Harburg. Am HPA-Standort werden die zwei 900-PS-Zwölfzylinder der „Bürgermeister Brauer“ generalüberholt. Nur eine von vielen Aufgaben der 150 Techniker.
Breit darf man nicht sein, wenn man sich an Bord der „Bürgermeister Brauer“ bewegen will, ohne sich blaue Flecken zu holen. Auch wenn das Schiff fast 30 Meter lang und knapp sechseinhalb Meter breit ist, nirgendwo ist viel Platz. Die „Bürgermeister Brauer“ ist ja auch keine Lustyacht, sondern ein Küstenstreifenboot der Hamburger Wasserschutzpolizei. Normalerweise patrouilliert sie in der Elbmündung.
Jetzt allerdings liegt sie im Harburger Binnenhafen. Beim Standort Süd der Hamburg Port Authority (HPA) bekommt sie die 9000-Stunden-Wartung. Das ist der große Rundumschlag: Nach 9000 Betriebsstunden werden die Motoren komplett auseinandergenommen und durchgecheckt – und weil das Schiff dafür sowieso lange in der Werft liegt, wird auch gleich alles andere mit erledigt, was anliegt: Waschen, Schweißen, Pönen, sowie diverse kleine Um- und Aufrüstungen.
Um unter Deck zu gelangen, muss man zunächst einmal hoch auf die Brücke. Von da führt ein schmaler, steiler Niedergang hinunter in den Maschinenraum. Das feine, honigartige Aroma von frischem Schmieröl liegt in der Luft. Die Backbord- und die Steuerbordmaschine der Max Brauer sind einen halben Meter aus dem Fundament gehoben und bis auf die Motorblöcke nackt und offen. Eine Schutzplane deckt die Blöcke ab, damit kein Schmutz in die Zylinder kommt. David Levin deckt den Steuerbordblock ab und wirft einen Kontrollblick in die Zylinder.
Als Fachbereichsleiter für Maschinen-, Stahl- und Schiffbau muss er das eigentlich nicht persönlich tun, aber ein Ingenieur kann nicht aus seiner Haut und guckt lieber selbst nach. Immerhin hat er die Verantwortung für das Projekt. Er ist zufrieden: Die Honung der Zylinder ist noch tadellos.„Der Rest der Maschine ist bereits beim Hersteller und wird dort gecheckt.
Wenn dann Teile ersetzt werden müssen, wird das gleich da gemacht“, sagt er, „wir kümmern uns in der Zwischenzeit um die anderen Aggregate – die Hilfsdiesel, Generatoren, die Getriebe und so weiter. Die 9000er-Wartung liegt zwar nur für die beiden Seitenmaschinen an, weil die mittlere nur gelegentlich zugeschaltet wird und deshalb die 9000 Stunden noch nicht voll hat. Aber wir haben hier auch gerade den Ladeluftkühler der Mittelmaschine ausgebaut, weil er Wasser gezogen hat.“
Levin (49) ist selbst zehn Jahre als Schiffsingenieur zur See gefahren. Bei der HPA ist er seit 2005. Und obwohl er nicht mehr die Weltmeere bereist, sondern meistens in Harburg arbeitet, liebt er den Job, weil er so abwechslungsreich ist „Ich habe jeden Tag neue Herausforderungen“, sagt er.
Wenn ein Wasserfahrzeug der Freien und Hansestadt Hamburg in die Werft muss, kommt es nach Harburg. „Wir sind Dienstleister und Instandhalter für die Stadt“, sagt Betriebsleiter Henning Rathjens, „und das betrifft nicht nur Schiffe und Boote.“
Vom HPA-Standort Harburg aus werden die Tonnen im Hamburger Hafen gewartet, die Dalben und die Reeden. Hier sitzen die Brückentechniker und auch die Stackwerker auf ihrem Finkenwerder Außenposten gehören organisatorisch zu Harburg.
Als die HPA noch das Amt für Strom- und Hafenbau war, hieß der Hallen- und Helgenkomplex noch „Technischer Betrieb Harburg“, ein Begriff, der den gestandenen Mitarbeitern immer noch schneller einfällt, als der neue Name. Die Wurzeln der städtischen Werft reichen aber weiter zurück: Ihren Ursprung hat sie als königlicher Bauhof. Die erst unlängst in „An der Horeburg“ umbenannte Bauhofstraße erinnerte daran.
150 Mitarbeiter kümmern sich hier darum, dass im Hafen alles seine technische Ordnung hat. „Das sind zwar relativ wenig Mitarbeiter, aber dafür sind alle hochmotiviert und flexibel“, sagt Henning Rathjens. „Als wir das letzte Mal einen Kollisionsschaden an der Kattwykbrücke hatten, waren unsere Leute nach Feierabend eine halbe Stunde später an der Brücke, konnten sie hochfahren und so den Schiffsverkehr gewährleisten. Sie haben in der Nacht noch defekte Teile ausgebaut, hierher in die Werkstatt gefahren und versucht, sie zu reparieren. So viel Einsatz bekommt nicht jeder.“
Zur Zeit liegen außer der „Bürgermeister Brauer“ noch das Löschboot „Oberspritzenmeister Repsold“ der Hamburger Berufsfeuerwehr in Harburg, sowie diverse HPA-eigene Schiffe und Boote. Die eigenen Schiffe werden nach und nach in neuen Farben gestrichen – oder „gepönt“, wie anmalen auf nautisch heißt.
Sie bekommen das Corporate Design der Hamburg Port Authority. Nachdem sie Jahrelang dasselbe Stadtwerkeorange hatten, wie die Müllwagen von Goslar oder die Dienstgolfs des Tiefbauamts Hohenfelden, fahren sie nun mit blauem Rumpf und Aufbauten im Farbton RAL 1050 – „Hellelfenbein“ – durch den Hafen.
Ab Juli gehören auch die Löschboote der Feuerwehr und die Schiffe der Wasserschutzpolizei auf den Schiffspapieren der Hamburg Port Authority. „Wir machen dann das Flottenmanagement für die ganze Stadt Hamburg“, sagt Henning Rathjens, „die einzelnen Behörden stellen ab Juli nur noch die Besatzungen.“
Im Fall der „Bürgermeister Brauer“ sind das immerhin 13 Polizeibeamte. Während der acht Wochen, die das Schiff hier zur Wartung liegt, wird auch für deren Komfort etwas getan: „Wir haben unter anderem den Fernseher im Logis gegen ein modernes Gerät getauscht“, sagt David Levin. „Außerdem kümmern sich unsere Handwerker hier auch um tropfende Wasserhähne und um die Kombüsentechnik.“
Auf der Brücke wartet noch eine besondere Aufgabe auf Levin und seine Leute: Hinter dem Steuerstand befindet sich der Kartentisch der „Bürgermeister Brauer“ Wenn der Schiffsführer hier nachts etwas nachsehen und dafür das Licht einschalten muss, behindert das sofort die Sicht der Rudergänger. Um den Kartentisch herum soll deshalb ein Vorhang gezogen werden. „Dafür muss man erst mal einen Vorhangstoff finden, der allen Vorschriften entspricht sowie leicht, platzsparend und lichtdicht ist“, sagt Levin.
Bis Mitte April ist die Wartung angesetzt. In einer Woche kommen die Maschinenteile zurück, dann werden die Zwölfzylindermotoren wieder zusammengesetzt. Viel Luft nach hinten haben Levin und seine Leute nicht: Spätestens zum Hafengeburtstag soll die „Bürgermeister Brauer“ wieder fahren.