Neu Wulmstorf. Aufdem 35 Hektar großen Areal sollten Barfußpark und Wasserlandschaft entstehen. Doch der Bund benötigt die Flächefür Ausgleichsmaßnahmen.

Es erschien alles so ideal. Es gab ein schlüssiges Konzept, begeisterte Politiker und eine zufriedene Neu Wulmstorfer Verwaltung. Als Meinert und Kornelia Petersen Ende 2014 ihre Idee für einen Naturerlebnispark auf dem alten Übungsgelände der Bundeswehr in Neu Wulmstorf vorstellten, ernteten sie von allen Seiten Kopfnicken.

Endlich schien eine Lösung für das Areal gefunden, nachdem das Sport- und Freizeitresort mit Golfanlage der Planungsgruppe Golf aus St. Dionys 2010 im Rat keine politische Mehrheit fand. Doch jetzt droht auch dem Naturerlebnispark das Aus.

Meinert und Kornelia Petersen holen einen ganzen Stapel Zeichnungen aus einer Mappe und breiten die Papiere auf dem Tisch aus. Die feinen bunten Linien zeigen, wie sehr das Ehepaar in seiner Detailplanung bereits in die Tiefe gegangen war. Die Diplom-Biologin und der Diplom-Forstwirt wollten auf einer 35 Hektar großen Fläche auf dem ehemaligen Standortübungsplatz einen Raum schaffen, in dem man Natur erleben kann.

Das Konzept basiert auf drei Säulen: Barfußpark, Wasserspiellandschaft und Umweltbildung. Die Besucher sollten barfuß durch das Areal zwischen dem Jungfrauenweg, der Schießanlage und der Panzerringstraße schreiten können.

Dort, wo einst die Soldaten durch das Feld robbten, planten Meinert und Kornelia Petersen einen Baumwipfelpfad, eine Gipfelwiese, Tal des Zauberers und Sagenwege – lauter Gelegenheiten, die Besucher zu unterhalten und naturkundlich zu bilden. Eine Wasserlandschaft mit unterschiedlichen Becken und Pumpstationen, ein Bachlauf und ein Natursee sollten entstehen sowie ein Forscherstand als Teil der Umweltbildung.

„Wir haben die Zeit genutzt“, sagt Meinert Petersen. Das waren eineinhalb Jahre. So lange haben Meinert und Kornelia Petersen auf ein Gutachten über die Kampfmittelfreiheit von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) gewartet. Eigentümer des Grundstücks ist die Bundesrepublik Deutschland.

Die BIMA übernimmt die Verwaltung und den Verkauf der Liegenschaften des Bundes. Im Sommer 2015, so Meinert Petersen, hätten sie sich mit Vertretern der BIMA, des Kampfmittelräumdienstes Hannover, der Gemeinde und des Landkreises an der ehemaligen Schießanlage in Neu Wulmstorf getroffen. Da schien es nur noch eine Frage von wenigen Monaten bis zum fertigen Gutachten zu sein. Immer wieder habe er nachgehakt. „Aber es passierte nichts“, sagt Meinert Petersen.

Im November 2016 erhielt das Ehepaar eine völlig unerwartete Mail, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt. Darin erklärte Peter Hoffmann-Schoenborn von der BIMA die Verkaufsverhandlungen vorerst für beendet.

Dem Bund fehlen offenbar Kompensationsflächen für Bundesbaumaßnahmen. Das bestätigte Peter Hoffmann-Schoenborn auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. Er erläuterte, die BIMA habe geprüft, ob der Bedarf des Bundesressorts an Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen des Bundes gedeckt sei.

Dafür wurde der Bedarf aus dem Bundesverkehrswegeplan bis 2025 und aus dem Bundesbedarfsplan für Leitungsnetzausbau den Forstflächen, die sich im Bestand der BIMA befinden, gegenübergestellt. Dem im Naturraum Lüneburger Heide voraussichtlich erforderlich werdenden Bedarf an Kompensationsflächen stünden nur etwa 50 Prozent eigene Flächen der Bundesressorts gegenüber, erläuterte Hoffmann-Schoenborn.

„Es besteht daher ein Bedarf an weiteren Flächen, die zumindest teilweise aus den Beständen der BIMA gedeckt werden können“, sagte er. Dazu zähle auch die Liegenschaft Neu Wulmstorf. „Der Bundesbedarf geht in diesem Fall einem Verkauf an Dritte vor. Aus diesem Grund wurde die Liegenschaft Neu Wulmstorf aus dem Verkaufsportfolio herausgenommen“, so Hoffmann-Schoenborn.

