Heimfeld. Viele Radfahrer weichen auf Gehweg aus. Politiker diskutieren über Tempo 30. Anwohner hatte Musterklage eingereicht.

Die Forderung nach Tempo 30 auf der Heimfelder Straße wird lauter. Nachdem Anwohner Marcus Pietsch jüngst seine Musterklage gegen das zuständige Polizeikommissariat wegen Untätigkeit in puncto verkehrsbeschränkende Maßnahmen beim Verwaltungsgericht eingereicht hat (das Abendblatt berichtete), soll jetzt auch von Seiten der Bezirksversammlung erneut Druck auf die zuständigen Behörden ausgeübt werden.

Die Fraktionen der Neuen Liberalen der Linken werden am 8. Juni einen entsprechenden Antrag einbringen. Auslöser für den Vorstoß ist der Rückbau des Radweges auf der Südseite der Straße. Bereits 2012 wurde der Radweg auf der Nordseite abgebaut. 560.000 Euro investiert der Bezirk in die Pflasterung des Bürgersteigs zwischen Eißendorfer Pferdeweg und Wattenbergstraße. In der Summe enthalten ist auch die Erneuerung der Bushaltestellen und Nebenflächen an der S-Bahnstation Heimfeld. Künftig müssen alle Radfahrer, die älter als zehn Jahre sind, auf der Straße fahren. Wer den Gehweg benutzt, muss mit einem Bußgeld von 15 Euro rechnen.

„Wer den Radverkehr fördern möchte, kommt an Tempo 30 nicht vorbei“, sagt Kay Wolkau, Fraktionsvorsitzender Neuen Liberalen in Harburg. Er befürchtet, dass in Zukunft noch mehr Radfahrer auf dem Bürgersteig fahren werden – aus Angst, auf der Straße zu verunglücken. Das Radfahren werde nicht gefördert, sondern behindert. Fakt ist: Pro Tag verkehren auf der Heimfelder Straße 406 Busse, im Schnitt alle zweieinhalb Minuten einer. Zur Rushhour kommen rund 500 Kraftfahrzeuge pro Stunde hinzu. Jugendliche und Kinder nutzen die Straße, um mit dem Rad zur Schule zu fahren. Alle Verkehrsteilnehmer teilen sich nun eine Straße von 6,50 Metern Breite.

„Die Straße ist so schmal, dass ein sicheres Überholen im Begegnungsverkehr nicht möglich ist“, sagt Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). „Viele Radfahrer trauen sich daher nicht, auf der Fahrbahn zu fahren.“ Die Folge: Sie fahren schon jetzt weiterhin auf dem Gehweg und riskieren damit auch Unfälle mit Fußgängern.

Tatsächlich war die Heimfelder Straße im Jahr 2015 diejenige Straße im Bezirk Harburg, auf der die meisten Radfahrer schwer verletzt wurden – alle aber auf dem Gehweg bei Zusammenstößen mit Fußgängern. Laut ADFC ist das Problem der Straßenquerschnitt. Denn beim Vorbeifahren an längs parkenden Fahrzeugen müssen Radfahrende etwa eine Türbreite Abstand zu diesen einhalten. Darüber hinaus benötigen sie etwa einen Meter Verkehrsraum. Vom nachfolgenden Verkehr dürfen Radfahrer wiederum nur mit einem Abstand von etwa zwei Metern überholt werden. Beim Überholen müssen Fahrzeuge auf einer sechs bis sieben Meter breiten Fahrbahn daher immer auf die Gegenspur fahren.

Da sich ein Radschutzstreifen wegen der zu geringen Breite der Straße nicht realisieren lässt, hat sich der Distrikt bereits 2016 mit der Forderung nach Tempo 30 an die Innenbehörde gewandt. Doch die lehnte ab. Die Begründung: Ein solches Vorhaben „würde in letzter Konsequenz dazu führen, dass überall, wo keine Radverkehrsanlagen vorhanden sind, zur Erhöhung des Sicherheitsempfindens der Radfahrer und/ oder zu ihrem Schutz Tempo 30 angeordnet werden müsste“.

Mit dem Antrag wollen die Parteien nun erneut Druck ausüben. Dass die Mehrheit in der Bezirksversammlung zustimmen wird, ist so gut wie sicher. SPD-Fraktionschef Michael Dose: „Wir werden zumindest zwischen Milchgrund und Heimfelder Platz Tempo 30 fordern.“ Denn dort seien wegen Schulen und Geschäften besonders viele Radfahrer betroffen.