Harburg. Die zusätzlich geplante Linie S 32 ist lediglich vom Hamburger Westen bis zum Hauptbahnhof durchfinanziert.
Ab Montag sollen die S-Bahnen wieder ohne Unterbrechung und Schienenersatzbusse von Harburg nach Hamburg fahren. Dann ergibt sich in den Morgenstunden wieder das bekannte Bild der überfüllten Züge. Abhilfe ist in nächster Zeit nicht in Sicht. Bereits für das Jahr 2011 versprach die S-Bahn-Hamburg AG eine dritte Linie auf den Harburger Gleisen: die Verstärkerlinie S 32. Bis jetzt ist sie nicht eingerichtet. Ihr Start verzögert sich immer wieder. Jetzt befürchten Harburger Bezirkspolitiker, dass die S 32 gar nur noch im Hamburger Nordwesten geplant wird.
Wer regelmäßig morgens mit der S-Bahn über die Elbe fährt, kennt das: Drangvolle Enge in den Zügen der S 3, spätestens ab Harburg. Es gibt Tage, an denen selbst ab Neuwiedenthal kaum noch ein Platz in der Bahn zu bekommen ist und ab der Veddel ist die S 3 regelmäßig so voll, dass ein Zusteigen kaum möglich ist. Die Fahrgäste müssen die nächste S 31 nehmen und wenn sie durch den City-Tunnel in Richtung Jungfernstieg weiterfahren, am Hauptbahnhof umsteigen.
Regelmäßig erheben die einzelnen Verkehrsbetriebe des Hamburger Verkehrsverbunds Zahlen zur Betriebsqualität ihrer Angebote. Dabei wird ermittelt, wie viele Passagiere in einem Verkehrsmittel keinen Sitzplatz mehr finden. Die S 3 erreicht dabei immer die schlechtesten Werte. Der Abschnitt zwischen Veddel und Hammerbrook ist danach der meistbelastete im Hamburger Nahverkehr. Die S-Bahn wird dabei zum Opfer des eigenen Erfolgs: Seit die S 3 bis Stade ausgebaut wurde steigen die Fahrgastzahlen stetig.
Dass die Strecke entlastet werden muss, ist klar. Dafür gibt es mehrere Strategien. Neben der Verstärkerlinie S 32 und dem Einsatz von mehr Langzügen schwebt auch immer noch die Vorstellung im Raum, die U-Bahn-Linie 4 bis Harburg zu verlängern. Die Neuen Liberalen hatten gerade Antrag in die Bezirksversammlung eingebracht, der eine Machbarkeitsstudie für die U 4 forderte. Die Große Koalition aus SPD und CDU schmetterte ihn ab. Wie der SPD-Bezirksabgeordnete Torsten Fuß dies begründete, ließ aufhorchen: „Wir müssen alle politische Kraft dafür aufwenden, die S-Bahn kurzfristig zu ertüchtigen“, sagte er, „denn es gibt Planungen im Senat, die S 32 nur noch zwischen Lurup und Hauptbahnhof zu führen und Harburg außen vor zu lassen!“
Auf spätere Nachfrage gab Fuß an, diese Information aus Kreisen der Harburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten zu haben. Diese hätten bei der Klausurtagung ihrer Fraktion auch Verkehrsplanungen diskutiert. „Als es dort hieß, dass die S 32 nur bis Hauptbahnhof fahren soll, haben die Harburger Abgeordneten protestiert“, sagt Fuß, „aber sicher ist es nicht, dass die S 32 noch kommt.“
Sören Schumacher, Bürgerschaftsabgeordneter der SPD, relativiert das: „Es ist richtig, dass die S 32 bislang nur zwischen Elbgaustraße und Hauptbahnhof durchfinanziert ist. Aber der politische Wille der gesamten SPD ist es, die S 32 bis Harburg Rathaus zu führen.“
Die für 2011 geplante Einführung der dritten Linie scheiterte daran, dass die S-Bahn nicht genügend Fahrzeuge hatte, um diese auch zu bedienen. Neue Fahrzeuge, so hieß es seinerzeit bei der DB-Tochter S-Bahn Hamburg AG, würde die Bahn aber nur bestellen, wenn sie auch den nächsten Verkehrsvertrag für den Betrieb des Hamburger S-Bahn-Netzes bekäme. Das wurde jedoch erst 2013 entschieden.
In der Zwischenzeit war auch die Entscheidung gefallen, die bisherige AKN-Strecke von Eidelstedt nach Kaltenkirchen zur S-Bahn zu machen. Damit würde die Hälfte der S-Bahn-Fahrten zwischen Elbgaustraße und Eidelstedt – auch dies ist eine stark durch Berufpendler beanspruchte Strecke – wegfallen. Auch hier soll die S 32 nun die Lücke füllen. Damit wurde sie von einem Projekt für den Hamburger Süden auch zu einem für den Hamburger Westen. Der Teilabschnitt zwischen Elbgaustraße und Hauptbahnhof ist über das Kaltenkirchen-Projekt finanziert. „Das heißt aber nicht, dass wir die S 32 nicht nach Harburg verlängern wollen“, sagt Sören Schumacher. „Wir arbeiten an der Finanzierung.“
Außer in Fahrzeuge der S-Bahn muss für die S 32 auch Geld für die Ertüchtigung der Strecke zwischen Hammerbrook und Harburg Rathaus gesteckt werden, damit hier Züge im kürzerem Abstand fahren können. Der nordwestliche Abschnitt über die Verbindungsbahn ist schon seit Jahrzehnten auf einen Zwei-Minutentakt eingerichtet. Die Finanzierung für den südlichen Teil steht zu einem Drittel, über den Rest wird verhandelt. Beginnen könnte die Signalertüchtigung mit der Fertigstellung der S-Bahn-Haltestelle Elbbrücken. Der Startschuss für die S 32 hängt aber auch an einer weiteren politischen Entscheidung: Eventuell soll sie über die Elbgaustraße hinaus auf einer Neubaustrecke Lurup und Osdorf erschließen.
„Ich rechne mit mehreren Jahren, bis tatsächlich eine S 32 fährt“, sagt Sören Schumacher, „aber kurzfristig werden wir ab 2019 die Anzahl der Langzüge ab Neugraben erhöhen. Die S-Bahn hat neue Fahrzeuge bestellt, die werden nach und nach geliefert und sie werden vorrangig den Süden verstärken sowie auf der S 21 alte Fahrzeuge ersetzen.“
Torsten Fuß denkt mittlerweile noch weiter. „Eigentlich müsste die S 32 bis Neugraben durchgezogen werden“, sagt er, „und eine weitere S-Bahn im Harburger Osten bräuchten wir auch, über Wilstorf und Rönneburg in Richtung Hittfeld.“