Harburg/Hittfeld. Vereine und Anbieter in der Region haben immer längere Wartelisten. Es gibt zu wenig Lehrer und Hallenzeiten.
Eltern in Harburg und im Landkreis müssen immer längere Wartezeiten in Kauf nehmen, wenn sie ihre Kinder zu Anfängerschwimmkursen anmelden wollen. Bei manchen Anbietern beträgt die Wartezeit mehr als zwei Jahre, Kursleiter raten, Kinder bereits anzumelden, noch bevor sie im Kindergartenalter sind.
In der Schwimmschule Delphin in Harburg wartet man laut Besitzer Uwe Legahn bis zu eineinhalb Jahre auf einen Platz im Anfängerschwimmkurs. Bei der Deutschen Lebensrettungs Gesellschaft (DLRG) Harburg können die Wartelisten sogar noch länger sein. Björn Lange von der DLRG sagt: „Manche Kinder müssen bis zu zweieinhalb Jahre auf einen Platz beim Anfängerschwimmen warten“. Lange betont indes, dass Kinder dann bei der DLRG „ohne Zeitdruck das Schwimmen erlernen können.“
Etwas leichter hat man es beim Turn- und Schwimmverein (TuS) Harburg. Hartmut Wirl vom TuS sagt: „Der Verein bietet um die 20 Schwimmkurse in der Woche für jeden Leistungsstand.“ Drei Mal im Jahr beginnen neue Schwimmkurse, Kinder die auf der Warteliste stehen, werden zu einem kostenfreien Richtungsschwimmen eingeladen und dann entsprechend einem passenden Kurs zugeordnet. Wenn die Eltern mit Zeit und Wochentag flexibel seien, könne jedem Kind ein Platz geboten werden. Die Wartezeiten beim TuS belaufen sich demnach auf rund drei Monate. Im Umland von Harburg sieht es teilweise nicht besser aus. Jutta Fröhlich vom TSV Hittfeld rät den Eltern: „Meldet eure Kinder an, wenn sie in den Kindergarten kommen.“ Denn auch dort betragen die Wartezeiten derzeit zwei Jahre. Beim Buchholz Bad starten die Anfängerkurse alle drei Monate, hier gibt es derzeit genug Plätze. Intensivkurse werden drei- bis viermal in der Woche und oft am frühen Nachmittag angeboten – was für einige berufstätige Eltern nicht optimal ist.
Oft teilen sich Vereine die Schwimmhallen
Gründe für die langen Wartelisten sind laut der DLRG in Harburg oft die fehlenden Schwimmzeiten, da sich oft mehrere Vereine die Schwimmhallen teilen müssen. Ein weiterer Grund: Der Mangel an ausgebildeten Schwimmtrainern. Björn Lange vom DLRG Harburg sagt: „Es wird es immer schwieriger, Mitglieder zu motivieren, eine Ausbildung zum Schwimmlehrer zu machen, und dann ehrenamtlich Schwimmkurse zu leiten.“ Dies sei oft nicht mehr mit Beruf und Freizeit der DLRG-Mitglieder vereinbar, so Lange. Auch Hartmut Wirl vom TuS Harburg beklagt: „Es wird immer schwieriger, an geeignete Trainer zu kommen.“ Der Grund für den Mangel an Trainern und Schwimmzeiten ist unter anderem die fehlenden Subventionierung von Schwimmbädern, die oft aus Geldmangel schließen müssten.
Jutta Fröhlich vom TSV sieht den Grund für lange Wartelisten auch darin, dass Eltern ihre Kinder bei mehreren Schwimmvereinen und -schulen anmelden und vergessen, die anderen Plätze wieder abzusagen, wenn das Kind andernorts für einen Kurs angenommen wurde: „Dadurch bauschen sich die Wartelisten auf“..
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der DLRG können immer weniger Kinder schwimmen. Von den Sechs- bis Zehnjährigen besitzen deutschlandweit nur 40 Prozent das Seepferdchen. Michael Drietel von Bäderland Hamburg, das in Kooperation mit dem Bundesland Hamburg den Schwimmunterricht in den Grundschulen für Klasse drei und vier organisiert, sagt jedoch: „Das trifft auf das Bundesland Hamburg nicht zu.“ Hier sei die Quote besser. In Harburg selbst ist die Quote knapp doppelt so hoch. Im Jahr 2016 verließen laut der Behörde für Schule und Berufsbildung 81,8 Prozent der Harburger Kinder die Grundschule mit dem Seepferdchen.
Die DLRG betont jedoch, dass Kinder mit Seepferdchen zwar keine Nichtschwimmer seien, aber erst mit dem Bronze-Schwimmabzeichen als „sichere Schwimmer“ eingestuft werden könnten. Der Schwimmunterricht an den Grundschulen wird zudem vielerorts kritisiert.
Kritik an Schwimmunterricht an Schulen
Hartmut Wirl vom Turn- und Schwimmverein Harburg (TuS) sagt, der Schwimmunterricht an den Schulen sei eine „Alibi-Ausbildung, die allein nicht ausreicht, damit Kinder vernünftig schwimmen lernen.“ Uwe Legahn, Besitzer der Schwimmschule „Delphin“, kritisiert die politische Entscheidung, die pädagogisch ausgebildeten Lehrer ausgerechnet in diesem oftmals heiklen Lernfeld von ihrer wichtigen Aufgabe zu entfernen, um sie den im Staatshaushalt „günstigeren“ Schwimmmeistern zu übertragen. „Das Wasser empfinden Kinder zunehmend als beängstigendes Element, deswegen werden vor allem gute Pädagogen gebraucht, um die Kinder an das Schwimmen heranzuführen“, sagt Legahn.
Er erlebt deswegen, dass in seine Schwimmschule auch ältere Kinder kommen, die das Schwimmen noch nicht beherrschen. Die Hamburger FDP bemängelte jüngst ebenfalls einen Qualitätsabfall beim Schulschwimmen: Der Unterricht sei zwar von der sechsten Klasse in die Grundschule verlegt worden. Die Maßnahme habe aber nur eine Verdichtung und keine Verbesserung des Unterrichts bewirkt. Laut Legahn müssen sich Inhalte und Ziele des Schwimmunterrichts grundlegend ändern. „Besonders Sicherheitsübungen muss mehr Bedeutung geschenkt werden, damit die Gefahr des Ertrinkens deutlich reduziert wird.“
Ein weiterer Grund dafür, dass Kinder nicht richtig schwimmen lernen ist laut Hartmut Wirl auch das fehlende Engagement vieler Eltern: „Die Kinder nur zum Schwimmunterricht in die Schule, in den Verein oder in die Schwimmschule zu schicken, reicht nicht.“ Eltern sollten mit ihren Kindern in der Freizeit schwimmen gehen um Erlerntes zu vertiefen.
Schwimmschulen und Vereine – und die Wartezeiten
Schwimmschule „Delphin“ in Sinstorf/Beckedorf, bis zu 1,5 Jahre. Tel. 04105/869 34 70
DLRG Harburg, etwa zwei bis 2,5 Jahre. DLRG-Mitgliedschaft erforderlich. Anmeldung unter: www.harburg.dlrg.de/ausbildung
TuS Harburg, Bostelbek, etwa drei Monate. Tel. 040/ 790 16 60
TSV Eintracht Hittfeld, etwa zwei Jahre Wartezeit. Tel. 04105/540 03
Buchholz Bad, für gewöhnlich keine Wartezeit. Tel. 04181 / 42 16
Winsener Schwimmverein, Tel. Tel. 04174/ 29 33