Salzhausen. 700 Jahre altes Fachwerkgebäude brennt nieder. Interims-Betreiber des insolventen Salzhausener Landhotels gab vor drei Wochen überraschend auf.

Im historischen Ortskern von Salzhausen ist Freitagnacht der „Josthof“ – eines der ältesten Fachwerkensembles in Nordniedersachsen – niedergebrannt. Eine Zeitungsausträgerin hatte das Feuer in dem Landhotel gegen 3.15 Uhr entdeckt. Meterhohe Flammen schlugen aus dem reetgedeckten Dach des Hauptgebäudes, als die ersten Feuerwehrleute an dem Hotel- und Restaurantbetrieb eintrafen. Ein Übergreifen des Feuers auf zwei Reetdachhäuser, die nur wenige Meter separat neben dem brennenden Gebäude stehen, konnten die Feuerwehrmänner in letzter Minute verhindern. Der Schaden liegt nach ersten Schätzungen bei mehreren Millionen Euro. Verletzt wurde niemand.

Vom reetgedeckten Hauptgebäude griffen die Flammen auf den angrenzenden hinteren Gebäudeteil über und setzten ihn in Brand. Von allen Seiten und von einer Drehleiter kämpften freiwillige Feuerwehrleute gegen die Flammen – ohne Erfolg: Der Hauptgebäudetrakt brannte bis auf die Grundmauern nieder.

Seit drei Wochen ruht der Hotelbetrieb im „Josthof“. „Da relativ schnell klar war, dass sich niemand in dem Gebäude befindet, sind wir nicht in die Innenräume vorgedrungen”, sagt Feuerwehrpressesprecher Mathias Wille. „Das wäre lebensgefährlich.” Insgesamt 150 Feuerwehrleute von elf Wehren kämpften mehr als neun Stunden lang gegen die Flammen. Immer wieder schauen in den Morgenstunden Anwohner vorbei. Ihnen steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben. „Der ,Josthof’ gehört einfach zu Salzhausen. Ich kann es mir ohne den ,Josthof’ nicht vorstellen“, sagt ein Anwohner. Ein Mann aus der Nachbarschaft bringt heißen Kaffee für die Feuerwehrleute vorbei.

Nachdem er bereits in der Nacht an der Brandstelle war, begibt sich Salzhausens Bürgermeister Wolfgang Krause gegen Mittag erneut zur Brandstelle, um sich ein aktuelles Lagebild zu verschaffen. Mittlerweile ist das Gebäude in sich zusammengestürzt. Ein Kran und ein Radlader beginnen damit, Mauerreste niederzureißen. Feuerwehrleute löschen auflodernde Glutnester. Am Mittag ist der Hauptteil des ,,Josthofes’ nur noch ein Haufen aus Schutt und Asche.

„Es ist für die Gemeinde ein sehr großer Verlust“, sagt Bürgermeister Krause dem Abendblatt. „Der ,Josthof’ ist regional und auch überregional bekannt. Er gehört zum kulturhistorischen Ensemble rund um die Kirche und steht unter Denkmalschutz.“ Seit dem Jahr 963 ist hier die erste Hofstelle belegt. Die historischen Fachwerkgebäude auf dem Terrain, wie wir es kennen, wurden im 13. Jahrhundert errichtet. Nur die beiden Nebengebäude und ein Neubau für Veranstaltungen blieben vom Brand verschont.

Die Brandursache ist unklar. Ein technischer Defekt wird ebenso wenig ausgeschlossen wie Brandstiftung. Mittags rückt die Kripo mit einem Spürhund an. Passanten schießen Handyfotos. Die Beamten sichern Spuren in den Resten der Brandruine und kennzeichnen sie mit kleinen Nummernschildern. Dann rücken sie wortlos ab. Mit Ergebnissen sei in den nächsten Tagen zu rechnen, heißt es.

Das Landhotel hatte rund um Salzhausen einen Bekanntheitsgrad wie der Hamburger Michel. Es wurde mehrfach ausgezeichnet und galt als eine der ersten Adressen für Hochzeiten und andere Familienfeiern. Gleichwohl war der Betrieb vor anderthalb Jahren in die Insolvenz geraten. Daraufhin hatte der Hamburger Insolvenzverwalter Moritz Sponagel einen Interims-Geschäftsführer eingesetzt, der den Betrieb wieder in Schwung bringen und später dauerhaft übernehmen sollte.

Aber daraus wurde nichts. „Der Geschäftsführer hat vor drei Wochen aufgegeben“, sagt der Bürgermeister. „Gottseidank. Andernfalls wären bei dem Feuer womöglich Menschen zu Schaden gekommen.“ Seit der Betrieb geschlossen ist, hat Krause keinen Kontakt mehr zu dem Geschäftsführer. Er weiß auch nicht, wo er sich aufhält.

Eigentlich sollte das Insolvenzverfahren schon voriges Jahr beendet sein. Aber das Verfahren zog sich in die Länge. Angeblich habe sich der Interim-Betreiber mit dem Insolvenzverwalter nicht über die Eckpunkte des Vertrages einigen können, heißt es. Die Webseite vom „Josthof“ war auch am Freitag nach dem Brand weiterhin online. „Das Landhotel und der Küchenbereich waren komplett eingerichtet. Es lagen Buchungen vor. Man hätte jederzeit aufschließen und den Betrieb wieder aufnehmen können“, sagt der Bürgermeister.

Wie das Gebäude versichert war, ließ sich am Freitag nicht klären. Weder der Insolvenzverwalter noch der Geschäftsführer waren für eine Stellungnahme zu erreichen. Ob die abgebrannten „Josthof“-Gebäude im Ortskern von Salzhausen durch einen Neubau ersetzt werden, steht in den Sternen. „Wichtig ist jetzt erst einmal, die Brandursache zu finden“, sagt der Bürgermeister.