Harburg/Winsen. Im Harburger Binnenhafen erreichen Mieten Spitzenwerte. Verein bemängelt fehlenden Mietspiegel in Winsen. Zu wenig kleine Wohnungen.

Die Mieten im Bezirk und im Landkreis Harburg werden weiter steigen. Davon gehen vom Abendblatt befragte Experten aus. Zwar sollen die Preise künftig nicht mehr so stark zulegen wie zuletzt vor allem in Hamburg nördlich er Elbe. „Doch Harburg wird schon durch die Neubauten im Binnenhafen deutlich attraktiver.

Das wird einen Schub bei den Preisen auslösen“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg. Makler Oliver Creon, seit 1994 in Bendestorf und jetzt in Marxen im Geschäft, hält für den Landkreis grob geschätzt ein Plus von zehn Prozent innerhalb von drei bis vier Jahren für möglich.

„Der Rand von Hamburg kommt in den Fokus der Menschen, weil sich viele Hamburg nicht mehr leisten wollen“, sagt auch Jan Meyer-Sach, Lizenzpartner von Engel&Völkers mit Hauptsitz in Harburg.

Der Bezirk liegt zwar mit um die neun Euro Kaltmiete pro Quadratmeter bei Neuvermietungen statistisch noch deutlich unter den elf bis zwölf Euro die im Durchschnitt über alle Stadtteile Hamburgs aufgerufen werden. Doch mit dem Zuzug von neuen Anwohnern, die sich für die Neubauten interessieren, kommt zusätzliche Kaufkraft nach Harburg.

„Im Bereich der Schlossinsel im Binnenhafen werden bei Wasserlage und der dortigen hochwertigen Bauweise Mieten von 15 Euro pro Quadratmeter erreicht“, sagt Meyer-Sach. Damit bietet Harburg Wohnlagen an, die in der Hansestadt zu Spitzenpreisen vermarktet werden.

Die Aufwertung des Bezirks und seine neuen Angebote mindern damit den Preisdruck in den Bezirken nördlich der Elbe. Vor Ort jedoch erhöhen sie das Mietniveau. „Wohl dem der einen alten Mietvertrag hat“, lautet dazu Chychlas Fazit.

Die Höhe des Mietzins darf seit 2013 in drei Jahren noch um maximal 15 Prozent statt zuvor um 20 Prozent erhöht werden. Dabei gilt die ortsübliche Vergleichsmiete als Obergrenze. Zwar greift diese Kappungsgrenze bei Neuvermietungen nicht. In Hamburg dürfen in diesen Fällen Vermieter aber nicht mehr als zehn Prozent mehr nehmen als die übliche Vergleichsmiete.

Das schreibt die Mietpreisbremse verbindlich vor. „Wir raten allen Mietern nach dem Abschluss des Vertrags ihre Zahlung darauf zu überprüfen“, sagt der Geschäftsführer des Mietervereins. Dabei kann der Verein helfen. Wer rechtzeitig und „qualifiziert rügt“ kann das zu viel gezahlte Geld wieder zurückfordern.

Solche Berechnungen setzen jedoch einen Mietenspiegel voraus, aus dem die ortsübliche Miete hervorgeht. „Einen solchen Spiegel wollte die Stadt Winsen schon vor Jahren erstellen. Er liegt aber noch immer nicht vor“, kritisiert Heike Gehrdau, die Vorsitzende des Mietervereins Winsen, dessen 1000 Mitglieder vor allem in der Kreisstadt aber auch im gesamten Landkreis Harburg ansässig sind.

Mit einem solchen Spiegel könnten sich Mieter gegen unverhältnismäßig hohe Mieten wehren. „So haben wir aber bei Abschlüssen von zehn Euro pro Quadratmeter keinen Vergleich zur Hand“, sagt Gehrdau.

Buchholz und Hittfeld gelten als besonders angesagt

Winsen zählt als Kreisstadt ohne Zweifel zu den bevorzugten Wohnorten im Landkreis. Doch es fehlen, da ist Gehrdau sicher, Geschoss-Wohnungen und kleine Wohnungen beispielsweise für junge Leute mit bis zu 50 Quadratmetern. Solche Appartements plant derzeit der Projektentwickler Jens Peter Oertzen in seinen Geschäftshaus am Eingangskreisel zu Winsen.

Sie sollen je nach Größe teilmöbliert und warm zwischen 300 und 500 Euro kosten. Grundsätzlich gilt: Solche kleineren Wohnungen sind pro Quadratmeter häufig teurer als ein Angebot der gängigen Größe mit drei Zimmern und 75 bis 80 Quadratmetern Wohnraum.

Als besonders angesagt im Landkreis gelten derzeit Buchholz und Hittfeld mit Quadratmetermieten von zehn bis zwölf Euro bei Neubauten. „Für solche Gebäude gibt es keine Angebote mehr im einstelligen Bereich“, sagt Makler Oliver Creon. Zwar gilt für Buchholz seit dem 1. Dezember 2016 auch die Mietpreisbremse.

