Harburg . Andreas Rieckhof, Staatsrat der Verkehrsbehörde, kann sich vorstellen, die geplante A26-Ost bei Kirchdorf im Tunnel zu führen.
Andreas Rieckhof, Staatsrat der Behörde für Wirtschaft und Verkehr, besuchte am Montag das Abendblatt in Harburg. Ein Thema beherrschte das Gespräch: Die geplante Hafenpassage A26. Nachdem der Bund im Herbst grünes Licht für den Bau der Autobahn gab, beginnt im Februar mit der öffentlichen Auslegung der Baupläne das Planfestellungsverfahren.
Hamburger Abendblatt: Welche Vorteile haben die Menschen in Harburg, Moorburg und Kirchdorf von dem Bau der A26-Ost?
Andreas Rieckhof: Das Bauvorhaben bündelt die großräumigen Ost-West-Verkehre und verbessert die Erreichbarkeit unseres Hafens. Die A26-Ost zieht vorhandenen Verkehr auf sich und entlastet insbesondere die B73. Der Autoverkehr auf der B73 westlich der A7 wird beispielsweise um 46 Prozent zurückgehen, bezogen auf den Lkw-Verkehr sogar um 75 Prozent, auf Basis der Prognosen für das Jahr 2030. Das bedeutet eine massive Entlastung für die Anwohner. Deshalb gibt es wohl kaum jemand in Harburg, der sich gegen den Bau der A26-Ost wendet. Für Wilhelmsburg und Moorburg räume ich eine größere Betroffenheit ein.
Harburg würde entlastet, Wilhelmsburg belastet. Die SPD in Wilhelmsburg setzt sich hinter den Kulissen dafür ein, den Autobahnabschnitt ab der Siedlung Katenweg in Kirchdorf an Kirchdorf-Süd vorbei bis zur A1 unter einen Deckel zu legen, also in einem Tunnel zu führen. Für wie realistisch halten Sie die Idee?
Das wäre nach Schnelsen, Stellingen und Altona der vierte Deckel in Hamburg. Im Bereich Finkenriek wird es ihn geben. Wie er konkret gestaltet wird, wie lang er werden soll, ist eine der Fragen, über die man sich unterhalten kann. In Altona geht der Deckel einher mit der Bereitschaft vor Ort, zusätzlichen Wohnungsbau zu akzeptieren.
Sie schließen eine Deckel-Lösung bei Kirchdorf und Kirchdorf-Süd nicht aus?
Es spricht vieles dafür, dass es einen Deckel geben wird, das sehen unsere Planungen ja auch vor. Es bleibt die Frage, wie lang dieser Deckel werden soll. Sie werden mit Sicherheit nicht an die A1 direkt herangehen können.
Haben wir Sie richtig verstanden: Wenn die Wilhelmsburger zusätzlichen Wohnungsbau akzeptierten, dann würde das die Bereitschaft Hamburgs, einen Deckel zu bauen, befördern?
Es macht sicherlich keinen Sinn, einen verlängerten Deckel nur zu bauen, um weiterhin gute Sicht zu haben. Das muss stadtwirtschaftlich einigermaßen funktionieren. Bislang ist ein Tunnel überhaupt noch nicht durchgeprüft worden. Wilhelmsburg ist eine Insel. Da ist es schwerer zu bauen als auf der Geest. Aber er ist sicherlich ein Diskussionspunkt.
Der Naturschutzbund Hamburg und das Bürgerbündnis Verkehrswende Hamburg haben Sie in einem Schreiben gebeten, bei der Bürgerbeteiligung am 18. Januar in Moorburg über Alternativen zum Bau der A26-Ost zu sprechen. Wird das geschehen?
Bei allem schuldigen Respekt vor den Bürgerinitiativen und den Umweltverbänden: Die Messe ist gesungen. Eine Debatte, etwas völlig anderes zu planen, macht keinen Sinn mehr. Der Deutsche Bundestag hat im Dezember 2016 den Bundesverkehrswegeplan und das Fernstraßenausbaugesetz beschlossen. Damit ist der Bau der Hafenpassage A26 erklärter Wille des bundesdeutschen Gesetzgebers. Im Übrigen: Eine Route bei der Köhlbrandbrücke würde die Anwohner entlang des Spreehafens und auf der Veddel stark belasten.
Das europäische Naturschutzrecht lässt die Zerstörung ökologisch wertvoller Flächen wie in Moorburg nur dann zu, wenn es keine alternative Lösung gibt. Fürchten Sie eine jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung wie derzeit bei der Elbvertiefung?
