Landkreis Harburg. Unfallstatistik: Südlich von Hamburg und im Hamburger Süden kracht es immer öfter. Die Hauptursachen sind zu hohe Geschwindigkeit, dichtes Auffahren und Missachten des Smartphone-Verbots

Immer öfter kracht es auf den Straßen im Hamburger Süden und im angrenzenden niedersächsischen Landkreis Harburg. Allein im Bezirk zählte die Polizei vergangenes Jahr insgesamt 5443 Verkehrsunfälle – 344 mehr als ein Jahr zuvor. Das geht aus den neuen Verkehrsunfallstatistiken der Polizei für 2016 hervor. Im Landkreis Harburg schnellten die Unfallzahlen demzufolge ebenfalls empor: 6538 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei im Jahr 2016 – das sind 253 Unfälle mehr als ein Jahr zuvor.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin, was die Anzahl der Verkehrstoten im Landkreis betrifft: 2016 verloren fünf Menschen weniger ihr Leben bei einem Verkehrsunfall als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl sank von zwölf auf sieben. „Das ist neben dem Jahr 2009 der niedrigste Stand der letzten zehn Jahre. Gleichwohl ist jeder einzelne Verkehrstote einer zuviel“, sagt Frank Waldhaus, Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizeiinspektion Harburg.

Bei insgesamt 140 (Vorjahr: 136) Unfällen wurden Menschen schwer verletzt. Bei 783 (780) Unfällen kamen Beteiligte mit leichten Verletzungen davon. Insgesamt gab es 930 (928) Unfälle mit Personenschaden. Die Summe der Verunglückten liegt aktuell bei 1269 (1254). Dass Landstraßen ihre besonderen Tücken haben, macht folgende Zahl deutlich: Alle Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang im Landkreis ereigneten sich außerhalb geschlossener Ortschaften. Auf den Autobahnen wurden 999 (1038) Unfälle registriert. Bei zwei (fünf) Unfällen kamen hier Menschen zu Tode, 36 (27) erlitten schwere Verletzungen.
Das unrühmliche Thema Fahrerflucht spielt weiterhin eine traurige Rolle auf unseren Straßen. Zwar liegt die Anzahl der Unfälle mit Fahrerflucht mit 1541 (1590) aktuell etwas niedriger als im Vorjahr. Von einer Trendwende könne allerdings keine Rede sein, heißt es von der Polizei. Immerhin: In 44,32 Prozent (44,40) der Fälle konnte der Verursacher nachträglich ermittelt und die Straftat aufgeklärt werden. In den Fällen von Fahrerflucht, bei denen Personen verletzt wurden (74, im Vorjahr 89), lag die Aufklärungsquote mit 59,46 Prozent sogar deutlich höher.

Als häufigste Unfallursache nennt die Polizei mangelnden Sicherheitsabstand zum Vordermann. Hier gab es voriges Jahr im Landkreis insgesamt 514 (661) Fälle. Oft sind gleich mehrere Fahrzeuge in solche Auffahrunfälle verwickelt. „Ablenkung während des Autofahrens scheint mehr und mehr eine Rolle zu spielen“, sagt Wilfried Reinke, Einsatzleiter für den Bereich Verkehr in der Polizeiinspektion in Buchholz. „Der Blick auf das Smartphone, die Suche nach passender Musik oder gar das Verfassen von Textnachrichten während der Fahrt sorgen häufig dafür, dass die Fahrer nicht schnell genug reagieren. Der Verkehr gerät ins Stocken, und ein Auffahrunfall ist programmiert“, betont der Polizeioberrat. Um dem Phänomen zu begegnen, sensibilisiert die Polizei gerade junge Fahranfänger in einem Fahrschulprojekt sehr drastisch für die Folgen der Unachtsamkeit.

Als weitere häufige Ursache wird überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit genannt. Diese spielte in 497 (469) Fällen eine Rolle. Mit einigem Abstand folgen das Missachten von Vorfahrtsregeln und Fehler beim Abbiegen.

Einen leichten Rückgang verzeichnet die Polizei indes bei den Unfällen unter Alkoholeinfluss. Sie gingen 2016 von 107 auf 85 Fälle zurück. In zwölf Fällen spielte zudem Drogen- oder Medikamenteneinfluss eine Rolle.

Die Zahl der Wildunfälle nimmt dagegen wieder zu: Sie lag mit 1306 um 263 deutlich über dem Wert des Jahres 2015 – eine Steigerung um rund 20 Prozent. Bei 14 (22) von diesen Wildunfällen erlitten Menschen Verletzungen.

„Nachdem an vielen Straßen blaue Reflektoren an den Leitpfosten angebracht worden sind, war die Anzahl der Wildunfälle im Landkreis vorübergehend gesunken. Warum sie nun plötzlich wieder ansteigt, lässt sich nicht eindeutig erklären“, sagt Polizeisprecher Jan Krüger. Eine wesentliche Rolle dürfte die drastische Zunahme an Schwarzwild im Landkreis spielen (das Abendblatt berichtete). Die Anzahl der Schwarzkittel, die durch Verkehrsunfälle ums Leben kamen, wurde zum Ende der Jagdsaison mit 99 beziffert. Im Vorjahr waren es 75 Schweine.

Junge Leute verursachen besonders häufig Unfälle

Junge Leute im Alter von 18 bis 24 Jahren waren an 1019 (1055) Unfällen beteiligt. In 765 (756) Fällen waren sie selbst die Verursacher. „Sie waren für 11,7 aller registrierten Verkehrsunfälle verantwortlich, haben aber nur sechs Prozent Anteil an der Bevölkerung“, betont Reinke. „Damit sind die 18 bis 24-Jährigen nach wie vor eine Risikogruppe.“

Die Polizei steuert mit Verkehrsfrüherziehung dagegen an – etwa mit Radfahrprüfungen an den Schulen. „Mit Aktionen wie ,Runter vom Gas’, dem Fahrschul- oder dem Schutzengelprojekt versuchen wir, junge Menschen zu verantwortungsbewussten Verkehrsteilnehmern zu machen“, sagt Reinke.

Ältere Verkehrsteilnehmer ab 65 Jahre waren diesmal an 1299 (1280) Unfällen beteiligt. Sie selbst haben 1007 (982) Unfälle verursacht. Das entspricht 15,4 Prozent aller Unfälle im Landkreis. Damit stehen die Älteren – mit einem Bevölkerungsanteil von 22 Prozent – im Vergleich zu den Jüngeren recht gut da.