Wilhelmsburg . Stadt will in die Strecke an der südlichen Georg-Wilhelm-Straße sanieren. Bis zu 25 Bäume müssten dazu gefällt werden.

Die Freie und Hansestadt Hamburg plant, den Radweg entlang der südlichen Georg-Wilhelm-Straße auf einer Länge von zwei Kilometern im Jahr 2020 neu zu bauen. Der Haken daran ist: 20 bis 25 Bäume würden dem Bauvorhaben zum Opfer fallen. Dem Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg erscheint der Preis zu hoch – er spricht sich gegen den Radwegneubau aus. Der vorhandene Radweg, sagen die Bürgervertreter, sei in einem akzeptablen Zustand und lasse sich mit wenigen Ausbesserungsarbeiten herrichten.

Die Georg-Wilhelm-Straße wird auf dem Abschnitt zwischen Mengestraße und Pollhornweg instandgesetzt. Der Radwegneubau bildet einen Teil der Gesamtsanierung. Etwa vier Millionen Euro werden die Bauarbeiten laut der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation kosten – eine Million Euro davon entfallen auf den Radverkehr.

Das ist geplant: In Fahrtrichtung Süden zur Kornweide und Alten Süderelbebrücke ist ein Radfahrstreifen auf der Fahrbahn vorgesehen. Zurzeit teilen sich Radfahrer und Kraftfahrzeuge bereits die Fahrbahn, allerdings auf einem für Radfahrer unangenehmen Angebotsstreifen ohne Trennlinie. Den früheren Radfahrstreifen musste die Stadt Hamburg nach einem Rechtsstreit aufheben – jetzt soll er rechtlich korrekt gestaltet wieder geschaffen werden.

Umstritten ist der Radwegneubau in Richtung Norden, eine Route zum Inselpark. Die Verkehrsbehörde will die Radfahrer hier auf einem getrennten Radweg im Seitenraum und an großen Knotenpunkten auf Radfahrstreifen führen. Bisher ist der Radweg entlang dieses Streckenabschnitts 1,60 Meter breit. In Zukunft soll er großzügiger sein: zwei oder 2,25 Meter breit.

Was die 25 Zentimeter Unterschied ausmachen würden, erklärte der Sprecher der Verkehrs-AG des Beirates für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg, Michael Ulrich, neulich den übrigen Beiratsmitgliedern: Fünf Bäume zusätzlich müssten gefällt werden. Im Falle der zwei Meter breiten Variante, das ist die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbreite im Radwegneubau, müssten 20 Bäume gefällt werden. Bei einem 2,25 Meter breiten Radweg würden 25 Bäume fallen.

Ein Dilemma, aus dem sich die Behörde befreien wollte, und um ein Votum des Stadtteilbeirates bat. Die Reaktion fiel anders aus als gedacht: Weder zwei Meter noch 2,25 Meter breit solle der Radweg ausfallen, sondern so bleiben wie er ist, befanden die Bürgervertreter von den Elbinseln. Mehrere Beiratsmitglieder, darunter die Stadtplanerin Cornelia Stolze und die frühere Grünen-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, Jutta Kodrzynski, sowie Gäste machten im Bürgerhaus Wilhelmsburg deutlich, dass ihrer Meinung der Radweg nicht sanierungsbedürftig sei und die verlorenen Bäume ein zu hoher Preis seien. Es gebe andere Radwege in Wilhelmsburg, an denen das Geld für eine Sanierung besser investiert sei.

Seit dem vergangenen Jahr gibt es in Hamburg ein „Bündnis für den Radverkehr“, ein Pakt zwischen Senat, Fachbehörden und den Bezirken mit dem Ziel, den Radverkehr stark auszubauen. Mindestens 9,5 Kilometer Strecke Velorouten sollen bis zum Jahr 2020 ausgebaut werden. Zusätzlich rund 35 Kilometer übliche Radwege in den Bezirken Harburg, Altona, Eimsbüttel, Mitte, Nord und Wandsbek.

„Radwege ertüchtigen und Bäume fällen, das beißt sich“, sagt Michael Ulrich. Fahrradverkehr sei der ökologische Stadtverkehr. Deshalb müssten intelligente Lösungen her, die auf den Baumbestand Rücksicht nähmen.

Der frühere Harburger Bezirksamtsleiter und Jurist weiß aber auch: Die Fragen, ob der Radweg an der Georg-Wilhelm-Straße neu gebaut und wie breit er ausfallen wird, unterliegen nicht der Bürgerbeteiligung. Die Verkehrsbehörde muss nicht auf den Stadtteilbeirat hören – und wird es in diesem Fall wohl auch nicht tun.

Auf die Frage dieser Zeitung, ob der Radweg trotz der Bedenken des Stadtteilbeirates neu gebaut werden, antwortete die Behörde. „Die aufgrund der dort geplanten städtebaulichen Entwicklung zunehmende verkehrliche Belastung sowie die mangelnde Qualität der Radverkehrsanlagen und der Fahrbahnbeschaffenheit begründen eine dringliche Modernisierung der Verkehrsanlagen.“

Das heißt: Der Radweg wird neu gebaut. In welcher Breite, lässt die Behörde noch offen. Die Bauarbeiten sollen 2020 beginnen und dauern zehn Monate. Der tatsächliche Baubeginn ist allerdings abhängig vom Verlauf der Deicherhöhung im Jahr 2019 und der Fertigstellung der verlegten Wilhelmsburger Reichsstraße.