Harburg. Die bepflanzte Überführung soll Rehe, Hasen und sogar Fledermäuse barrierefrei über die Autobahn 26 geleiten. Die Kosten: rund 6,5 Millionen Euro
Umweltschutz geht nicht nur so nebenbei. Das hat zuletzt das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht und die geplante Elbvertiefung verschoben. Der Schutz von Tieren und Pflanzen stellt die Planer im Straßenbau vor neue Herausforderungen. An der geplanten Autobahn 26 West wird deshalb bei Moorburg Hamburgs erste Faunabrücke entstehen: Die bepflanzte Überführung wird Fledermäuse, Rehe und andere Tiere barrierefrei über die breite Schnellstraße leiten. Die Grünbrücke wird nach Angaben der Projektentwicklerin DEGES etwa 6,5 Millionen Euro kosten.
Auf rund acht Kilometern soll die geplante A 26 West den niedersächsischen Abschnitt der A 26 mit der A 7 bei Moorburg verbinden. Das Planfeststellungsverfahren läuft seit dem Jahr 2012. Das zeigt, wie zäh das Ringen um den Autobahnbau entlang des Natur- und Vogelschutzgebietes „Moorgürtel“ und des Obstanbaugebiets Altes Land ist. Über die neuesten Entwicklungen hat DEGES-Projektabteilungsleiter Peter Pfeffermann jetzt im Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung Harburg berichtet.
Naturschutzverbände haben die Faunabrücke durchgesetzt. Hamburg hat sie laut Pfeffermann der Arbeitsgemeinschaft Naturschutz Hamburg, der insgesamt sieben Naturschutzverbände angehören, zugesagt. Dieses Bauwerk wäre in Hamburg bisher einmalig. „Mir ist keine weitere Fauna- und Grünbrücke in Hamburg bekannt“, sagte Peter Pfeffermann dem Abendblatt.
Die 50 Meter lange Faunabrücke, so lautet der Fachausdruck, ist in diesem Fall allerdings tatsächlich Bestandteil eines Tunneldeckels, denn sie wird Bestandteil des insgesamt 190 Meter langen Hafenbahntunnels sein, in dem die A 26 unter den Gleisen der Hafenbahn durchgeführt wird. Die Grünbrücke schließt direkt an die Hafenbahnanlage an und erreicht damit deren Höhe. Für den Autofahrer ergibt sich eine übliche Durchfahrtshöhe von 4,70 Metern.
Die A 26 West quert einen geplanten Biotopverbundkorridor von Gesamthamburger Bedeutung. Die Landesbehörde hat die Biotoverbundachse in Moorburg westlich der A 7 aufgrund ihrer Bedeutung in das Landschaftsprogramm aufgenommen und damit als zu erhalten und zu entwickeln eingestuft. Der Autobahnbau zerschneidet die Lebensräume und Wanderrouten vieler Tierarten. Die Faunabrücke soll Abhilfe schaffen.
Für an feuchte Standortverhältnisse angepasste Arten bieten die Unterführungen Moorburger Landscheide, Untenburger Schleusengraben und der Alte Deich in Moorburg gute Querungsmöglichkeiten, so die DEGES. Die Faunabrücke stelle zusätzlich für lichtliebende, mesophile Arten, zum Beispiel Heuschrecken oder Zikaden, Reptilien oder auch Rehe und Wildschweine eine wichtige Querungsmöglichkeit dar.
Landschaftsplaner werden Hecken so anordnen, das sie Fledermäusen den richtigen Weg weisen. Solche Leiteinrichtungen pflanzen sie an der Bahnanlage und am westlichen Tunnelportal. Sie dienen vorrangig der Zwergfledermaus als Querungshilfe, aber auch den Arten Breitflügel-, Mücken-, Rauhaut- und Teichfledermaus. „Der Bereich entwickelt sich zu einem Fledermaus-Eldorado“, sagt Peter Pfeffermann.
Ob Fledermäuse denn nicht fliegen können, lautete eine Frage im Stadtplanungsausschuss. Gerade wegen ihrer Fähigkeit zu fliegen, sei die Faunabrücke nötig, sagte Pfeffermann. Die Tiere würden sonst von vorbeifahrenden Fahrzeugen erfasst und getötet werden.
Im Süden Deutschlands sind bereits mehr Fanunabrücken gebaut worden als im Norden. In Deutschland wurden in den 1990er-Jahren die ersten Grünbrücken gebaut. Heute sind es mehr als 100. Das Regierungspräsidium Freiburg modernisiert zurzeit die vor 20 Jahren errichtete Tierquerungshilfe über die Landesstraße 113 bei Sasnach. Die Kosten für Grünbrücken belaufen sich in der Regel auf zwei bis fünf Millionen Euro.
Zu den Planänderungen an der A 26 West zählt auch die vollständige Schließung der Lärmschutzwand entlang des Vogelschutzgebietes „Moorgürtel“. Baubeginn werde Ende 2018 sein. Pfeffermann: „Das erste Auto fährt 2023.“