Wilhelmsburg. Läden fast vollständig vermietet. 4000 neue Wohnungen sollen weitere Kaufkraft bringen. Linke wollen „höherwertige Geschäfte“

Die annähernd 22.000 Quadratmeter Fläche für Geschäfte und Dienstleister im Einkaufszentrum Luna Center in Wilhelmsburg sind nach Angaben des Eigentümers Hans-Jürgen Schneider zu 94 Prozent vermietet. Die noch frei stehenden Flächen möchte er gerne an die Kaffee- und Konfiserie-Kette Arko und an den Schreibwaren- und Papierausstatter Mc Paper vermieten. Die Kunden, an Spitzentagen mehr als 20.000 Menschen, würden diese Angebote suchen. Unternehmen dieser Kategorie täten sich aber noch schwer, eine Filiale in Wilhelmsburg zu eröffnen, so Schneider.

Diese Aussage zeigt, wie zurückhaltend der Einzelhandel die Entwicklung der Elbinseln einschätzt. Der für Wilhelmsburg zuständige Fachausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat sich mit der Entwicklung des Luna Centers befasst. Trotz nahezu Vollvermietung zeigt sich die Fraktion Die Linke unzufrieden. Versprechen zur Entwicklung des Einzelhandels auf den Elbinseln im Hinblick auf die Internationale Bauausstellung Hamburg im Jahr 2013 in Wilhelmsburg seien nicht Wirklichkeit geworden, sagt Stefan Dührkop (Die Linke). Die zahlreichen Anbieter im Niedrigpreissegment wie Kik, der Sonderpostenmarkt Tedi oder Woolworth seien nicht das Bild, das damals gezeichnet wurde. Die Ansiedlung der Behörden für Stadtentwicklung sowie Umwelt und Energie hätten nicht die Kaufkraft entwickelt, dass „höherwertige Geschäfte“ den Standort Wilhelmsburg in Betracht zögen, kritisiert Dührkop. Der Behördenneubau in Nachbarschaft zum Luna Center bietet Platz für 1400 Mitarbeiter. Seine Kritik richte sich nicht an Hans-Jürgen Schneider, betont der stellvertretende Linke-Fraktionsvorsitzende, sondern an Leute, die Wilhelmsburg längst wieder verlassen hätten.

DasEinkaufsznetrum am S-Bahnhof Wilhelmsburg im Jahr 2008
DasEinkaufsznetrum am S-Bahnhof Wilhelmsburg im Jahr 2008 © HA | Bezirksamt Hamburg-Mitte

Mit dieser Kritik steht Die Linke allerdings allein da. Nicht nur die Mehrheit der übrigen Fraktionen sieht die Entwicklung des Luna Centers deutlich positiver. Verärgert reagiert der Leiter des Stadtplanungsamtes im Bezirk Hamburg-Mitte, Michael Mathe, und erinnert an das Bild, dass das Einkaufszentrum und das Bahnhofsumfeld in Wilhelmsburg vor der Sanierung im Jahr 2008 geboten habe. Ein Neubau mit ansprechender architektonischer Fassade hat heute eine von Pavillons umgebene Halle abgelöst. Wenn das kein Fortschritt sei, will Mathe damit ausdrücken.

Das Luna Center bilde genau das ab, was die Menschen auf den Elbinseln nachfragen, analysiert Sonja Lattwesen (Die Grünen) unaufgeregt. Dass vor allem Anbieter von billigen Produkten sich in Wilhelmsburg niederließen, liege daran, dass Menschen mit wenig Einkommen dort lebten, sagt die Bezirksversammlungsabgeordnete aus Wilhelmsburg. Unübersehbar seien aber Anzeichen für Neubürger mit höherem Einkommen. Das Warenhaus Marktkauf biete mittlerweile viele Bio-Waren an. Das hätte es im Jahr 2008 noch nicht gegeben. Sonja Lattwesen stört sich allerdings an dem Mieter Tipico im Luna-Center. „Die Wettbürodichte in Wilhelmsburg ist zu hoch“, sagt sie.

Hans-Jürgen Schneider habe sich mit mehreren Millionen Euro Eigenkapital in Wilhelmsburg engagiert, wo riesige Kapitalgesellschaften abgewunken hätten, appelliert Michael Mathe daran, dem Eigentümer des Einkaufszentrums Zeit zu geben. In den nächsten acht bis zehn Jahren würden Menschen mit größerer Kaufkraft auf die Elbinseln ziehen. 1500 Wohnungen entstehen im dem Wilhelmsburger Rathausviertel in unmittelbarer Nachbarschaft zum Luna Center. Weitere insgesamt 2500 Wohnungen in zwei neuen Wohnquartieren. Michael Mathe: „Das wird sich auf die Kaufkraft im Luna Center auswirken.“