Cranz. Mit Ablehnungen wollen sich die Bürgervertreter der Region nicht abspeisen lassen: Eine Studie soll den Bedarf belegen

Die Fährverbindung von Cranz nach Blankenese ist für ihre Anwohner im Alten land ein Ärgernis. Dabei ist es nicht so, wie bei Buslinien, die zwar jeder nutzen, aber keiner vor der Tür haben will – im Gegenteil: Die Einwohner von Cranz und Neuenfelde wollen ihre Fähre, und zwar regelmäßig und verlässlich. Nur leistet die Verbindung dies seit Jahren nicht: Immer wieder wird die Fähre nach Finkenwerder umgeleitet, weil man wegen Wind oder Wasserstand fürchtet, im Estefahrwasser vor Cranz auf Grund zu laufen. Welche Fahrten umgeleitet werden und welche regulär von Cranz – oder wenigstens vom Estesperrwerk – fahren, wird täglich nach Wetter und Tide neu entschieden. Die Altländer fordern schon länger, dass die HADAG ein Schiff mit geringem Tiefgang anschafft. Die HADAG lehnte das stets mit Hinweis auf Kosten und Passagierzahlen ab. Die Bürgervertretung Cranz-Neuenfelde-Francop will das nicht so hinnehmen und fordert ein integriertes Verkehrskonzept für die Niederelberegion.

Dienstagmittag. Die 13-Uhr-Abfahrt in Cranz liegt fast drei Stunden vor Niedrigwasser. Das sollte eigentlich noch gehen. Trotzdem ist ein Anruf bei der HADAG nie verkehrt, wenn man diese Linie nutzen möchte. Siehe da: Schon diese Fähre fährt ab Finkenwerder, 22 Busminuten, sechs Minuten Fußweg und bis zu eine Viertelstunde auf-den-Bus-Warten vom Cranzer Anleger entfernt. Drei weitere Abfahrten ebenfalls. Die nächste Fähre ab Cranz geht erst um 17 Uhr. Es ist die letzte heute. Zurück kommt man nur, wenn man in Blankenese gar nicht erst an Land geht.

„Gerade vor dem Hintergrund, dass in den nächsten Jahren rund um den Elbtunnel viel gebaut wird, kommt dem Fährverkehr eine große Bedeutung zu“, sagt Boy Friedrich von der Bürgervertretung. „Nicht nur der Individualverkehr wird am Elbtunnel ausgebremst, sondern auch die Cranzer Buslinie, denn die kommt aus Altona.“

Dass die Stadt Hamburg den Fährverkehr durchaus als wichtigen Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs sieht, habe sie dies Jahr bewiesen, indem sie zusätzliche Abfahrten auf der Linie 62 zwischen Finkenwerder und den Landungsbrücken einführte, so Friedrich. „Wenn Politik sich mit den direkten Anliegen der Bürger befasst, dann ist dies grundsätzlich positiv. Wenn dies dann auch zu konkreten Verbesserungen führt, so ist dies doppelt positiv. Es bleibt zu wünschen, dass überfüllte Fähren und deshalb zurückbleibende Fahrgäste der Vergangenheit angehören“, sagt Boy Friedrich, „Diese konkreten Verbesserungen bedeuten aber auch, dass der Elberaum unterhalb Finkenwerders wieder einmal außerhalb der Betrachtung bleibt“.

Manfred Hofmann, ebenfalls Sprecher der Bürgervertretung, weiß auch schon, wie die Situation der Cranzer verbessert werden könnte: „Mit einem dem Fahrgebiet optimal angepassten Schiff wäre hier Positives zu bewegen. Ein solches Schiff müsste weniger als einen Meter Tiefgang haben. Das jetzige hat nahezu zwei Meter.“

Ein neues Schiff, das hat HADAG-Geschäftsführerin Gabriele Müller-Remer mehrfach betont, wird die HADAG allerdings für die Cranzer Linie nicht anschaffen. Die Fahrgastzahlen würden die Investition nicht rechtfertigen.

Die Bürgervertretung will das nicht hinnehmen: „Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz“, sagt Hofmann, Deshalb sagen die aktuellen Fahrgastzahlen gar nichts über den tatsächlichen Bedarf aus!“

Hofmann und Friedrich fordern, dass eine Bedarfsanalyse erstellt wird. „Und die darf nicht auf Hamburg beschränkt sein. Sie müsste mindestens das gesamte Alte Land abdecken und auf der anderen Elbseite bis Glückstadt gehen. Außerdem müsste sie alle Verkehrsmittel in Kombination betrachten: Auto, Bahn, Bus und Fähre, inklusive Park-and-ride-Lösungen und Umsteigemöglichkeiten“.

Erstellen könnte eine solche Studie die Technische Universität Harburg, sagt Hofmann. „Dort gibt es Logistik-Experten, die so eine Untersuchung mit ihren Studenten durchführen können. Wenn dabei herauskommt, dass in der Mischung die Fähren nicht wichtig sind, geben wir vielleicht Ruhe und fordern andere Verbesserungen im Nahverkehr“, sagt Hofmann, „aber so lange wir keine fundierten Daten haben, werden wir weiter auf einer Verbesserung des Fähr-Angebots bestehen.“