Beim Festival „A Summer’s Tale“ in Luhmühlen gibt es noch bis Sonnabend viele unterschiedliche Angebote – für Besucher mit und ohne Kinder. Beim Woodworking, Wine-Tasting oder Filzen können sie Neues lernen und Gleichgesinnte kennenlernen. Und natürlich gibt es viel Musik
Mit leicht zusammengekniffenem Auge hält ein junger Mann mit Bart ein helles Stück Holz gegen die Sonnenstrahlen. An einer Ecke schimmert es offenbar noch nicht optimal. Er nimmt das Holz auf die Knie und setzt erneut mit dem Schleifpapier an. „Beim Schleifen vergessen viele die Zeit“, sagt Uli Weber. „Ich rate dazu, erst zu bauen und die Feinheiten am Schluss zu machen.“ Der Zimmerermeister leitet den Holz-Workshop beim „A Summer’s Tale“. Bei dem Festival in Luhmühlen ist das Programm aus Kursen, Vorträgen und Sportaktivitäten mindestens genauso wichtig wie die Konzerte.
Beim Woodworking bauen die jeweils 24 Teilnehmer unter Uli Webers Anleitung kleine Sitzhocker aus Fichtenholz. Die Sitzfläche besteht aus recycelten Bannern vom vergangenen Jahr. Der Nachhaltigkeitsgedanke prägt das gesamte Festival – vom Bio-Essen, über den Öko-Strom bis zu den Kompost-Toiletten. Auch Petra baut mit ihrem vierjährigen Patensohn Manu und dessen Mutter Claudia einen Hocker. „Gemeinsam sind wir stark“, meint die Hamburgerin und bohrt ein weiteres Loch. Sie hätten noch viel vor, sagt Claudia. „Wir wollen in den Barfußpark und zur Kräuterwanderung. Und natürlich die Musik genießen.“
Einen Tisch weiter versucht sich Dirk mit seinem Sohn Jan und dessen Freund Henry im Holzbau. „Und meine Frau macht gerade Yoga“, erzählt er und muss lachen über das Klischee. Tatsächlich ist das Programm so aufgebaut, dass sich für Sportbegeisterte und Hobbyhandwerker ebenso Angebote finden wie für Naturfreunde und Genussmenschen. „Für Familien ist es großartig hier“, meint Denise, die mit ihrer siebenjährigen Tochter Lotta eine Scheibe von einem Baumstamm absägt und mit einem Brandeisen das Festival-Logo einbrennt. „Es gibt ein tolles Kinderprogramm, es ist sauber und einfach entspannt“, sagt die 40-Jährige, die zum dritten Mal hier ist.
Filzen mit Nadeln können auch Anfänger schnell lernen
Damit die Teilnehmer ihre Hocker in einer Stunde fertig haben, hat Uli Weber das Holz schon vor dem Festival in passende Stücke geschnitten. Aneinander gelegt hätten die Bretter eine Strecke von 1,2 Kilometer ergeben.
Viel Verbrauch ist auch zwei Türen weiter beim Filz-Workshop. 400 Nadeln habe sie mitgebracht, sagt Leiterin Carmen Ripper. „Ich hatte damit gerechnet, dass vielleicht bei jedem zweiten Teilnehmer eine zu Bruch geht.“ Aber schon bis Donnerstagvormittag sind etwa 150 Nadeln in den Müllbechern gelandet. „Versucht, locker und senkrecht aus dem Handgelenk zu stechen“, rät die 48-Jährige, die in Hamburg ein Stricklabel betreibt, den Teilnehmerinnen. „Und passt auf eure Finger auf!“
Carmen Ripper, die ein leuchtend gelbes Tuch um die Schultern trägt, hat im vergangenen Jahr Fingerstricken angeboten, diesmal wird gefilzt. Innerhalb einer halben Stunde entstehen bunte Herzen, Sterne und Schnurrbärte aus Filz. Mieke aus Neugraben kennt die Technik aus der Schule, sie hält am Ende stolz einen Stern in zwei Blautönen in die Höhe.
Neben ihr sitzt Katrin aus Hamburg. Die 37-Jährige will auf dem Festival, „so viel wie möglich mitnehmen“. Denn die Mutter von vier Kindern hat an diesem langen Wochenende ausnahmsweise Zeit für sich – die Familie ist zu Hause geblieben. „Ich freue mich darauf, viel auszuprobieren. Und auch eine Kanufahrt will ich machen.“
Wer Kinder mitgebracht hat, kann mit ihnen die Zwergenstadt besuchen. In und vor einem großen Zelt können Kinder toben, spielen und basteln. Chris lässt seine Tochter Mimi Ida über eine Slackline balancieren – das schafft sogar die Anderthalbjährige. Der 34-Jährige will mit Frau und Tochter auch Konzerte besuchen: die Pixies und Judith Holofernes stehen auf ihrem Programm. Dafür haben sie Ohrenschützer für das Mädchen besorgt. „Wenn das nicht funktioniert, wechseln wir uns ab.“
Nur für Erwachsene ist das Wine-Tasting in der „Probiererei“. Gerade preist hier Robert Peters die Vorzüge eines guten Rosés an. „Der tanzt ein bisschen zwischen den Stühlen, wenn wir uns nicht zwischen Rot und Weiß entscheiden können, er passt gut zu Lachs, gegrilltem Hähnchen oder leichten Pastagerichten.“ Die 50 Besucher, die an zwei langen Tischreihen den Tipps lauschen, nippen an ihren Gläsern. Sie kosten sich innerhalb einer Dreiviertelstunde durch ein komplettes Menü mit passenden Weinen – es gibt Käse, Falafel, Pizza, Schokolade und Honigwaffel, in kleinen Häppchen und von den Gastronomieständen, die auf der Wiese hinter der Probiererei aufgebaut sind.
Bei diesem Festival geht es gesellig und doch entspannt zu
Beim Süßwein angelangt, wird das Gemurmel in dem großen Raum mit den hohen Decken immer lauter, Robert Peters muss sich bemühen, wieder gehört zu werden. „Die Akustik ist eine Herausforderung“, sagt er. „Aber das ist eigentlich harmlos. Es soll ja gesellig sein. Das ‘A Summer’s Tale’ ist das friedlichste Festival überhaupt.“
Das wird auch auf dem etwas abseits gelegenen Luhe-Deck deutlich. 120 Besucher haben hier in einem Zelt, durch dessen offene Vorderwand sie auf Bäume blicken, ihre Yogamatten ausgerollt. Dicht an dicht strecken sie im Einklang ihre Arme, beugen sich nach vor oder richten den Blick nach oben. Yogalehrerin Lea Zubak spricht trotz – oder wegen – des Mikrofons an ihrer Wange mit ruhiger Stimme. Die 33-Jährige gibt in Luhmühlen auch Kurse für Nia, Kindertanz und Thai Yoga Massage. Dass sie oft große Gruppen vor sich hat, sieht sie als Vorteil. „So bekommt jeder Inspiration von links und rechts. Es ist doch toll und macht viel von der besonderen Festivalatmosphäre aus, von anderen getragen zu werden.“