Marmstorf. Das Marmstorfer Einkaufszentrum feiert am Wochenende Jubiläum. Bäcker Becker ist von Anfang an dabei gewesen.

Heute und morgen feiert das Marmstorfer Einkaufszentrum sein 50-jähriges Bestehen. Ein einziges Geschäft hat es geschafft, seit der Eröffnung des Einkaufszentrums im Jahr 1967 dabei zu sein: Bäcker Becker. Der Familienbetrieb ist mittlerweile in dritter Generation hier. Im vergangenen Jahr übernahm Wiebke Becker die Geschäftsführung von Peter Becker, der das Geschäft wiederum 1975 von seinem Vater Walter übertragen bekommen hatte.

Als Walter Becker 1967 seinen Betrieb nach Marmstorf verlagerte, war er schon acht Jahre selbstständiger Bäckermeister. Seine Bäckerei befand sich am Ehestorfer Weg in Eißendorf. Das Angebot aus Marmstorf war für den gebürtigen Appelbütteler so etwas wie die Chance zur Heimkehr. Damals, Mitte der 60er-Jahre entwickelte sich Marmstorf in kürzester Zeit vom Dorf zum Stadtteil. „Überall wurde gebaut“, erinnert sich Peter Becker, „aber schon damals in einer vernünftigen Mischung aus Sozialwohnungen und Wohneigentum. Und in solchen Gebieten Einkaufszentren zu bauen, war damals ganz neu und große Mode.“

Für die Neu-Marmstorfer war es ideal, so gut wie jeden Einkauf fußläufig erledigen zu können. Einige, die schon 1966 in die neuen Plattenbauten des Stadtteils eingezogen waren, waren heilfroh: Ein Jahr lang hatte es nirgendwo in angemessener Entfernung Einkaufsmöglichkeiten gegeben. Jetzt gab es endlich fast alles.

„Hier waren ein Spiel- und Schreibwarenhändler mit Lottoannahmestelle, eine Drogerie, zwei Banken, ein Fischhändler, der Pro-Markt und sogar ein Fliesenfachgeschäft“, erinnert sich Peter Becker, „wenig später kam auch eine Apotheke.“

Einkaufszentren wie diese entstanden damals in allen Quartieren, die neu gebaut wurden – und das waren in Hamburg einige, denn nicht nur der Baby-Boom sorgte für Druck auf einen Wohnungsmarkt, auf dem immer noch Nachkriegsmangel herrschte. Es wurden unter dem Eindruck der Sturmflut von 1962 auch ganze Stadtteile umgesiedelt. Überall in Hamburg entstanden also neue Wohngebiete und damit Einkaufszentren.

Längst nicht alle florieren allerdings immer noch so, wie das Marmstorfer Einkaufszentrum. „Dass es hier so gut läuft, liegt auch daran, dass die Bevölkerungsmischung in Marmstorf eine gesunde ist und das hängt damit zusammen, dass wir hier noch einige dörfliche Institutionen haben wie Freiwillige Feuerwehr, Schützen und eine aktive Kirchengemeinde“, sagt Peter Becker.

Ein weiterer Glücksfall für das Marmstorfer Einkaufszentrum war die Tatsache, dass es Wachstumsreserven hatte. In den späten 80er-Jahren, als große Ketten für kleine Geschäfte immer bedrohlicher wurden, wurde das Zentrum nicht nur vergrößert, sondern auch radikal umstrukturiert. Statt des einen Supermarktes gab es nun einen Vollsortimenter und einen Discounter, ein Drogeriemarkt ersetzte die kleine Drogerie. Das Konzept ging auf. Teilweise kamen Kunden sogar aus Tötensen regelmäßig nach Marmstorf. Auch die Bäckerei Becker profitierte vom Wandel und konnte sich in ehemalige Nachbargeschäfte hinein erweitern.

Nicht nur die Einkaufsgewohnheiten der Marmstorfer haben sich geändert, sondern auch ihre Altersstruktur. In den 60er-Jahren wurden die Neubaugebiete hauptsächlich mit dem Augenmerk auf junge Familien errichtet. „Hier wimmelte es vor Kindern“, erinnert sich Peter Becker, „und Ende der 70er-Jahre mussten wir in mehreren Jahrgängen jeweils an zwei Wochenenden die Torten für bis zu 200 Konfirmationen backen.“

Wenige Jahre nach der Konfirmation begannen die Kinder jedoch, wegzuziehen. Die Eltern blieben in Marmstorf und werden hier alt. Nur langsam beginnt der Stadtteil sich wieder zu verjüngen.

Wiebke Becker trägt dazu bei: Demnächst wird sie Mutter. Damit ist der Grundstein für die vierte Generation Beckers im Marmstorfer Einkaufszentrum gelegt – denn dass die Bäckerei hier bleibt, haben Vater und Tochter noch gemeinsam entschieden. „Es stand zur Debatte, dass wir den Backbetrieb auf die grüne Wiese verlagern“, sagt Wiebke Becker, „aber wir sind hier verwurzelt und deshalb bleiben wir hier. Das 75-jährige Jubiläum des Marmstorfer Einkaufszentrums würde ich gerne auch noch mitmachen.“