Neugraben-Fischbek. Für jedermann zugängliche Flächenund Urban Gardening sollen die zukünftigen Bewohner der Neubaugebiete ins Freie locken
Neugraben-Fischbek könnte Trendsetter in der Modernisierung des Hamburger Kleingartenwesens werden: Der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg, die Behörde für Umwelt und Energie sowie die Harburger Bezirksverwaltung unterstützen den SPD-Vorschlag zu einem Kleingartenpark mit der Möglichkeit zum gemeinschaftlichen Gärtnern in dem Stadtteil. Die Behörde für Umwelt schließt allerdings den ursprünglich gedachten Standort nördlich der Bahnstrecke und des geplanten Wohnquartiers „Fischbeker Reethen“ vor allem wegen der problematischen Nähe zu dem EU-Vogelschutzgebiet „Moorgürtel“ aus. Jetzt soll eine Lösung innerhalb des Neubaugebiets „Fischbeker Reethen“ her.
Der Geschäftsführer des Landesbundes der Gartenfreunde hat im Harburger Stadtplanungsausschuss an den Bezirk appelliert, die Idee des Kleingartenparks umzusetzen. „Wir begrüßen, dass neue Gärten in Hamburg geschaffen werden sollen. Das hat es in den vergangenen 20 Jahren so nicht gegeben“, sagte Dirk Sielmann. Das Besondere in Fischbek wäre, dass Gärten in der Nähe von Geschosswohnungsbau geschaffen würden und nicht weit ab von dort, wo die Menschen lebten.
Die Idee des Kleingartenparks ist ein urbaner Trend und kommt einer Revolution des bisherigen Kleingartenwesens gleich. Es geht dabei nicht um die Aneinanderreihung von Parzellen, nicht selten von hohen Hecken abgesteckte Claims einzelner Nutzer, zuweilen von Gartenzwergen bewacht. Vielmehr würden Menschen aus Mietshäusern die Gelegenheit erhalten, in gemeinschaftlichen Gärten ihr Gemüse zu pflanzen. Vorbilder gibt es in Kopenhagen und Berlin. Hamburg ist noch nicht so weit: Die Planungskonferenz im Stadtteil Groß-Borstel hat im Jahr 2010 das Ziel formuliert, dass die Kleingärten sich perspektivisch zu einem Kleingartenpark mit öffentlich zugänglichen Grünflächen verändern sollen. Auch bei der Gestaltung der Autobahndeckel entlang der A7 ist die Idee von Kleingartenparks in der Diskussion.
„Uns schwebt vor, dass Kleingärten geschaffen werden, von denen die Öffentlichkeit etwas hat“, sagte Dirk Sielmann. Urban Gardening könnte als gemeinschaftlicher Schnuppergarten angeboten werden. Eine andere Idee der gemeinschaftlichen Nutzung: Mehrere Senioren aus einem Wohnquartier könnten zusammen einen Garten bewirtschaften, schlägt Sielmann vor.
Das Kleingartenwesen habe sich in den vergangenen zehn Jahr verändert. Die Mitgliederschaft sei heute eine andere. 60 Prozent der Mitglieder seien in dem Zeitraum ausgewechselt worden, sagte Sielmann. Soll heißen: Die Zeit ist reif für öffentliche, gemeinschaftliche Gärten in der Stadt. Der Landesbund der Gartenfreunde strebe das naturnahe Gärtnern an. „Wir wollen keinen Anschluss an das Sielnetz. Das wäre eine Vorstufe von Bauland“, sagte Dirk Sielmann. Mit dieser Aussage dürfte der Geschäftsführer der Gartenfreunde Bedenken bei den Planern der Stadt ausgeräumt haben.
Neue Kleingärten auf den städtischen Grundstücken in Neugraben-Fischbek nördlich der Bahnstrecke zwischen der Landesgrenze zu Niedersachsen im Westen und dem Baugebiet Vogelkamp im Osten wird es dennoch nicht geben. „Dort ist kein guter Standort“, erteilte Maja Berghausen von der Behörde für Umwelt und Energie im Harburger Stadtplanungsausschuss dem SPD-Vorschlag eine Absage. Die Behörde hat Bedenken, weil das Kleingartengelände unmittelbar an das EU-Vogelschutzgebiet „Moorgürtel“ heranreicht. Zum Schutz der Tiere müssten aufwendig Gräben und Zäune errichtet werden. Etwa 250 Meter Abstand zu den schützenswerten Vögeln seien mindestens nötig, sagte die Biologin Maja Berghausen. Damit bliebe auf dem städtischen Grundstücksgürtel zu wenig Platz für Kleingärten.
Zudem sei der vorgeschlagene Standort Aussickerungsgebiet. „Dort kann es sehr schnell sehr nass werden“, erklärte Maja Berghausen. Hinzu kommt, dass der Bezirk Harburg Grundstücke nördlich des geplanten Wohnquartiers „Fischbeker Reethen“ als Perspektivflächen für den Wohnungsbau sieht. Das sagte Harburgs Stadtplaner Hans-Christian Lied.
Die Behörde für Umwelt erkennt den Bedarf für zusätzliche Kleingärten in Fischbek an. Im geplanten Wohnquartier „Fischbeker Reethen“ werden mehr als 2000 zusätzliche Wohneinheiten entstehen, mehr als die Hälfte davon im Geschosswohnungsbau. Die Behörde für Umwelt schlägt deshalb vor, einen Kleingartenpark innerhalb des 70 Hektar großen Plangebiets zu realiseren. Mindestens 25 Kleingärten könnten in den „Fischbeker Reethen“ entstehen, sagte Maja Berghausen und fügte hinzu: „100 wären besser.“
Potenzial innerhalb des Plangebiets sieht auch Hans-Christian Lied. Eine Idee, wie ein Kleingartenpark gelingen könnte, hat Harburgs Stadtplaner auch schon: Zusätzlich zu einer größeren Gartenfläche könnten in dem Wohnquartier mehrere kleine Garten-Satelliten entstehen.