Harburg. Neuer Standort im Binnenhafen ist moderner und barrierefrei. Arbeitslose aus Heimfeld müssen aber künftig nach Neugraben.

Der derzeitige Standort des Harburger Jobcenters, Am Werder 1, ist – gelinde gesagt – nicht optimal. Über die Laderampe eines ehemaligen Technikkaufhauses betreten die Kunden ein Bürogebäude an der Seitenstraße einer Nebenstraße. Wer zum ersten Mal hierher kommt, muss lange suchen. Und wer mit Rollstuhl, Einkaufshilfe oder Kinderwagen ins Jobcenter will, ist auf einen Lastenfahrstuhl angewiesen, der nicht immer funktioniert.

Insofern dürfte es bei den gut 7500 Menschen, die das „Jobcenter team.arbeit.hamburg“ (JTAH) am Standort Harburg betreut, gut ankommen, dass die Institution umzieht. Von Dezember an werden die Sachbearbeiter des JTAH ihre Klienten an der Blohmstraße im Harburger Binnenhafen betreuen. Ein moderner Standort, inklusive Rampen und funktionierenden Aufzügen für die Barrierefreiheit. Der Bus der Linie 142 aus Heimfeld hält direkt vor der Tür. Nur, dass die Kunden aus Heimfeld von Dezember an nicht mehr in Harburg betreut werden, sondern ins Jobcenter nach Neugraben fahren müssen, verdirbt so manchem die gute Stimmung.

„Wir haben davon vor einigen Tagen von Jobcenter-Kunden gehört, die es wiederum von ihren Sachbearbeitern erfahren hatten“, sagt Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei in der Harburger Bezirksversammlung, „und wir hatten deshalb schon eine Anfrage in Vorbereitung. Seit Donnerstag wissen es die Bezirksfraktionen offiziell.“

JTAH-Pressesprecherin Kirsten Maaß erklärt, warum die Heimfelder nun weitere Wege auf sich nehmen sollen: „Bislang hatten wir einen Standort Harburg mit zwei Liegenschaften: Am Werder 1 im Harburger Zentrum und Am Neugrabener Markt 5 in Neugraben. Neugraben wird jetzt zu einem eigenen Standort aufgewertet. Und zwischen den beiden Standorten sollen die Kunden gleichmäßig verteilt sein.“

11.500 Menschen betreut

In Neugraben und Harburg betreut das Team von JTAH-Standortleiterin Bettina Wullkotte derzeit 11.500 Menschen – 7500 in Harburg und 4000 in Neugraben. Dieses Verhältnis von ungefähr zwei zu eins entspricht auch dem Verhältnis der Einwohner der Regionen Harburg, wo etwa 100.000 Menschen wohnen, und Süderelbe mit etwas mehr als 50.000 Einwohnern. Eine gleichmäßige Verteilung der JTAH-Klienten hieße, dass beide Standorte jeweils 5750 Kunden betreuen und 1750 Harburger von Dezember an mit der S-Bahn zu den Gesprächen mit ihren Sachbearbeitern fahren müssen. Es trifft die Heimfelder.

„Darunter sind Menschen, die keine 500 Meter Luftlinie vom neuen Standort Blohmstraße entfernt wohnen“, empört sich der Linke Lohmann, „und die sollen sich jetzt für 3,20 Euro pro Strecke in die S-Bahn setzen.“ Jürgen Heimath, Fraktionschef der SPD, sieht das nicht ganz so kritisch: „Es gibt ja derzeit auch Menschen, beispielsweise aus Sinstorf oder Rönneburg, die einen langen Weg zum Jobcenter haben. Kleine Ungerechtigkeiten wird es da wohl immer geben.“

Was die Fahrtkosten angeht, verweist JTAH-Sprecherin Maaß auf das Sozialticket des HVV „Damit sinken die Kosten für den Nahverkehr ja beträchtlich“, sagt sie. „Der Berechtigungsnachweis kann über unser telefonisches Servicecenter schnell und unbürokratisch bestellt werden und wird dann zugeschickt.“

Das Sozialticket ist ein Zuschuss von 20,80, den Hamburger Leistungsempfänger zu einer HVV-Monatskarte erhalten. Die günstigste Monatskarte, mit der ein Heimfelder auch Jobcenter-Einladungen für Termine vor 9.30 Uhr in Neugraben wahrnehmen kann – beraten wird ab 8 Uhr – kostet im Jahres-Abonnement 54,10 Euro. Die Differenz von 33,30 Euro hat der Leistungsempfänger selbst zu tragen.

„Viele Arbeitslose verzichten deshalb auf eine Monatskarte oder haben Teilzeitkarten“, sagt Jörn Lohmann. „Die gelten aber erst ab 9 Uhr.“ Theoretisch muss das JTAH seinen Kunden auch die Einzelfahrkarten ersetzen, wenn es zu Terminen einlädt. „In der Realität ist es aber oft ein Kampf, diese Kosten erstattet zu bekommen“, weiß Kay Wolkau, Bezirksfraktionsvorsitzender der Neuen Liberalen, aus seiner Praxis als Rechtsanwalt. Er sieht die Kundenverschiebung deshalb kritisch. „Es mag ja sein, dass das aus Sicht des Jobcenters einen Sinn ergibt“, sagt er, „aber bürgerfreundlich ist es nicht.“

Mehr, als an das JTAH zu appellieren, seine Entscheidung zu überdenken, können Harburgs Bezirkspolitiker allerdings nicht tun. Beschlüsse einer Bezirksversammlung sind für die Landeseinrichtung nicht bindend.