Jesteburg. Die Kunststätte besitzt jetzt ein Schaumagazin in der früheren Schule am Sandbarg in Jesteburg.

Die Kunststätte Bos-sard hat jetzt ihr neues Schaumagazin eröffnet, das ab Januar einmal im Monat für Besucher geöffnet hat: Im ehemaligen Schulgebäude am Sandbarg in Jesteburg hat die Kunststätte nun zugleich einen Platz gefunden, das rund 6000 Stücke umfassende Werk Johann Michael Bossards, seiner Frau Jutta Bos­sard und seiner Schüler fachgerecht einzulagern und zu archivieren sowie dem interessierten Publikum zusätzliche Ausstellungsräume zu bieten.

„Das ist wie ein Geschenk“, sagt die Leiterin der Kunststätte, Dr. Gudula Mayr. Dank des neuen Magazins können nun alle Gemälde, Skizzen, Grafiken sowie zahlreiche Plastiken und Modelle an einem Ort unweit der eigentlichen Kunststätte aufbewahrt werden. Bisher waren dafür Container und ein Lagerraum in Hamburg angemietet worden.

„Das Lager befand sich in einer Art Verschlag, um an die eingelagerten Bilder heranzukommen, musste man ihn einreißen“, sagt Mayr. Das liegt daran, dass Bossard (1874-1950) großflächig gemalt hat – allein die Leinwände seiner drei Tempelzyklen messen jeweils fünf mal drei Meter.

Die Bilder passen nun aufrecht in die ehemalige Pausenhalle der einstigen Real- und Oberschule. Drei der neun Bilder, die 1926 entstanden, sind ausgestellt, die restlichen sind gegenüber in einem Gestell eingelagert, das zur Entnahme der Gemälde leicht geöffnet werden kann.

Feierliche Eröffnung des Bossard-Schaumagazins in Jesteburg:  Dr. Gudula Mayr, Leiterin der Kunststätte, führte die Ehrengäste, unter ihnen Landrat Rainer Rempe, durch das Magazin
Feierliche Eröffnung des Bossard-Schaumagazins in Jesteburg: Dr. Gudula Mayr, Leiterin der Kunststätte, führte die Ehrengäste, unter ihnen Landrat Rainer Rempe, durch das Magazin © HA | Lutz Kastendieck

Aber auch an der Kunststätte selbst waren zahlreiche Objekte eingelagert. Oder, genauer: „Bis in den letzten Winkel war alles mit Kunst vollgestopft“, sagt Gudula Mayr. Grafiken lagen sogar in den Schränken des Wohnhauses. Jetzt finden sie in sechs Grafikschränken Platz. Von der Pausenhalle abgesehen, gehören zum Schaumagazin noch der angrenzende Flur und die dahinter liegenden Räume, die manchen Jesteburgern noch als Schulsekretariat und Direktorenzimmer bekannt sein dürften.

Ein Raum ist für Restaurationsarbeiten vorgesehen, daneben befindet sich ein kleines Büro, und ein größerer Raum enthält nun das Archiv für größere Gemälde und Drucke. Außerdem gibt es Platz für Bossards schriftlichen Nachlass, und ein Raum widmet sich den Arbeiten der Schüler Bossards.

In allen Räumen sind eine Auswahl von Malereien, Grafiken, Skizzen, Drucke und Skulpturen ausgestellt – nicht nur die endgültigen Objekte, sondern auch die „Zwischenschritte“: Entwürfe, Druckplatten und Gipsmodelle, und ebenso Fotos der Standorte, in die ausgestellte Skulpturen einst eingebettet waren. „Bossard hat seine Gipsmodelle und Gussformen aufbewahrt. So konnte er seine Skulpturen bei Bedarf reproduzieren und verkaufen“, erläutert Mayr.

© HA | Corinna Panek

Heute dienen sie als Anschauungsobjekte in den jährlichen Bronzeguss-Kursen, die die Kunststätte anbietet. Ab Januar kann das Schaumagazin an jedem zweiten Sonnabend im Monat im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Wechselnde Ausstellungen sind dort zwar nicht geplant, wohl aber Führungen zu verschiedenen Schwerpunktthemen oder auch Schau-Restaurierungen. Doch schon um das Schaumagazin herzurichten, waren etliche Arbeiten – 882 Stunden – nötig: „Mein besonderer Dank gilt der Restauratorin Stefanie Nagel“, sagte Gudula Mayr zur Eröffnung.

Nach dem Umzug der Oberschule in ihr neues Gebäude erstellte die Gemeinde Jesteburg ein neues Nutzungskonzept und hatte dabei die Bossard-Kunststätte schon im Blick. Auch ein Kindergarten sollte dort einziehen. Weil der Boden im geplanten Kindergartenbereich mit Schadstoffen belastet war, wurden bei der Planung die Räume für Kindergarten und Schaumagazin getauscht. So kam es zu dem Glücksfall, dass dem Schaumagazin auch die höhere Pausenhalle zufiel.

Hier haben sogar die fünf Meter hohen Tempelzyklen Platz
Hier haben sogar die fünf Meter hohen Tempelzyklen Platz © HA | Corinna Panek

Für die Einrichtung des Magazins entstanden Kosten von 225.000 Euro, die knapp zur Hälfte von der Gemeinde Jesteburg sowie der Hermann-Reemtsma-Stiftung, der Stiftung Niedersachsen und dem Freundeskreis der Kunststätte Bossard getragen werden. Die Räume wurden davon mit Klimatisierung, Einbruchsicherung und Lichtschutzfolien sowie dem nötigen Mobiliar ausgestattet.

Sebastian Giesen, Geschäftsführer der Hermann-Reemtsma-Stiftung, sagte zur Eröffnung: „Wer sein Depot in Ordnung hat, seine Sammlung kennt, mit der nicht sichtbaren Sammlung arbeitet und dem Publikum öffnet, der macht gute Museumsarbeit.“

Für die Mitarbeiter der Bossard-Kunststätte bedeutet das auch: leichtere Museumsarbeit, denn nun sind alle Werke sofort greifbar, ohne großes Umräumen – was auch dem Erhalt der Objekte entgegenkommt.

Bossard-Schaumagazin, Sandbarg 32, Jesteburg. Führungen ab Januar 2018, jeweils am 2. Sonnabend im Monat, 15.15 Uhr, Anmeldung unter 04183/5112, Eintritt 5 Euro Das Künstlerpaar

Johann Michael Bossard (1874-1950) wurde in der Schweiz geboren. Er erlernte zunächst ein Handwerk (Hafner/Ofenbauer) und erhielt dann ein Stipendium an der Kunstgewerbeschule in München. Er setzte sein Studium in Berlin fort und erhielt erste Aufträge als Künstler. 1907 wurde er an die Kunstgewerbeschule (heute: Hochschule für bildende Künste) in Hamburg berufen.

Ab 1911 begann Bossard die Arbeit an seinem Gesamtkunstwerk auf einem Grundstück bei Jesteburg, zunächst mit dem Bau des Atelierhauses. 1926 heiratete er seine rund 30 Jahre jüngere Schülerin Jutta Krull. Gemeinsam verwirklichten sie ihren Lebenstraum von einer Stätte, an der die Kunstsparten Architektur, Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Gartenkunst miteinander verschmelzen, wobei Jutta Bossard vor allem Plastiken und Keramiken schuf. Rund ein Jahr vor ihrem Tod 1996 überführte sie die Kunststätte in eine Stiftung.