„Doch die Vermieter haben sich darauf und auf die neuen Pflicht den Makler zu bezahlen eingestellt und zuvor häufig noch einmal erhöht.“, sagt Creon. Ob die Mietpreisbremse den Wohnungsmarkt in der größten Stadt des Landkreises Buchholz wirklich entlastet, wird in der Stadtverwaltung jedoch bezweifelt. Die Mietpreisbremse sei höchstens geeignet, für eine zeitlich begrenzte Entlastung bei Bestandsmieten zu sorgen, sagt Stadt-Sprecher Heinrich Helms.

Beide Gemeinden, Buchholz und Hittfeld, kommen derzeit jedenfalls mit ihrem Mietniveau Hamburg schon nahe. „Wer als Anwohner nicht auf das Zentrum Hamburg angewiesen ist, sollte sich lieber jetzt etwas im Landkreis suchen“, empfiehlt Mietervereins-Geschäftsführer Chychla. „In den nächsten Jahren wird es in jedem Fall teurer.“

Immerhin: In den Mietwohnungsmarkt greift jetzt auch der Landkreis Harburg ein. Mit den geplanten kommunalen Wohnungsbaugesellschaft sollen „die Spitzen bei den Mietpreisen gekappt werden“, sagt Kai Uffelmann, Erster Kreisrat und Finanzchef der Kreisverwaltung. Geplant für die neuen Wohnungen sind Mietpreise von 8,50 Euro pro Quadratmeter und im sozialen Wohnungsbau für etwa ein Drittel der Wohnungen 5,60 Euro.

Nach aktuellen Berechnungen sind im Kreisgebiet bis 2020 rund 3000 neue Wohnungen notwendig. 1000 davon soll die neue Gesellschaft bauen, an der sich möglichst alle Gemeinden des Kreises beteiligen sollen. Grob geschätzt könnten die ersten Neubauten im Laufe des kommenden Jahres bezogen werden. „Aber auch nach der Fertigstellung aller 1000 Wohnungen wird die Gesellschaft nicht mehr als ein Drittel der Geschossbauten im Landkreis besitzen“, hat Uffelmann berechnet.

Neue und attraktive Angebote gibt es aber nicht nur in Buchholz, Hittfeld oder Winsen. Auch Neu Wulmstorf wird bei Mietern immer beliebter. Zwischen 6,53 Euro und zehn Euro pro Quadratmeter werden dort aufgerufen. Das ergibt einen durchschnittlichen Mietpreis von 8,29 Euro pro Quadratmeter.

„Die Zahlen überraschen nicht“, sagt Sandra Lyck, Pressesprecherin der Gemeinde. „Sie passen ins Bild.“ Der Wohnraum in der Gemeinde sei knapp und treibe daher den Preis nach oben. „In Neu Wulmstorf gibt es wenig Geschosswohnungsbauten“, sagt Lyck. Das dürfte im gesamten Landkreis gelten.

Neu Wulmstorf punktet mit seiner S-Bahn-Anbindung

Neu Wulmstorf profitiert als Wohnort aber vor allem von seiner S-Bahn-Anbindung an Hamburg. „Die S-Bahn-Taktung wird zudem immer besser“, weiß Lyck. Dazu punktet der Ort damit, dass mit Handel, Schulen und Ärzten eine Infrastruktur vorhanden ist, die oftmals Wege nach Hamburg gar nicht mehr nötig macht.

Schon deshalb wird gibt dort nun große Bauprojekte wie etwa an der Kurt-Schumacher-Straße, wo zweistellige Preise pro Quadratmeter gefordert werden. Die gute Anbindung an die Elbmetropole führt auch der Immobilienmakler Peter Puttkammer aus Neu Wulmstorf als Grund für die steigenden Mietpreise an. „Zudem befinden sich die A7 und die A1 in unmittelbarer Nähe, und die neue A 26 wird auch irgendwann fertig sein“, sagt er.

Das alles treibe die Preise für Wohnungen nach oben. „In den vergangenen sechs Jahren sind sie permanent gestiegen und sie werden weiter steigen“, sagt Puttkammer, der seit den 80er Jahren im Wohn- und Immobilienmarkt aktiv ist. Was auch in Neu Wulmstorf fehlt, sind geeignete Mietwohnungen für Singles und Alleinerziehende. „Einzimmer-Wohnungen und 1,5-Zimmer-Wohnungen werden immer gesucht“, so der Makler.

Bei größeren Wohnungen dagegen, hat Makler Creon erfahren, müssen Eigentümer im Landkreis derzeit manchmal schon Mieter suchen. „Familien, die mehr Platz brauchen, wollen eher ein Haus mieten oder kaufen oder bauen“, sagt er. Das ist bei ausreichend Eigenkapital durch die niedigen Hypothekenzinsen derzeit eine günstige Alternative. Allerdings sind die Baupreise zuletzt deutlich in die Höhe geschnellt.

Ist die richtige Mietwohnung zum akzeptablen Preis gefunden, stehen manche Mieter aber mitunter vor einem weiteren Problem. Tierliebhaber, die eine neue Bleibe suchen, seien oftmals nicht gerade die Favoriten der Eigentümer, hat Makler Creon erfahren. Gerade unter den Kunden des Marxener Maklers sei die Zahl der Haustierhalter zuletzt aber „signifikant“ gestiegen. Wer aber Hund oder Katze mitbringt, hat eben schlechte Karten. „Die Enttäuschung“, hat Creon immer wieder erlebt, „ist dann oftmals groß.“