Landkreis Harburg . Steffen Lücking hat als Investor die Bauentwicklung maßgeblich mitbestimmt. Wer ist der Mann, der so gern Grundstücke shoppen geht?

Unter Shoppen verstehen die meisten Menschen einen entspannten Einkaufsbummel. Ein bisschen gucken, hier und da die eine oder andere Klamotte kaufen. Wenn Steffen Lücking, 39, sagt, „ich habe mal wieder geshoppt“, dann hat er keine Klamotten, sondern Bauland gekauft und Millionen bewegt. Zuletzt hat Lücking in Hittfeld investiert, in die 9000 Quadratmeter große Fläche gegenüber der Gaststätte „Zum 100-Jährigen“. 24 Wohneinheiten sollen dort entstehen.

Zuvor waren es noch eine ganze Reihe Bauprojekte mehr. Allein in diesem Jahr: rund 40 Eigentumswohnungen Am Radeland in Buchholz, 30 Eigentumswohnungen an der Schützenstraße in Buchholz, acht Eigentumswohnungen in Tötensen und Sprötze, zwölf Eigentumswohnungen in Egestorf. Gerade werden die Bauplätze für fünf Einfamilienhäuser Am Alten Glockenturm in Ramelsloh erschlossen. Es gibt kaum eine Gemeinde, eine Stadt im Landkreis Harburg, in der Lücking nicht schon mitgemischt hat.

Wer ist dieser Mann, der die bauliche Entwicklung im Kreis maßgeblich mitbestimmt? Was treibt ihn an? Um ihn anzutreffen, fährt man am besten zu einem seiner Bauplätze, zum Beispiel Am Radeland in Buchholz.

Das ist der Entwurf eines der Gebäude der geplanten Wohn- und Ferienanlage in Langenrehm
Das ist der Entwurf eines der Gebäude der geplanten Wohn- und Ferienanlage in Langenrehm © HA | Lücking

Dort sitzt Lücking – verschmutzte Jeans, in der am Knie ein Loch klafft, Pullover und Schirmmütze – auf einem Bagger und schiebt routiniert Erde hin und her, bereitet die Pflasterarbeiten vor. Er lässt es sich nicht nehmen, selbst mit anzupacken. „Ich gehe auf der Baustelle voran, wie ein Leitwolf“, sagt Lücking.

Er hat ein gutes Auge für potenzielle Bauflächen

Er ist Sohn eines Doktors der Physik und einer Grundschullehrerin und hat schon früh ein Faible für Natur und Tiere entwickelt. Doch seinen Beruf als Garten- und Landschaftsbauer übte Lücking nicht lange aus. Er merkte schnell, dass er in dem Job so ziemlich am Ende der Kette von Geldempfängern stand.

Für einen schönen Garten blieb kaum noch etwas übrig, weil die Bauherren so ziemlich alles für ihr Haus ausgegeben hatten. „Das Aufräumen der Baustelle blieb oft an mir hängen. Ich hatte genervte Bauherren und musste ständig meinem Geld hinterherrennen“, sagt er. Das wollte sich Lücking nicht länger antun und sattelte um – auf die Erschließung von Grundstücken. „Damit hatte ich eine ganz andere finanzielle Sicherheit.“

Im Laufe der Zeit entwickelte er ein gutes Auge für potenzielle Flächen, auch wenn sie noch so ungeeignet erschienen. Beispiel Emmelndorf. Dort erwarb er eine 7000 Quadratmeter große Fläche in der Nähe des Golfplatzes. „Die sah aus wie Kraut und Rüben“, sagt Lücking. „Ich habe alles runtergerupft, die Fläche parzelliert, eine kleine Erschließungsstraße gebaut und die Grundstücke baureif verkauft.“

Damit nahm sein Geschäft Fahrt auf. Lücking traute sich immer mehr zu, kaufte größere Grundstücke, nutzte Lücken in Bebauungsplänen aus. Das tut er noch heute. Legen Bebauungspläne nicht eindeutig fest, dass nur ein Wohnhaus auf einer Fläche stehen darf – Lücking kauft. Stehen baufällige Häuser auf dem Grundstück – Lücking kauft. Längst vergessene Ecken, die aussehen wie ein Haufen Schrott – Lücking kauft.

Das alles in einer Geschwindigkeit, mit der die wenigsten Verwaltungen und Fraktionen in den Städten und Gemeinden mitkommen. „Ich kann Stillstand nicht ertragen“, sagt Lücking. So hat er anderen – nicht selten auch Gemeindeverwaltungen – Grundstücke vor der Nase weggeschnappt. Es sei nicht Geldgier, was ihn antreibe, sagt er. Er sei „nur ein Macher“. Der Wohnungsboom im Landkreis Harburg spielt ihm dabei in die Hände.

