Hittfeld. Spenden sind wichtige Einnahmequelle für Kirchengemeinden. Superintendent Dirk Jäger setzt auf Engagement für Projekte.

Wenn Dirk Jäger über die Zukunft der Kirche in der Region spricht, benutzt er Begriffe wie Projekte, Zielorientierung und Verbundenheit. Ebenso wie Wirtschaftsunternehmen erkannt haben, dass sie im Wettbewerb um gute Mitarbeiter auch Mitbestimmung und Flexibilität bieten müssen, hat im Kirchenkreis Hittfeld ein Umdenken eingesetzt. Künftig sollen die Mitglieder ihre Kirchengemeinde wieder stärker als Ort wahrnehmen, an dem sie gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas bewegen und sich jeweils nach ihren Möglichkeiten einbringen können – praktisch und finanziell.

17 Gemeinden umfasst der Kirchenkreis, an dessen Spitze Superintendent Dirk Jäger steht, darunter größere wie St. Johannis in Buchholz oder die jüngst aus Nenndorf und Klecken zusammengelegte Gemeinde Rosengarten, und kleinere wie in Bendestorf oder Handeloh. So unterschiedlich wie die Kirchengemeinden sind, so vielfältig sind die Projekte, mit denen sie das Gemeindeleben verbessern wollen – und für die sie Geld benötigen.

Freiwillige Beiträge gehen direkt an Kirchengemeinden

Zwar sinken die Einnahmen aus der Kirchensteuer, die nach Höhe des Einkommens berechnet wird, dank der guten Konjunkturlage nicht in gleichem Maße wie die Zahl der Mitglieder. Da aber absehbar ist, dass es künftig immer weniger zahlende Mitglieder geben wird, setzt die Kirche zunehmend auf alternative Einnahmenquellen.

So nutzen alle Gemeinden im Kirchenkreis Hittfeld die Möglichkeit, ihre Mitglieder um einen sogenannten Freiwilligen Kirchenbeitrag zu bitten. Jeder kann selbst jedes Jahr aufs Neue entscheiden, ob er zahlen will und wenn ja, welche Summe er geben will. Auch zweckgebundene Spenden sind möglich. Hinzu kommen weitere Spenden von Einzelpersonen, Förderkreisen oder Erlöse aus Veranstaltungen.

Im Gegensatz zur Kirchensteuer, die von der Landeskirche nach einem Pro-Kopf-Schlüssel verteilt wird, geht dieses Geld direkt an die örtlichen Kirchengemeinden. Das Extra-Geld wird zum Beispiel genutzt, um Orgeln zu restaurieren, Gemeindehäuser zu sanieren, Spielgeräte anzuschaffen oder auch Stellen anteilig zu finanzieren. Die Spender leisten so ihren Beitrag zur Finanzierung von Projekten, die sie direkt verfolgen können. Ein Ersatz für die Kirchensteuer könne die freiwillige Zahlung nicht sein, meint Dirk Jäger. Aber sie sei eine sinnvolle und notwendige Ergänzung.

Fundraising gewinnt an Bedeutung

Noch seien die typischen Kirchgeldzahler um die 70 Jahre alt und seit langem mit der Kirche verbunden, sagt Carolin Wöhling. Sie ist seit kurzem für das Fundraising, das Einwerben von Spenden, im Kirchenkreis zuständig. Dass diese Stelle neu eingerichtet wurde, zeigt, dass das Bemühen um zusätzliche Einnahmen an Bedeutung gewinnt. Denn längst ist die Kirchenzugehörigkeit nicht mehr selbstverständlich, immer öfter ist der Eintritt, Austritt oder Verbleib in die Kirche eine bewusste Entscheidung. Zu den Aufgaben der Fundraiserin gehört es daher auch, die Kirchengemeinden dabei zu unterstützen, die Verbundenheit der Mitglieder mit ihrer Gemeinde zu stärken. Wer sich mit seiner Kirche identifiziert, ist – so die Idee – auch eher bereit, sich dort einzubringen, sei es durch eine Spende oder persönliches Engagement.

