Neugraben. Pendler verstopfen mit ihren Zweirädern die Ständer am Neugrabener Bahnhof. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

„Freitag ab eins macht jeder seins“, heißt es seit langem in Deutschland. Die meisten tarifgebunden Beschäftigten haben freitags früher Feierabend, die Teilzeiter sowieso. Eigentlich müssten sich freitags nachmittags auch die Fahrradstände an den S-Bahnhöfen längst geleert haben. Haben sie aber nicht, zumindest nicht am S-Bahnhof Neugraben.

Bis zu den Fußgängersperren sind so gut wie überall noch Räder angeschlossen. Der Mann in der roten Windjacke der jetzt angeradelt kommt, hat Mühe, sein Fahrrad noch irgendwo dazwischenzufädeln.

Dass die Stellplätze knapp sind, wird jetzt Thema in der Bezirksversammlung. Die Grünen-Fraktion beantragt schnelle Abhilfe. Die Park-and-ride-Betriebsgesellschaft, die an den Hamburger U- und S-Bahnhöfen auch die Fahrradstellplätze plant, verspricht Veränderungen. Allzu schnell würden diese aber nicht kommen, heißt es bei der Tochterfirma der Hochbahn.

Der S-Bahnhof Neugraben sei mit etwa 8000 Zustiegen pro Tag und Richtung der meistfrequentierte Nahverkehrs-Haltepunkt in der Region Süderelbe, begründen die Grünen den Antrag. In der Verkehrszählung von 2009 habe er deutlich vor den Bahnhöfen Neuwiedenthal – 5000 Zustiege – und Fischbek – 500 – gelegen.

Auch wenn die meisten Neubaugebiete näher am Fischbeker S-Bahnhof liegen, schätzen die Grünen, dass die Neu-Fischbeker Fahrradpendler weiterhin den S-Bahnhof Neugraben bevorzugten: „Der Grund dafür ist unter anderem die gegenüber dem Bahnhof Fischbek deutlich bessere Taktung im Berufsverkehr“, schreibt die Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksversammlung, Britta Hermann. Ab Neugraben fährt die S-Bahn morgens zu Stoßzeiten im Fünfminutentakt, ab Fischbek nur alle zehn Minuten.

Die zusätzlichen, in Neugraben einsetzenden Züge sind überdies auch noch nicht mit Pendlern aus dem Landkreis Stade besetzt. Hermann: „Mit dem möglichen Fahrradschnellweg zwischen Fischbek und Neugraben ist zu erwarten, dass deutlich mehr Pendler auch aus den Neubaugebieten das bessere Verkehrsangebot in der Station Neugraben nutzen und per Fahrrad anreisen. Mehr Stellplätze sind daher geboten.“

Da die Radwegeverbindung zwischen den Neubaugebieten und dem Neugrabener Bahnhof – ob nun als Schnellweg oder normaler Radweg – nördlich der Schienen verlaufe, müsse vor allem im nördlichen Bereich des Bahnhofs mehr für Fahrradpendler geschehen. „Bislang gibt es auf der Nordseite keine vermieteten Fahrradboxen“, beklagt Britta Hermann.

Wer von Norden mit dem Fahrrad kommt, muss zunächst den Bahnhof über den Süderelbebogen umfahren, um an abschließbare Fahrradboxen zu gelangen. Nördlich des Bahnhofs befindet sich allerdings das Park-and-ride-Haus Neugraben. Hier sehen die Grünen die Möglichkeit für eine schnelle Lösung: „Die Auslastung der P+R-Anlage ist seit der Einführung von Parkgebühren stark zurückgegangen“, sagt Britta Hermann, „deshalb ist im Parkhaus Platz, um Fahrradabstellmöglichkeiten einzurichten.“

Dem Geschäftsführer der Park-and-ride-Betriebsgesellschaft, Heino Vahldieck, widerstrebt dieser Gedanke: „Fahrradstellplätze in Parkhäusern sind keine gute Idee“, sagt er. „Wir haben in einigen Parkhäusern Mietboxen für Fahrräder, aber wir sind nicht glücklich damit. Fahrradverkehr in Parkhäusern erhöht die Unfallgefahr. In einigen Parkhäusern haben wir die Mietboxen deshalb auch wieder nach außen verlagert. Frei zugängliche Plätze gehen erst recht nicht.“

Grundsätzlich schätzt er die Problematik am Neugrabener Bahnhof ähnlich ein wie die Grünen. „An vielen Bahnhöfen in der Stadt fehlen Plätze, und Neugraben haben wir da besonders im Blick“, sagt er. „Wenn der Bedarf nördlich des Bahnhofs steigt, muss auch dort etwas geschehen. Man kann nicht erwarten, dass die Pendler lange Umwege fahren oder ihr Fahrrad über die Treppen schleppen. Bislang ist der Bedarf auf der Südseite aber weitaus größer.“

Auch wenn Vahldieck die Problematik kennt, heißt das nicht, dass bald etwas geschieht. „Der Neugrabener Bahnhof wird im Rahmen der Stadtentwicklung umgestaltet“, sagt er. „Im Zuge dieser Bauarbeiten werden auch wir aktiv. Sonst müssen wir den selben Bahnhof zweimal anfassen, und wir haben in der ganzen Stadt viel zu tun.“

Die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes ist seit 2009 geplant und schon mehrmals auf Eis gelegt oder verschoben worden. Nach Abwarten ist den Grünen deshalb nicht zumute: „Es muss etwas geschehen“, sagt Britta Hermann. „Man könnte ja jetzt schon Mietboxen auf der Nordseite aufstellen. Die muss man hinterher dann nur noch versetzen oder erweitern.“

Bike-and-ride-Konzept

An fast allen Schnellbahn- und Regionalverkehrshaltestellen sowie an einigen HADAG-Fähranlegern gibt es Fahrradstellplätze.

Abschließbare, vermietete, Abstellplätze für Fahrräder gab es bislang hauptsächlich an Park-and-ride Häusern. Mit dem neuen Bike-and-ride-Konzept will Hamburg nun auch an Stationen ohne Parkhaus das Fahrradstellplatzangebot verbessern, zum Beispiel in Heimfeld.

Bis 2025 sollen im gesamten HVV-Bereich weitere rund 12.000 Stellplätze – frei zugänglich oder vermietet – entstehen.