Winsen. Kreis-Bauausschuss stellt eine Million Euro für besseres Netz bereit. Neue Trasse soll auf ehemalige Bahnlinie.
Das Radfahren soll im Landkreis Harburg in den kommenden Jahren deutlich attraktiver werden. Dazu hat der Bau- und Planungsausschuss am Mittwochabend nicht nur das vom Büro shp-ingenieure erstellte Radwegekonzept zur Kenntnis genommen, sondern gleich auch weitergehende Entscheidungen getroffen. Dabei geht es um eine Machbarkeitsanalyse für einen Radweg auf der alten Bahntrasse zwischen Buchholz und Lüneburg und eine Initiative für einen weiteren Radschnellweg von Tostedt über Buchholz bis Hamburg. Diese Strecke hat die Metropolregion derzeit zurückgestellt.
Für Maßnahmen aus dem Konzept sollen für die Jahre 2018 und 2019 als Einstieg jeweils 500.000 Euro bereit gestellt werden. „Wir alle wollen, dass schnell etwas passiert“, sagte Wilfried Geiger, der dazu für die CDU und die Wählergemeinschaft einen Antrag eingebracht hatte (Abendblatt berichtete). Norbert Stein (SPD) konnten sich sogar die doppelte Summe vorstellen.
Doch für den Radwegeausbau reicht es allein nicht aus, Geld bereit zu stellen. „Wir können über Summen erst seriös sprechen, wenn wir in den Planungsprozess eingestiegen sind und wir wissen, welche Ressourcen wir brauchen“, sagte Kreisrätin Monika Scherf. Ihre Mannschaft sei mit den laufenden Aufgaben ausgelastet. Möglich wäre es, finanzielle Mittel später in einem Nachtragshaushalt 2018 bereit zu stellen. „Ohne Geld geht es aber nicht“, entgegnete Geiger.
Schließlich wurde der von ihm avisierte Zeitraum von fünf auf zwei Jahre mit je 500.000 Euro verkürzt. Der Beschluss fiel bei zwei Enthaltungen von Grünen und Linken, die sich wegen der Planungsproblematik allenfalls für ein Jahr festlegen wollten.
Erste Ergebnisse am 13. November
Zeitlich sehr eng dürfte es nach Auffassung von Scherf und Stabsstellenleiter Alexander Stark auch bei der Beurteilung der Bahnstrecke werden. „Wir wollen, dass sich der Landkreis für die Strecke Marxen – Lüneburg dem Kreis Lüneburg anschließt“, sagte Karina Kressel (Grüne). Die Lüneburger hätten für die Wandlung in einen Radweg eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.
Erste Ergebnisse erwartet Kressel zur nächsten Ausschusssitzung am 13. November. „Bis dahin können wir allenfalls eine erste grobe Einschätzung der Möglichkeiten geben“, so Scherf. Alle Belange des Naturschutzes, Eigentumsverhältnisse und Kosten abzuschätzen, sei eher „ein Programm für eineinhalb Jahre.“
Beim Radschnellweg soll nun Landrat Rainer Rempe seinen Einfluss auf die Metropolregion nutzen, damit ein drittes Projekt im Süden in die Machbarkeitsstudien aufgenommen wird. „Ein wünschenwertes Ziel“, sagte Stark. Immerhin bestehe hier die Möglichkeit, in den kommenden zwei Jahre weiter eine 80 prozentige Förderung zu erhalten. „Bei dem Thema kommt es auch darauf an, welche Ressourcen Hamburg bereitstellt, weil die Strecken dorthin angeschlossen werden müssen“, sagt der Stabsstellenleiter.
Nach dem Radwegeverkehrskonzept sind derzeit 28 Kilometer Radwege, davon 19 Kilometer auf Kreisstraßen in einem schlechten Zustand. Dazu kommen aber auch Mängel an Straßen, die als mittelmäßig eingestuft werden. Netzlücken gibt es auf neun Kilometern, von denen aber nur vier Kilometer zum Alltagsradnetz und nicht zu den touristisch genutzten Wegen zählen. Auf 29 Kilometer an Kreisstraßen sind Radwege zu schmal.
Neue Querungen gefordert
An 43 Stellen sollten Querungshilfen neu angelegt werden“, sagte Peter Bischoff, Projektleiter bei shp-Ingenieure, der das Konzept im Ausschuss vorstellte. Dies ist deshalb notwendig, weil Radwege außerhalb von Orten nur auf einer Seite existieren und die Nutzer in den Ortschaften oftmals auf die andere Straßenseite wechseln müssen. „Bei einer Querung kann man in der Mitte Halt machen und die Autofahrer nehmen ihren Fuß vom Gas“, erklärte Bischoff. Zum Abstellen von Fahrrädern hält der promovierte Ingenieur 4500 neue Haltebügel für notwendig.
Zur Finanzierung schlägt Bischoff eine Summe von 1,5 Millionen Euro vor. Das entspricht sechs Euro pro Einwohner des Landkreises. Flankierend zu den Projekten müsse es aber auch eine entsprechenden Personal-Stellenschlüssel geben, heißt es in dem Konzept. Für die Umsetzung geht der Projektleiter von mindestens zehn Jahren aus: „Die Folge wird ein zunehmender Radverkehr im Alltag, in der Freizeit sowie von Touristen sein und es wird positive Auswirkungen auf die Umwelt und den Verkehr geben.“
Offen ist jedoch, ob die nur grob für den Streckenausbau geschätzten Kosten ausreichen werden. „Die Schätzung ist mit Vorsicht zu genießen. Werden Wege verbreitert, führt das oft sogar zum Neubau. Wir müssen Grundstücke erwerben und dann gibt es immer wieder nicht absehbare Unwägbarkeiten“, sagte der für den Radverkehr beim Kreis zuständige Ingenieur Stephan Zins. „Die Erfahrung zeigt so“, sagte Uwe Karsten, der Leiter des Betriebs Kreisstraßen, „dass die Kosten schnell explodieren können.“
Bevölkerung ist um 10.000 gestiegen
Die Kreisverwaltung soll prüfen, wie sich die Bevölkerung im Kreis Harburg zuletzt entwickelt hat. Das hat der Bau- und Planungsausschuss des Kreises am Mittwochabend einstimmig beschlossen. Mit Blick auf die Verkehrsverhältnisse und den zusätzlichen Bedarf an Schulen und Kindergärten scheine es, dass es seit 2008 „nicht ein moderates sondern eher ein dynamisches Wachstum gegeben“ habe, begründeten CDU und Wählergemeinschaft ihren Antrag. Zuletzt hatte das Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica 2011 die Bevölkerungsentwicklung auf der Basis von 2008 bis 2040 prognostiziert. Seit 2011 ist die Zahl der Einwohner von rund 240.000 auf 249.687 (zum 30. Juni 2016) gestiegen. Die Auswertung soll bei Beschlüssen zur Infrastruktur helfen.