückten bereitwillig ihr Portemonnaie.
„Viele geben uns was und wollen nicht mal ein Dankeschön dafür“, sagt Lina, die in einer Art Bauchladen selbstgemachte Waffeln mit sich herumträgt. Die bietet sie jedem an, der etwas Geld gibt oder ihr zuhört, wenn sie davon erzählt, wie schlecht es Straßenkindern geht. „Die haben nichts, wir haben alles“, sagt sie dann. Und gibt damit auch ihrer Lehrerin recht, die zuvor gesagt hatte, das Projekt sei bestens geeignet, um für die Kinder erfahrbar zu machen, worüber sie im Unterricht gesprochen haben.
terre des hommes
Das Kinderhilfswerk terre des hommes fördert weltweit und in Deutschland mehr als 300 Projekte für Kinder. terre des hommes hilft Straßenkindern, sorgt für die Ausbildung arbeitender Kinder und kümmert sich um Opfer von Krieg und Gewalt.
Die Hamburger terre-des-hommes-Gruppe besteht seit 1968 und kommt einmal im Monat zusammen, um Inhalte und Aktionen zu diskutieren beziehungsweise zu planen. Wer mitmachen will, wendet sich an Karin Janz, Telefon 59 32 44 oder Eric Sarnighausen, Telefon 75 36 27 64. Wer möchte, kann auch ein Mail schreiben: hamburg@tdh-ag.de.