Helge Adolphsen,emeritierter Hauptpastor des Michel, berichtet über ein Treffen mit einem besonderen Menschen.

Der Mann ist ein echter Finkenwerder. Und ein Bäckermeister mit Leib und Seele. Jan-Henning Körner ist auch Obermeister der Hamburger Bäckerinnung. Und das seit 15 Jahren.

Ich treffe ihn im Stammhaus der Bäckerei Körner in der Müggenburg. Der Uropa war schon Bäcker in Blankenese. Die dortige Bäckerei hat sein Onkel übernommen. Sein Vater wagte den Sprung über die Elbe. Sohn Jan-Henning ist 1993 in die Fußstapfen des Vaters getreten. Er strahlt, als er sagt: „Jetzt macht unsere Tochter die Meisterprüfung. Die Familientradition geht weiter.“

Vier Filialen gibt es inzwischen in Finkenwerder, einen Laden in Harburg. „Man muss heute näher ran an die Menschen“, sagt Körner. Wenn nötig, fährt er selber auch Brot und Kuchen aus. „Wann stehen Sie auf?“ frage ich. „Montag bis Freitag um halb Drei, sonnabends um halb eins.“ Ich staune. Ich staune noch mehr, als er erzählt: „Schlafen tue ich zweimal drei Stunden. Das reicht mir.“

Mich interessiert, wie er mit seinen Geschäften zurechtkommt. Ich weiß, dass die Lage im Bäckerhandwerk nicht so rosig ist. Immer wieder liest man, dass Bäcker ihr Geschäft aufgeben müssen. „Uns geht’s gut“, betont Körner, „dem Bäckerhandwerk in Deutschland auch. Der gesamte Umsatz stieg 2016 um 2,5 Prozent. Trotz Backautomaten bei Lidl, ALDI und in anderen Läden. „Geiz ist geil“ ist vorbei. Die Leute sind bereit, für ordentliche Ware gutes Geld zu bezahlen.

Wir Bäcker sind stolz darauf, dass es in keinem anderen Land so viele Brotsorten gibt wie bei uns. Immerhin können wir 3000 anerkannte Brotsorten vorweisen. Der Brotverbrauch nimmt in Deutschland zwar ab, aber Brot bleibt das Grundnahrungsmittel Nr. 1.“

Aber Körner ist auch pfiffig. 2013 hat er am Wettbewerb „Beste Bäcker“ teilgenommen. Im Fernsehen hat er mit Tim Mälzer Brot gebacken. Handwerklich gebackenes Brot trat in Konkurrenz zum Industriebrot.

Körner war der strahlende Sieger. Und wurde so in ganz Deutschland bekannt. Im September dieses Jahres stieg zum 3. Mal die „Finkenwerder Deichpartie“. Alle Handwerksbetriebe und Organisationen haben an 25 Orten ihre Türen geöffnet. Körners Backstube war so offen wie die Moschee und alle anderen Betriebe. Für Jan-Henning Körner eine starke PR-Maßnahme.

Der große kräftige Mann denkt und handelt positiv. Alles scheint ihm Freude zu machen. Besonders auch das Singen im Männerchor „Liedertafel Harmonie“. Die 43 Sänger kommen zum Teil von weither. Gerade sind sie von einer Chorreise zurückgekommen. Davor haben sie mit Begeisterung beim großen Erntedankgottesdienst im Michel gesungen. Der Obermeister übernimmt seit Jahren eine Lesung.

Der Mann muss etwas von Personalführung verstehen. „Ich habe gute Mitarbeiter. Auf die kann ich mich immer verlassen. Die sind schon lange im Betrieb. Und ich habe zwei Auszubildende und einen Verkaufslehrling. Alle kommen aus Finkenwerder. Abbrecher kann ich nicht aufweisen.“

Nächstes Jahr gibt er das Ehrenamt des Obermeisters ab. Er ist unten in der Krypta des Michels gewählt worden. 218 soll dort auch seine Nachfolgerin gewählt werden. „Das Amt hat mir Spaß gemacht. Ich bin dadurch viel in Deutschland herumgekommen. Der Zentralverband des Bäckerhandwerks hat es geschafft, dass das deutsche Brot von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt worden ist.

Gelobt wurden bei der Auszeichnung die einzigartige Vielfalt und Qualität des deutschen Brotes. Wir Bäcker sind stolz auf unsere jahrhundertealte Backtradition. In die fließen heute auch die meisten Erkenntnisse der Wissenschaften ein.“

Ich beende unser Gespräch mit dem alten Handwerkerwunsch, der bei jeder Versammlung gesprochen wird: „Gott segne das ehrbare Handwerk!“

Helge Adolphsen ist emeritierter Hauptpastor des Hamburger Michel. Er lebt in Hausbruch. Seine Kolumne erscheint im Zwei-Wochen-Rhythmus.