Carolin Wöhling, Kirchenkreis Hittfeld, Fundraising und Öfentlichkeitsarbeit
Carolin Wöhling, Kirchenkreis Hittfeld, Fundraising und Öfentlichkeitsarbeit © HA | Lena Thiele

Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Kirchengemeinden anders als bisher auf die Menschen zugehen, meint der Superintendent. „Wir brauchen einen Perspektivenwechsel“, sagt Dirk Jäger. „Viele engagierte Familien, die hier in der Region wohnen, sind beruflich bereits sehr eingespannt und haben keine Zeit für ein weiteres Ehrenamt. Wir sollten uns nicht nur fragen, wie wir sie einbinden können, sondern auch: Was können wir zu ihrer Entlastung anbieten?“ Zudem seien jüngere Leute oft eher bereit, sich in zeitlich begrenzten Projekten zu engagieren, als beispielsweise ein Amt zu übernehmen, das sie für längere Zeit an eine Aufgabe bindet.

Menschen haben weniger Zeit für Engagement

„Es kommt dem heutigen Lebensgefühl entgegen, wenn sich die Menschen für ein bestimmtes Projekt zusammentun und einsetzen“, sagt Jäger. Damit seien die vielen kirchlichen Einzelprojekte für junge Menschen auf dem Land schon jetzt attraktiver als traditionelle Vereine, die oft eine starke und langfristige Verbindlichkeit einfordern. Auch ein möglichst konkretes Ziel des gemeinsamen Einsatzes sei wichtig.

Dann könnten die Kirchengemeinden mit ihren Chören, Jugendgruppen, Förderkreisen und Organisationsteams von Kulturveranstaltungen zu jenem Ort der Identifikation werden, den vor allem jüngere Menschen sich wünschen – nicht nur im Berufsleben, sondern in jedem Lebensbereich, in dem sie ihre Zeit, ihre Fähigkeiten und ihr Geld für ein sinnvolles Ziel einbringen wollen.

Mit Kirchgeld werden zusätzliche Projekte finanziert

Mit dem Freiwilligen Kirchenbeitrag werden zum Beispiel Sanierungen, Projekte in der Jugendarbeit oder Anschaffungen, aber auch Stellen anteilig finanziert. Über die Verwendung des Kirchgelds entscheidet der jeweilige Kirchenvorstand, Spenden können aber auch an einen bestimmten Zweck gebunden werden.

Insgesamt 282.629 Euro kamen 2016 in den Gemeinden im Kirchenkreis Hittfeld auf diese Weise zusammen. Allein in Tostedt zahlten Kirchenmitglieder rund 41.797 Euro zusätzlich, St. Paulus in Buchholz nahm 33.990 Euro ein, Neu Wulmstorf 29.245 Euro und Hollenstedt 23.463 Euro. Mit weiteren Spenden stiegen die Extra-Einnahmen auf 539.000 Euro im Kirchenkreis. Über die Kirchensteuer kamen etwa 5,5 Millionen Euro zusammen.
Für folgende Projekte
wurde zuletzt Geld gesammelt: ein barrierefreier Zugang zur Kirche in Bendestorf, Musikveranstaltungen in Holm-Seppensen, der Besuchsdienst in Buchholz, Erneuerung der Toiletten in St. Johannis, der Kulturkirche in Buchholz, die Modernisierung des Gemeindehauses in Jesteburg, neue Bezüge der Kirchstühle und eine Sitzecke im Kirchgarten in Heidenau, die Einebnung des Behindertenparkplatzes in Elstorf, einen Fahrstuhl zum Gemeindesaal im ersten Stock in Neu Wulmstorf sowie den Erhalt der Kirchengebäude in Moisburg.

Eine Besonderheit ist die anteilige Finanzierung von Stellen: In Hollenstedt zahlt der Kirchkreis die halbe Stelle von Diakonin Jana Langhof, die für die Kinder- und Jugendarbeit zuständig ist. Um die andere halbe Stelle für mindestens drei Jahre zu finanzieren, sammeln die Kirchengemeinden Hollenstedt und Moisburg Spenden.


Die Aufforderung
zu einer freiwilligen Spende für konkrete Projekte wird einmal im Jahr als Spendenbrief an die Mitglieder verschickt, in der Regel im Dezember. Einige Gemeinden legen den Spendenbrief auch dem Gemeindebrief bei.