Im optimalen Fall würde man sich, wie bei der A26 West geschehen, mit den Umweltverbänden einigen. Das wird sicherlich nicht einfach, weil die Grundsatzentscheidung aus 2011 zur Trassenführung möglicherweise nicht akzeptiert wird. Bisher sind noch keine Pläne ausgelegt worden. Wenn dies für den ersten Abschnitt bei Moorburg im Februar geschieht, werden die Planungen diskutiert, und es wird Einwendungen geben. Eines ist völlig klar: Die Trasse liegt fest – ich persönlich finde sie auch richtig. Es wird sicherlich noch geprüft, ob es die eine oder andere Möglichkeit gibt, Härten für die Natur zu vermeiden. Doch in einem Hafengebiet mit massiven Nutzungskonflikten wird es am Ende immer nur einen Kompromiss geben können. Wer diesen ablehnt, muss vor Gericht ziehen.
Die Trasse führt über Ausgleichsflächen, die andere, ältere Eingriffe in die Natur kompensieren sollen. Welchen Sinn machen Ausgleichsflächen, wenn sie bei Bedarf überbaut werden?
Es muss ausnahmsweise möglich sein, an Ausgleichsflächen heranzugehen. Beispiel Wilhelmsburger Reichstraße: Da ist der bisherige Damm zum größten Teil als Ausgleichsfläche vorgesehen. Gleichwohl hat der Senat entschieden, zumindest auf einem Teil der Trasse zu prüfen, ob er für den Wohnungsbau genutzt werden sollte. Wenn ausnahmsweise eine Ausgleichsfläche verlagert wird, muss die neue Fläche jedenfalls eine der alten Fläche vergleichbare ökologische Wertigkeit haben. Für den Bau der A26 soll übrigens trassennah Ausgleich geschaffen werden, zum Beispiel auf den Böschungen der Autobahn.
Die alten Planungen der Hafenquerspange stammen aus einer Zeit vor der Schifffahrtskrise. Seit Jahren stagniert der Güterumschlag bei neun bis zehn Millionen Container pro Jahr. Brauchen wir neben der bestehenden Route durch den Hafen diese große, neue Trasse überhaupt?
Wer, wie ich, häufiger im Stau auf der Köhlbrandbrücke steht, weiß, dass schon die heutigen Verkehre derzeit nicht störungsfrei abgewickelt werden können. Die A26 hat eine große Bedeutung für den Hafenverkehr. Eine sehr aufwendige Güterverkehrsprognose zum Bundesverkehrswegeplan 2030 sagt für die deutschen Seehäfen erheblich wachsenden Güterumschlag voraus. Und: Eine Entlastungswirkung auf der B73 tritt natürlich umso stärker ein, je besser die Trasse an die A26 West angebunden ist.
Der Neubau der Köhlbrandbrücke wird ebenfalls richtig teuer. Rechnen Sie damit, dass der Bund auch für dieses Projekt Geld ausgibt, wenn er gerade etwas südlich eine teure A26-Elbbrücke gebaut hat?
Die Köhlbrandbrücke ist eine Stadtstraße. Deshalb wird sich Hamburg mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie eine neue Brücke finanziert werden kann. Ich hoffe, dass der Bund auch die zweite Brücke bezuschusst, wenn es soweit ist. Wir sprechen hier über einen Zeitraum, der deutlich hinter dem Bau der A26 Ost liegt.
Die A26-Ost ist ein kompliziertes Straßenbauwerk mit Rampen und Tunneln. Können Sie versprechen, dass es bei den geplanten Kosten von 896 Millionen Euro bleibt?
Die Planung der A26-Ost ist mit einem hohen Nutzen- und Kostenverhältnis verbunden. Zusätzliche Auflagen würden das Projekt teurer machen – denken Sie an die Möglichkeit eines Deckels in Wilhelmsburg. Wir beginnen im Februar mit der Planfestellung für den ersten Abschnitt. Wenn die Planungen weiter fortgeschritten sind, können wir mehr sagen.
Es gibt Aussagen, wonach im Zuge der A26-West eine Ortsumgehung von Rübke auf Hamburger Gebiet nun doch möglich erscheint?
Bei dieser Frage ist zunächst einmal Niedersachsen am Zug. Das muss planungsrechtlich vorbereitet sein und auch die Frage des Grunderwerbs muss von niedersächsischer Seite erst einmal beantwortet werden. Hamburg wird davon die Finger lassen nach dem Erfahrungen mit der Airbus-Erweiterung.