Harburg. Vier von zehn Vögeln sind bei den Alsterschwänen „eingemeindet“ worden und sind jetzt vor der Vogelgrippe geschützt.
Auf dem Außenmühlenteich ziehen zwei stolze Höckerschwäne ihre Bahnen. Das Paar erbrütete in diesem Jahr zehn Küken (Gössel), von denen sieben über den Sommer zu Jungschwänen heranwuchsen. Inzwischen sind die Elterntiere wieder allein. Der Harburger Hobbyfilmer und -fotograf Bernhard Lorenz, der die geflügelten Außenmühlen-Bewohner seit Jahren beobachtet, hat das Schicksal des Schwanen-Nachwuchses verfolgt.
Die Kleinen schlüpften am vierten Mai. Alle im selben Nest – das ortsansässige Schwanenpaar duldet keine Konkurrenz durch Artgenossen auf dem Harburger Stadtpark-See, attackiert sogar eingeflogene Kanadagänse.
Die kleinen Schwäne hatten keinen guten Start. Die feucht-kalte Witterung setzte ihnen zu und war vermutlich der Auslöser dafür, dass drei Gössel die ersten sechs Wochen nicht überlebten. „Es kommt bei Schwänen vor, dass der Ganter schwache Jungvögel gezielt tötet“, sagt Bernhard Lorenz. „Schwächelnde Tiere gefährden die Gruppe, locken zum Beispiel Fressfeinde an.“
Die übrig gebliebenen sieben Geschwister überstanden alle Gefahren durch Wetter, herrenlose Angelschnüre oder leinenlose Hunde und wuchsen zu Jungschwänen heran. Ihre Eltern bildeten sie zu guten Fliegern aus – anders als die Alsterschwäne, die ihrem Nachwuchs nur beibringen, wie man sich mit aufklatschenden Flügelenden knapp über der Wasseroberfläche bewegt.
Nach einem Rundflug über die Außenmühle hatte ein Jungschwan im September offenbar eine Bruchlandung. Lorenz: „Als die Geschwister beim Bootsverleih an Land gehen wollten, hatte der Vogel extreme Probleme, ein Knie war verletzt. Der Schwanenbetreuer Olaf Nieß, der für alle Hamburger Gewässer zuständig ist, untersuchte das Tier und nahm es in seine Obhut. Glücklicherweise war das Gelenk nur verstaucht und nichts gebrochen.“
Ende Oktober kam den Harburgern ein weiterer Jungschwan abhanden, er flog mit unbekanntem Ziel davon. Die restlichen fünf Tiere hielten sich bis Anfang November auf dem Außenmühlenteich auf. Dann kam Olaf Nieß und fing an zwei Tagen drei von ihnen ein. „Am zweiten Fangtag, dem 8. November, stiegen die beiden anderen Geschwister auf und flogen davon“, schildert Lorenz seine Beobachtung.
Jedes Jahr fängt Nieß Jungschwäne von der Außenmühle und bringt sie ins Eppendorfer Winterquartier zu den 120 Alsterschwänen. „Ein wichtiger Grund ist die Tatsache, dass Höckerschwäne im Harburger Umland von Jägern geschossen werden“, sagt Lorenz – im Jagdjahr 2015/16 waren es im gesamten Landkreis 15 Vögel. Den Teich, in dem sie groß geworden sind, hätten die Jungschwäne aber ohnehin verlassen.
„Spätestens im Frühjahr, oft auch schon im Winter, jagen die Elterntiere ihren Nachwuchs davon“, sagt Frederik Schawaller von der Gruppe Süd des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) in Hamburg. Das Paar selbst bleibe dagegen ein Leben lang zusammen, solange beiden Partnern nichts zustoße.
Die Harburger Jungschwäne sitzen nun mit ihren Artgenossen von der Alster in einem Schutzzelt am Eppendorfer Mühlenteich – und sind damit sicher vor der grassierenden Vogelgrippe. Den Elterntieren und sämtlichen Wasservögeln vom Außenmühlenteich ist zu wünschen, dass bei ihnen kein infizierter Vogel auftaucht.
Bereits im Winter 2014/15 grassierte das Vogelgrippevirus H5N8 in Norddeutschland. „Damals blieb die Außenmühle und der Raum Harburg von der Epidemie verschont“, sagt Frederik Schawaller und hofft, dass dies auch in diesem Winter so ist.