Das Ehepaar Petersen reagierte schockiert

Das Ehepaar Petersen reagierte schockiert auf die Mail der BIMA. „Das traf uns aus heiterem Himmel“, sagt Kornelia Petersen. „Uns wurde vor zwei Jahren vermittelt, dass die BIMA die Fläche verkaufen werde. Auch preislich sahen wir kein Problem, uns mit der BIMA einigen zu können“, sagt Meinert Petersen.

Pikant sind die vorerst beendeten Verkaufsverhandlungen auch aus einem ganz anderen Grund: Die Entwicklung der Fläche an der ehemaligen Schießbahn ist Teil des Masterplans Röttiger Kaserne – eines der bedeutendsten länderübergreifenden Projekte von Hamburg und Niedersachsen.

Im Masterplan einigten sich die Bundesrepublik Deutschland, Niedersachsen und Hamburg darauf, dass auf Hamburger Seite das Wohngebiet Fischbeker Heidbrook entwickelt wird und dass auf Neu Wulmstorfer Gebiet eine Waldsiedlung mit großzügigen Grundstücken und eine Sport- und Freizeitanlage an der ehemaligen Schießanlage entstehen.

Der Fischbeker Heidbrook befindet sich längst im Bau. Auch die Waldsiedlung ist trotz vehementen Protests der Anwohner im Bauleitplanverfahren. Doch die Sport- und Freizeitnutzung rückt mit dem drohenden Aus des Naturerlebnisparks vom Ehepaar Petersen in weite Ferne.

Eine Option gibt es allerdings unter Umständen noch: Dass das Ehepaar Petersen die Fläche an der Schießanlage langfristig pachtet, den Naturerlebnispark realisiert und der Bund zugleich Ausgleichsmaßnahmen auf dem Teil des Areals, den das Ehepaar Petersen nicht nutzt, vornimmt. Eine Art Strohhalm, wenn man so will.

Den ergriffen Meinert und Kornelia Petersen sofort. Schließlich sind die Diplom-Biologin und der Diplom-Forstwirt vom Fach. Sie wissen, worauf es bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ankommt – wo, welche durchgeführt werden können und wo nicht.

Anfang Dezember präsentierten sie der BIMA ein Konzept, wo sie Möglichkeiten von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sehen, ohne dass diese mit ihren Bauvorhaben für den Naturerlebnispark kollidieren. „Man kann einen Waldanbau vornehmen, also den Kiefernbestand in einen Laub- und Mischwald umwandeln“, sagt Kornelia Petersen. Auf der Hälfte der Fläche sei das möglich.

„Diese Ansätze werden von der zuständigen Sparte Bundesforst geprüft“, sagt Peter Hoffmann-Schoenborn von der BIMA. Das Ergebnis liege noch nicht vor. So lange die BIMA keine deutliche Absage formuliert, hält die Gemeinde Neu Wulmstorf weiter an dem Vorhaben fest.

„Wir befürworten das Projekt der Familie Petersen nach wie vor, weil darin die Natur eine große Rolle spielt und der Erlebnispark nicht nur für die Bürger in Neu Wulmstorf, sondern für die ganze Region eine Attraktion wäre“, betont Thomas Saunus, Fachbereichsleiter Ortsentwicklung bei der Gemeinde Neu Wulmstorf. „Wir hätten gerne, dass es umgesetzt wird. Das haben wir auch der BIMA mitgeteilt. Uns bleibt nun nichts anderes übrig als abzuwarten“, so Saunus.

Doch eben dieses Abwarten sind Kornelia und Meinert Petersen leid. Sie befürchten, dass jetzt wieder Wochen und Monate ins Land ziehen, ohne dass etwas geschieht. „Wir wollen unser Projekt auf jeden Fall realisieren“, sagt Meinert Petersen, „aber für uns ist klar, dass wir es an der ehemaligen Schießanlage in Neu Wulmstorf nicht verwirklichen können.

Wir können nicht wieder Monate warten, bis eine Antwort kommt.“ Am Ende schaut Meinert Petersen auf die bunten Zeichnungen vor sich auf den Tisch und sagt: „Alles für den Mülleimer.“