Selbst beim Bau mit anzupacken, ist für Steffen Lücking selbstverständlich
Selbst beim Bau mit anzupacken, ist für Steffen Lücking selbstverständlich © HA | Bianca Wilkens

Einfach ist das Geschäft dennoch nicht, weil er Lücken füllt und sich im Baubestand bewegt. Anwohner wollen keine Veränderung in ihrer Nachbarschaft und protestieren. Uralte Bebauungspläne sind unter ganz anderen Voraussetzungen entstanden, so dass Lücking fast immer eine Befreiung von Politik und Verwaltung braucht.

Wenn er das Gefühl hat, dass sich jemand ihm bewusst in den Weg stellt, reagiert er oft impulsiv, ärgerlich. Als „kleingeistig, armselig“ stempelt er das ab. Er kann sehr unbequem werden und weiß, dass er polarisiert. Das führte in manchen politischen Beratungen, etwa in Rosengarten, das eine oder andere Mal zu heftigen Auseinandersetzungen.

Ihm gehe es aber allein um die Sache, betont Lücking. „Manche haben nicht die Bereitschaft, nach vorn zu denken“, sagt er. Sein Leitsatz: Man sieht sich immer zweimal im Leben. „Ich vergesse nicht“, sagt Lücking. Am Ende kommt er doch meistens irgendwie ans Ziel. Wenn es sein muss über Umwege. „Ein Nein einfach so aus Prinzip gibt es bei mir nicht“, sagt er.

Im Privatleben hat Lücking schwere Zeiten überstanden

Verzögerungen sind einkalkuliert. Dann eben woanders probieren. Vielleicht gibt er nicht so schnell auf, weil er privat Tragisches hat durchmachen müssen und trotzdem nicht den Glauben daran verloren hat, dass sich alles zum Guten wendet. Seine Freundin Julia starb im Frühjahr 2010 an einer Lungenembolie, innerhalb von 30 Stunden.

Nach zehn Jahren Partnerschaft ein Schock. Danach litt er an schweren Depressionen. Neues Glück fand er mit Corinna Lücking, die er über eine Kontaktanzeige kennenlernte. Vor Millionen von Zuschauern machte er ihr einen Heiratsantrag – in der Stern-TV-Sendung Bäuerin sucht Mann. Inzwischen sind sie zweifache Eltern. „Und immer noch verliebt“, sagt er.

Gemeinsam betreiben sie den Reiterhof in Langenrehm. Trotz des Verlusts seiner Freundin Julia, mit der er als Trompeter die Leidenschaft für Musik teilte (beide spielten bei den Steller Musikanten), ist der Tod für Lücking trotzdem nicht negativ besetzt. „Leben und Tod bilden für mich einen Kreis“, sagt er. „Vielleicht habe ich deshalb genügend Abstand zu den großen Bauprojekten.“

Und größer werden sie. Seinen Schwerpunkt hat er inzwischen auf den Bau von Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen gelegt. Barrierefrei mit Fahrstuhl und Tiefgarage, also geeignet für ältere Bewohner. Sie sind kein Schnäppchen, kosten zwischen 2900 und 3700 Euro pro Quadratmeter. Aber der Bedarf ist da. Die Leute kaufen und kaufen. Allein in Buchholz hat Lücking bislang mehr als 15 Millionen Euro investiert.

Das Klischee eines Investors erfüllt er dennoch nicht. Im Anzug läuft er nie herum. Jede Außenanlage seiner Bauprojekte trägt seine Handschrift. In der Erde wühlen – das ist seine Welt. „Ich bin eben beides – klein und dreckig wie ein Gärtner und zugleich Investor“, sagt Lücking.

Pläne und Projekte

Im Zeitraum von 2007 bis 2014 hat Steffen Lücking in rund 50 Eigentumswohnungen und 25 Bauplätze investiert, überwiegend in Seevetal, Rosengarten, Buchholz und Jesteburg.

Insbesondere seit 2014 profitiert Lücking von der stetig wachsenden Nachfrage nach Wohnungen. Vor drei Jahren realisierte er 13 Eigentumswohnungen am Toppenstedter Weg in Hanstedt und kaufte elf Bauplätze für Einfamilienhäuser in Grauen.

Im Jahr 2015 schaffte er die ersten Eigentumswohnungen mit Tiefgarage und Fahrstuhl im Kamillenweg in Buchholz und machte Schlagzeilen, da er das Appartementhaus Rosengarten kaufte und es zur Flüchtlingsunterkunft für 50 Bewohner umwandelte.

2016 baute er unter anderem eine Seniorenwohnanlage mit 19 Einheiten Am Alten Sportplatz in Jesteburg und Einfamilienhäuser am Seppensener Mühlenweg in Buchholz.

Die nächsten Projekte sind schon längst auf den Weg gebracht: es sind eine Ferien- und Wohnanlage mit 24 Miet- und Ferienwohnungen in Langenrehm, die Entwicklung des Wochenendgebiets in Alvesen sowie 25 Einfamilienhäuser in Jesteburg.