Otter. SEK stürmt Flüchtlingsunterkunft in Otter. Marokkaner soll Paris-Attentate mitgeplant haben und Mitglied des IS sein.
Ein kleiner Weihnachtsbaum steht festlich geschmückt vor dem ehemaligen Gasthof in Otter, in dem seit Mai 2015 knapp 50 Flüchtlinge leben. Es ist ruhiger Nachmittag, als am Dienstag mehrere Polizeiwagen vor die Unterkunft in der Hauptstraße fahren. Ein Sondereinsatzkommando des Bundeskriminalamts stürmt in den ehemaligen Gasthof. Sie nehmen den 24-jährigen Redouane S. fest und durchsuchen seine Räume in der Unterkunft.
Redouane S. soll aus Otter an den Planungen für die Anschläge in Paris im November 2015 beteiligt gewesen sein und wird verdächtig, sich als Mitglied an der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) beteiligt zu haben.
Im Mai 2015 reiste der Verdächtige nach Deutschland ein
Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte vor wenigen Tagen einen Haftbefehl gegen den Marokkaner erlassen. Er soll der Gruppe um das IS-Führungsmitglied Abdelhamid Abaaoud angehören, teilte der Generalbundesanwalt mit. Abaaoud ist einer der mutmaßlichen Planer und Attentäter der verübten Anschläge in Paris. Er starb wenige Tage später bei einer Razzia. Der festgenommene Redouane S. soll die Sicherung von konspirativen Wohnungen in der Türkei und in Griechenland im Zeitraum von Oktober 2014 bis Frühjahr 2015, die zur Anschlagsvorbereitung dienten, übernommen haben. Außerdem soll der 24-Jährige in die Planungen und Vorbereitungen für einen versuchten Anschlag im Januar 2015 in Belgien eingeweiht gewesen sein. Bei den Anschlägen im November 2015 in Paris wurden 130 Menschen getötet und 352 verletzt. Außerdem starben sieben der Attentäter. Zu den Anschlägen bekannte sich der Islamische Staat. Der geplante Anschlag im Januar 2015 im ostbelgischen Verviers konnte verhindert werden. Dort hatte die Polizei im Januar 2015 bei einem Anti-Terror-Einsatz zwei mutmaßliche Islamisten erschossen
Im Mai 2015 reiste der 24 Jahre alte Marokkaner nach Deutschland ein. Seitdem soll er in der Flüchtlingsunterkunft in Otter gewohnt haben. Von dort soll er in engem Kontakt mit der Gruppe um den IS-Terroristen Abaaoud gestanden haben. Als Schläfer blieb Redouane S. mehr als eineinhalb Jahre unerkannt in Otter.
Keine Verbindung zum Anschlag in Berlin
Ein Mitglied der Flüchtlingshilfe im Ort reagierte auf die Nachricht äußerst überrascht und erschüttert zugleich. Der Helfer beschrieb ihn als offenen, nicht-religiösen Menschen und als jemanden, der einen „freiheitlichen Lebensstil“ pflegte. Der Marokkaner soll sich sehr um das Erlernen der deutschen Sprache bemüht haben. Das Mitglied des Flüchtlingsnetzwerks sagte spontan: „Das ist Quatsch. Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.“
Auch Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam reagierte überrascht: „Es ist unglaublich, dass sich so jemand unter all den anderen Flüchtlingen verborgen hat“, und zeigte sich erleichtert, dass Redouane S. gefasst wurde. Der Beschuldigte befindet sich derzeit in Untersuchungshaft in Karlsruhe. Die Bundesanwaltschaft sah am Mittwoch keine Verbindungen zum Anschlag in Berlin.