Harburg. Gefangenen-Sammelstelle bekommt 70 Sammel- und 50 Einzelzellen - klimatisiert, mit dimmbarem Licht und Rauchmeldern ausgestattet
Wer während des G20-Gipfels im Juli in Hamburg in Gewahrsam kommt, wartet in der Gefangenensammelstelle in Harburg mit insgesamt bis zu fünf Personen in einer neun Quadratmeter großen Sammelzelle auf eine richterliche Entscheidung – das sind 1,8 Quadratmeter für jeden. Die schweren Fälle, Insassen, die vorläufig festgenommen sind, gelangen in eine 3,23 Quadratmeter große Einzelzelle. Zum Vergleich: Eine Zelle im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis ist acht Quadratmeter groß.
Erste Details zu den Bedingungen in der ausschließlich während des G20-Gipfels betriebenen Gewahrsamseinrichtung im früheren Fegro-Großmarkt an der Schlachthofstraße hat der Senat jetzt in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus und Christiane Schneider (beide Die Linke) in der Hamburger Bürgerschaft öffentlich gemacht.
Wer in polizeilichen Gewahrsam genommen wird, erhält demnach spätestens nach sechs Stunden eine kalte Speise und ein Getränk. Nach zwölf Stunden haben die Insassen ein Recht auf eine warme Mahlzeit. Die insgesamt 70 Sammel- und 50 Einzelzellen sind alle klimatisiert, mit dimmbarem Licht und Rauchmeldern ausgestattet. Die Justiz hält Decken, Matratzen und Hygieneartikel vor.
Toiletten und Waschgelegenheiten fehlen in den Zellen. Polizeikräfte führen die Insassen zu den Sanitärräumen. Eine Videoüberwachung der Zellen wird es nicht geben. Stattdessen kontrollieren Polizeibedienstete die Zellen, die durch einen Türspion von außen einsehbar sind.
Im März hatte Polizeisprecher Timo Zill die Einrichtung einer Gefangenensammelstelle angekündigt, die es so in der Qualität in Deutschland noch nicht gegeben habe. Die Standards hat das Land Bayern gesetzt. Vorbild sind die Hafträume der bayerischen Polizei während des G7-Gipfels im Juni 2015 in Elmau. Die Länderkommission der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter hatte diese als angemessen bewertet, heißt es in der Senatsantwort.
Die Abgeordneten der Hamburger Linken teilen diese Auffassung nicht: „Von einer menschenwürdigen Unterbringung kann hier nicht gesprochen werden. Es sieht vielmehr so aus, als gehöre die Gefangenensammelstelle mit 70 Sammel- und 50 Einzelzellen zum Abschreckungskonzept der Polizei“, sagt die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider.
Die Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus aus Harburg sorgt sich um junge Demonstranten, die erstmals Erfahrung mit Haftbedingungen machen könnten. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Unterbringung in solch engen Zellen, in denen nicht einmal Sanitäreinrichtungen vorhanden sind, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann“, sagt sie. Personen in Gewahrsam haben die Möglichkeit, telefonisch oder persönlich mit Anwälten zu sprechen. Nach Angaben des Senats werden „weit mehr“ als die ursprünglich vorgesehenen neun Richter eingesetzt sein. Voraussichtlich werden Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte einen 24-Stunden-Schichtbetrieb gewährleisten. Vorgesehen ist, dass Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft die Gefangenensammelstelle vor Inbetriebnahme zu besichtigen dürfen.